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Die Hexenadvokatin

Die Hexenadvokatin

Titel: Die Hexenadvokatin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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begeben.

KAPITEL 37
    Kurz vor Weihnachten 1611, in der Münchner Residenz
     
    NOCH HATTEN SICH die Wogen nicht geglättet, die durch den von Gräfin Alberta unwillentlich entfachten Skandal entstanden waren. Da war zum einen das Scheitern der Papstmission: Kleinlaut hatten die Herren der bayerischen Delegation ihrem erzürnten Landesherrn Bericht zu erstatten - wobei zu allem Übel ausgerechnet der Leiter dieser heiklen Mission durch Abwesenheit glänzte …
    »Was heißt ›verschwunden‹?«, grollte der Herzog. »Ein Mann verschwindet doch nicht so einfach! Waren es Banditen, die Euch überfielen?«
    Das mussten die Herren, die sich vorkamen wie ungezogene Schulknaben vor ihrem gestrengen Lehrer, verneinen.
Nein, von Strauchdieben und Halsabschneidern war weit und breit nichts zu sehen gewesen.
    »Kurz hinter den Mauern der Ewigen Stadt machten wir Halt, weil Graf Rupert der Meinung war, sein Reittier hinke, und er nachsehen wollte, ob sich ein Hufeisen gelockert habe. In unserer unmittelbaren Nähe befand sich eine kleine Osteria nebst einer Schmiede; dorthin sind wir geritten«, berichtete der Benediktinerpater wahrheitsgemäß. Stillschweigend hatten die anderen den Mönch Winfried als Sprecher ihrer Gruppe anerkannt und hielten sich nur zu gern im Hintergrund.
    »Während mein Herr sich mit dem Schmied zwecks frischer Beschlagung seines Hengstes beriet, begaben wir anderen uns in den Schutz der Schenke. Trotz des Sonnenscheins war es nämlich bitterkalt an diesem Morgen und der Wirt brachte uns zum Aufwärmen mit Nelken und Zimt gewürzten, heißen Rotwein.«
    Der weitschweifige Erzählstil des Paters ließ den Herzog unwillig werden und der Mönch beeilte sich, fortzufahren:
    »Als ich nach einer Weile zur Werkstatt hinüberging, behauptete der Schmied, Graf Rupert sei schon vor einiger Zeit weggeritten. Und der Mann deutete in die Richtung, die mein Herr angeblich eingeschlagen habe. Dieser Weg führte allerdings zurück nach Rom, worauf wir uns keinen Reim machen konnten.«
    »Ihr nahmt daraufhin selbstverständlich umgehend die Suche nach dem Grafen auf?«, erkundigte sich der Herzog frostig.
    »Natürlich, Eure Durchlaucht. Aber es war keine Spur von meinem Herrn zu entdecken. Es schien, als hätte ihn der Erdboden verschluckt. Wen wir auch befragten, niemand hatte ihn gesehen oder auch nur von ihm gehört. Auch die Diener
Seiner Eminenz, Kardinal Gianfranco Orsini, der uns während unseres Romaufenthalts in seinem Palast Quartier gewährte, konnten uns nicht weiterhelfen.
    Wir machten uns also erneut zurück auf den Heimweg - in der schwachen Hoffnung, der Graf könnte uns aus irgendeinem Grunde vorausgeritten sein. Aber auch diese Annahme erwies sich als falsch, Durchlaucht. Wir hoffen, dass niemand den Grafen entführt hat.«
    Im Stillen bat der Pater den Herrgott für die dreiste Lüge um Verzeihung. Er allein wusste, was es mit dem rätselhaften Verschwinden seiner Herrin auf sich hatte …
    »Das denke ich nicht«, widersprach der Herzog sichtlich gereizt. »Sonst hätten die Banditen bestimmt ein saftiges Lösegeld gefordert. Die Causa Mangfall-Pechstein wird immer mysteriöser und undurchschaubarer. Erst beschuldigt eine angehende Nonne den Grafen, ein Dämon zu sein, und nun ist er auf unerklärliche Weise ganz verschwunden. Man könnte ja beinahe glauben, der Teufel habe ihn tatsächlich geholt.«
    Der Herzog, der tatsächlich erschüttert wirkte, bekreuzigte sich bei seinen Worten und der Benediktiner sowie die anderen Herren taten es ihm automatisch gleich.
    »Was meinen Durchlaucht mit dem Edelfräulein und dem Dämon?« Obwohl als einziger der Gruppe durch Alberta über das Drama im Franziskanerinnenkloster informiert, gab Pater Winfried sich ahnungslos. Da erst erfuhren die Herren, was sich während ihrer Abwesenheit ereignet hatte. Es gab keinen unter ihnen, dem die Geschichte nicht zusetzte und in dem nicht die schlimmsten Befürchtungen wachwurden.
    Das Verhör durch den Fürsten ging weiter. Nein, ein seltsames Verhalten sei ihnen an dem Geheimen Rat nicht aufgefallen. Er habe sich auch keineswegs merkwürdig betragen. Sein einziges Bestreben in Rom sei es gewesen, beim Heiligen
Stuhl die Durchsetzung der Wünsche Seiner Durchlaucht zu erreichen. Und was den Vorfall auf der Heimreise anlangte: Dafür besaß niemand eine vernünftige Erklärung …
    Pater Winfried redete indes wie ein Wasserfall und seine Begleiter nickten bloß ab und an zur Bestätigung. Auch der Pfarrherr von Sankt

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