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Die Hexenadvokatin

Die Hexenadvokatin

Titel: Die Hexenadvokatin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Diätvorschriften und veröffentlichte sie im Jahr 1600 in sechs Büchern. Sie war hochangesehen und niemand wagte es, ihr Böses nachzusagen.
    Ein weiteres Beispiel, wie geachtet hohe Herrschaften sein konnten, die mit vermeintlich geheimen Mächten verkehrten, zeigte auch folgende Geschichte, die von Herzog Maximilian mit Vorliebe in kleiner Runde vorgetragen wurde:
     
    Herzog Hans Adolf von Plön galt seinerzeit als ein großer Zauberer. Er führte viele Kriege, kehrte aber immer unverletzt aus den Schlachten heim. Sooft er in Gefahr geriet, machte er sich unsichtbar, und die Feinde blendete er, so dass sie seine Soldaten nicht mehr erkannten. Einmal schlug er sich mit den Türken und war in Gefahr zu unterliegen. Da verwandelte er sich und seine Leute in Bäume, so dass die Feinde nichts mehr tun konnten, als sich davor zu stellen und ihnen in die Stiefel zu pissen.
     
    An dieser Stelle pflegte der bayerische Herzog regelmäßig unbändig zu lachen …
    Angeblich vermochte Hans Adolf von Plön es auch, mit Kutsche
und Pferden über einen See zu fahren, ohne im Wasser zu versinken. Als er einmal in finsterer Nacht nach Hause zurückkehrte, blieb seinem Kutscher die Peitsche an einem Strauch hängen, wie der brave Bedienstete glaubte. Am anderen Morgen jedoch zeigte ihm sein Herr zu seiner größten Verwunderung die Peitsche oben am Kirchturm. Sie waren durch die Luft geflogen.
    »Quod licet Jovi, son licet bovi«, war Pater Winfrieds Kommentar dazu, »wenn zwei das Gleiche tun, ist es keineswegs dasselbe.«
    Der Prozess bewegte sich also auf einem heiklen Terrain: Als Angehöriger eines alten Adelsgeschlechts würde man Constanze so einiges nachsehen, für das man eine niedere Vertreterin des Volkes schon längst auf den Scheiterhaufen gebracht hätte. Einerseits war dies gut, wollte Alberta doch um jeden Preis das Leben der jungen Frau retten; andererseits war es auch außerordentlich gefährlich, denn wie leicht konnte der Zorn des bayerischen Hochadels sie selbst treffen.
     
    Noch etwas gab es, das Alberta nicht nachvollziehen konnte und das ihr stets aufs Neue die völlige Willkür der Hexenprozesse vor Augen führte: Zur Bestätigung des Verdachts der Zauberei galten vor Gericht auch die Aussagen eines anderen Nekromanten. So hatte die weithin berühmt-berüchtigte Els von Ettringen im bayerischen Bezirk Schwabeck den Verdacht gegen zwei bedauernswerte Frauen bestätigt und es war tatsächlich Klage gegen die »Hexen« erhoben worden.
    Jedes Mittel schien recht, um einen Hexenprozess anzustreben - auch wenn der Denunziant selbst eine dubiose Person war; bei dem Gedanken daran verzog die Gräfin ärgerlich ihr Gesicht. Wie lange hatte sie auf den Herzog eingeredet,
um ihn zu bewegen, in der neuen Lex Maximiliana auf derlei Ungereimtheiten zu verzichten - hatte allerdings bei Seiner Durchlaucht auf Granit gebissen.

KAPITEL 49
    Immer noch der 9. März 1612, vor Gericht
     
    »DER OBERSTE KOMMISSAR« verzichtete darauf, die angeklagte Novizin nach Namen, Stand, Geburtsort und -tag zu befragen - Daten, die dem Gericht ohnehin bekannt waren. Damit nahm Alberta Constanze die Möglichkeit, sich gleich zu Anfang durch bockiges Schweigen - und damit Missachtung des Gerichts - missliebig zu machen.
    »Um das Ganze etwas zu beschleunigen, Gräfin, verlese ich nun Eure Daten«, eröffnete sie die Verhandlung. Eifrig schrieb Herr Julius mit. Er kam kaum nach mit seiner zierlichen Schnörkelschrift, so schnell spulte »der Richter« die Angaben herunter.
    »So, Ihr könnt Euch nun setzen, Jungfer Constanze. Meinetwegen bleibt auch stehen. Aber lasst Euch nicht einfallen, in Ohnmacht zu fallen und die Verhandlung dadurch zu stören. Johann Bürgler, der Eisenmeister, würde Euch sonst mit einem Kübel eiskalten Wassers recht schnell wieder zur Besinnung bringen.«
    Verdattert nahm die Angeklagte auf dem schmalen Bänkchen Platz, das die Gräfin hatte aufstellen lassen, um ihr das Ganze etwas zu erleichtern. So blass und dünn wie die junge Frau aussah, drohte sie jeden Augenblick vor Schwäche umzufallen. Dann begann Alberta ihre Befragung:

    »Wie Ihr wisst, Gräfin, wirft man Euch vor, Euch mit dem Satan verbündet zu haben. Dies ist ein Verbrechen, sowohl vor der Kirche, als auch vor der weltlichen Obrigkeit. Der Teufel soll Euch dabei eingeflüstert haben, einen Mann mit tadellosem Lebenswandel zu beschuldigen, Euch in der Gestalt eines Dämons zu belästigen und zu schlagen. Dazu hat der Teufel nach Eurer Aussage

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