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Die Hexenadvokatin

Die Hexenadvokatin

Titel: Die Hexenadvokatin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Hans Bürgler angewiesen hatte, die prominente Gefangene zu beherbergen, war die Behausung noch mehr geschrumpft; die zwei Erwachsenen hatten mit ihren drei Kindern eng zusammenrücken müssen. Man war der Gräfin wenigstens einen kleinen Schritt entgegengekommen, indem man ihr nicht zumutete, eines der finsteren, abscheulich stinkenden Kerkerlöcher im Keller des Falkenturms zu beziehen.
    Um das Gerede unter den Münchnern von wegen »bevorzugter Behandlung des Adels« nicht ausufern zu lassen, hatte man vorsichtshalber das Gerücht ausgestreut, alle Zellen seien restlos überfüllt und es müsse erst wieder eine freiwerden, um die Delinquentin unterzubringen. Da das Verfahren jedoch keinerlei Aufschub dulde, hätte der Kerkermeister sich freundlicherweise bereit gefunden, die angebliche Hexe bei sich einzuquartieren.
    In Wahrheit hatte man den Hans und vor allem seine Frau
massiv unter Druck setzen müssen, ehe sie ihr Einverständnis gaben.
    Nicht, dass die Bürglers ungastlich gewesen wären. Die guten Leute hatten schlicht und einfach große Angst vor einer Person, der man nachsagte, sie hielte es mit dem Teufel. Der Bürglerin ging es dabei vor allem um das Seelenheil ihrer drei Sprösslinge.
    Der Vater der Verdächtigen ließ zuletzt eine ordentliche Summe springen, um seiner Tochter zu einem einigermaßen akzeptablen Domizil zu verhelfen. Dieses Geld minderte schlagartig auch die Besorgnis der Kerkermeisterin …
    Das winzige Kämmerchen glich in etwa Constanzes schlichter Klosterzelle im Konvent.
    Das Wichtigste jedoch war: Sonnenlicht und Luft drangen in den engen Raum und sie musste nicht auf feuchtem Stroh unter einer verwanzten Decke schlafen, sondern hatte immerhin eine ordentliche Bettstatt mit einem sauberen Strohsack und einem flachen Rosshaarkissen.
    Und die Angeklagte durfte den Abort der Familie benützen - dieser war zwar nichts anderes als ein primitives Loch in der Stadtmauer, durch das die Fäkalien im freien Fall in den Stadtgraben plumpsten, aber immerhin war Constanze nicht auf den obligaten Stinkkübel für ihre Notdurft angewiesen. Dafür hatte der Herr von Heilbrunn sein Angebot nochmals um einige Münzen erhöht …
     
    Die Mahlzeiten, die man ihr brachte, sollten zwar die gleichen sein, wie die anderen Inhaftierten sie erhielten - aber die offene Hand des Vaters bewirkte, dass für Constanze immer etwas Leckeres außer der Reihe gekocht wurde. Es zeigte sich allerdings, dass die Jungfer gar keinen Wert darauf legte; sie war inzwischen an Askese gewöhnt.

    »Das gnädige Fräulein redet auch fast kein Wort«, beklagte sich die Bürglerin, als sie die Besucher zu der Gefangenen führte. Am nächsten Morgen sollte diese das erste Mal vor Gericht stehen. So sehr es Alberta vor der Begegnung mit der jungen Frau gegraut hatte, so verblüfft war sie jetzt.
    Constanze schien den jungen »Grafen zu Mangfall-Pechstein«, der sie doch angeblich ständig in ihrer Zelle aufs Gröbste belästigt hatte, überhaupt nicht zu erkennen. Die ausgezehrt wirkende junge Frau reagierte auf keine Frage, sondern sah mit weitaufgerissenen, glasigen Augen durch ihre Besucher hindurch. Für jeden war ersichtlich, dass ihr Geist getrübt war. Der Protokollant, ein winziges Männchen mit einem spärlichen Ziegenbart, raufte sich seine wenigen Haare.
    »Was soll ich denn nur aufschreiben, Herr Geheimrat?«, fragte er Alberta ein ums andere Mal.
    »Notiere Er einfach, dass die Angeklagte die Beantwortung sämtlicher an sie gerichteter Fragen verweigert hat«, gab ihm »der Hexenrichter« Bescheid. In der Tat: Nicht einmal Namen und Stand hatte Constanze ihnen verraten wollen.
    »Falls das Weibsbild glaubt, damit besser davonzukommen, hat es sich aber ganz grob vertan!«, knurrte einer der Kommissare und warf einen wütenden Blick auf die in ein schlichtes graues Gewand gekleidete Gefangene. Ihr schönes Haar hatte sie nach wie vor unter einem Schleier verborgen, als wolle sie damit auf ihren Status als Beinahe-Nonne verweisen. Nützen würde ihr das nichts, genauso wenig wie ihr mittlerweile verhärmtes Aussehen.
     
    Verärgert und zugleich verwundert verließen die Herren nach einer Dreiviertelstunde den Turm. Dass eine des Bündnisses mit dem Teufel Verdächtige kein einziges Wort zu ihrer Verteidigung vorbrachte, war ihnen noch nie untergekommen.
Üblicherweise überschlugen sich die der Hexerei Beschuldigten geradezu in ihrem Eifer, als unschuldig Verleumdete dazustehen.
    »Warten wir ab, wie sie sich morgen

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