Die Hexenadvokatin
gerade dazu geeignet, die junge Dame zu beruhigen. Was, um Christi willen, war denn nur jetzt schon wieder los?
Der alte Benediktiner war krebsrot im Gesicht. Ob vom schnellen Laufen oder vor Zorn, war Alberta noch nicht klar. Jedenfalls hatte Pater Winfried seine Kutte geschürzt, um
schneller vorwärts zu gelangen. Schon aus einigen Metern Entfernung rief er seiner Herrin entgegen:
»Das stinkt meilenweit nach Intrige, Herr Rupert! Aber, keine Sorge, Euer Gnaden, ich werde alles daransetzen, um dieses Komplott aufzudecken. So geht es nun wirklich nicht!«
»Würdet Ihr mich vielleicht aufklären, Pater, was eigentlich passiert ist? Ich werde den Gedanken nicht los, dass der Einzige, der überhaupt nichts weiß, ich bin - obwohl es mich, wie es den Anschein hat, doch am ehesten betrifft!« Alberta rang nun auch um Atem vor Aufregung und verfluchte innerlich ihr Schicksal, das immer neue Unbilden über sie zu bringen schien.
Pater Winfried trat so nah wie möglich an Alberta heran, beruhigte sich etwas und mit einer Handbewegung in Richtung der neugierig glotzenden Passanten flüsterte er: »Ich setze Euch ins Bild, sobald wir in der Residenz angekommen sind.«
Zum Glück war der Weg nicht mehr weit und kaum hatte Alberta samt den Trabanten die Eingangshalle der Residenz durchschritten, blieb der Benediktiner stehen und packte seine Herrin am Ärmel.
»Ihr erinnert Euch doch noch an den Zuckerbäcker, der Euch seine Tochter als Eheweib aufdrängen wollte?«
»Diesen Tölpel Georg Dreher werde ich wohl nie vergessen«, bestätigte Alberta verwundert.
»Genau diesem Kerl, der es schon einmal mit einem Brief unter dem falschen Namen Peter Niedermeier versucht hat, habt Ihr jetzt diese Intrige zu verdanken! Ihr hättet beizeiten gegen ihn vorgehen sollen, nun ist es zu spät.«
»Ihr beliebt zu scherzen, Pater«, meinte die Gräfin, die noch immer nicht so recht wusste, worauf ihr Mentor hinauswollte. Aber der Mönch winkte ab. Nein, nach Scherzen war
ihm wahrhaftig nicht zumute. Mit einer Handbewegung bat er Alberta zu schweigen und begann zu erklären:
»An dem bewussten Abend habe ich mithilfe des neuen Dieners den Bäckermeister Niedermeier alias Dreher ziemlich unsanft aus dem Haus hinausbefördert, Euer Gnaden. ›Wenn ich Euch raten darf, Meister, lasst Euch hier nicht mehr blicken und belästigt niemals mehr meinen Herrn‹, habe ich ihm nachgerufen, als der beleibte Alte die Eingangsstufen hinuntergestolpert ist. Ausgelacht hat mich der unverschämte Kerl daraufhin und gedroht hat er, dass er keineswegs das letzte Mal bei uns gewesen sei.
Unser neuer Domestik und ich haben uns gefragt, ob der Kerl noch richtig im Kopf ist und wie hässlich seine Tochter sein muss, wenn er solche Auftritte nötig hat. Jedenfalls war die Angelegenheit für mich damit erledigt«, bekräftigte der Pater und eine gelinde Entrüstung schwang in seiner Stimme mit.
Alberta musste unwillkürlich schmunzeln. Gleich darauf war sie wieder ernst. »Auch für mich war die Sache vorbei. Das Heiratsangebot war ja in der Tat so absurd, dass es keiner weiteren Erörterung mehr bedurfte.« Die junge Gräfin schüttelte den Kopf.
»Meister Dreher scheint das aber ganz anders gesehen zu haben!« Der ältliche Benediktiner schnaufte schwer. Die Trabanten waren stehengeblieben, um »den Geheimen Rat« zum Herzog zu geleiten, aber sie waren so höflich, in gebührendem Abstand abzuwarten, bis der Mönch losgeworden war, was er »seinem Herrn« zu sagen hatte.
»Dieser Mensch ist in die Residenz gelaufen, hat um eine Audienz bei Seiner Durchlaucht ersucht und Euch beim Herzog verklagt«, redete Pater Winfried jetzt eindringlich auf Alberta ein. Er musste sich beeilen, wenn er seinen Schützling
auf die unangenehme Szene vorbereiten wollte, die ihm bevorstand. Es bogen bereits zwei herzogliche Diener um die Ecke des langen Korridors, die die Gräfin unverzüglich in die Gemächer Maximilians eskortieren sollten.
»Wessen hat der Narr mich denn bezichtigt? Sollte ich etwa einmal vergessen haben, einen Zuckerkringel zu bezahlen?«, fragte Alberta, die überhaupt keine Liebhaberin süßen Gebäcks war, halb amüsiert. Gleichzeitig fragte sie sich, ob ihr Mentor nicht vielleicht etwas missverstanden hatte und es sich in Wahrheit um eine harmlose Posse handelte.
»Keine Witze jetzt«, mahnte der Pater jedoch aufgebracht. »Die schweren Vorwürfe gegen Euch lauten: Nichteinhalten eines gegebenen Eheversprechens, Verführung einer Jungfrau unter
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