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Die Hexenadvokatin

Die Hexenadvokatin

Titel: Die Hexenadvokatin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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bewaffneter Wachen - die Stadtmauer mit ihren alten und neuen Befestigungsanlagen
ab, um zu kontrollieren, ob die Arbeiten in der gebotenen Eile und mit der nötigen Sorgfalt vonstattengingen.
    Es war kaum etwas zu beanstanden, die Erneuerung der Stadtbefestigung ging zügig voran und Alberta konnte sich am Nachmittag wieder jener Aufgabe widmen, die dem Herzog so ganz besonders am Herzen lag, nämlich der Erstellung des Gesetzeskodex’, der nach fürstlichem Wunsch und Willen bereits in einigen Jahren in ganz Bayern Geltung haben sollte.
    Die knifflige Arbeit ging ihr überraschend leicht von der Hand. Sie war abgelenkt und nach einiger Zeit sogar den Umständen entsprechend gutgelaunt; ihr Gemüt hatte sich wieder etwas aufgehellt, da sie endlich einmal eine Pause von dem unseligen Prozess gegen Constanze hatte.
    Nichts deutete auf den Donnerschlag hin, der sie am nächsten Morgen - wenige Stunden vor Verhandlungsbeginn - treffen sollte.

KAPITEL 55
    1. April 1612, in München
     
    ALBERTA WOLLTE DIE kurze Strecke zum Gericht zu Fuß zurücklegen. Wochenlang hatte nasskaltes Wetter geherrscht, aber seit gestern war mit aller Macht der Frühling angebrochen. Sie wunderte sich, wo Pater Winfried blieb. Sogar zum Frühmahl war er nicht erschienen - eine Seltenheit, denn der Benediktiner liebte es, diese ruhige halbe Stunde allein mit seinem Schützling zu verbringen. Zu dieser Zeit war es am
leichtesten möglich, auch Persönliches bei leichtem Malzbier und Haferbrei mit Apfelkompott in Ruhe miteinander zu besprechen.
    »Vielleicht wurde er frühmorgens zu jemandem gerufen und hat nur vergessen, mir durch einen Diener Bescheid zu geben«, dachte die Gräfin schließlich und beschloss fast schon, sich allein auf den Weg zu machen. Sie würde ihren Mentor sicher bei Gericht sehen; der Pater ließ sich keine Minute des Verfahrens entgehen.
    Wie viele andere war auch er neugierig, wie Alberta es zuwege bringen würde, die Angeschuldigte freizusprechen. Dass sie dieses Urteil zielstrebig ansteuerte, war mittlerweile auch dem Unbedarftesten klargeworden.
    Der Orden der Societas Jesu hatte angekündigt, ab jetzt immer einen oder zwei Prozessbeobachter in den Falkenturm zu entsenden. Alberta war es einerlei. Sie fürchtete sich weder vor Don Federigo de Morales noch vor Don Manuel de Silva-Esteban oder irgendeinem anderen. Ihr Entschluss, sich für Constanze und die Vernunft und Menschlichkeit einzusetzen, stand unverrückbar fest und nahm von Tag zu Tag konkretere Gestalt an.
     
    »Eine Minute gebe ich dem Pater noch«, murmelte Alberta vor sich hin, »dann mache ich mich allein mit dem Wachsoldaten auf den Weg.« Seit dem bedrohlichen Vorfall hatte der Herzog nämlich angeordnet, dass keiner seiner Geheimen Räte mehr allein in den Gassen der Hauptstadt unterwegs sein durfte. Den meisten war das lästig, aber Maximilian duldete keine Ausnahme.
    So marschierten die Herren missmutig und innerlich murrend mit einem bewaffneten Wächter neben oder hinter sich durch das doch so vollkommen friedlich erscheinende München.
So auch Alberta, die sich nun endlich anschickte, das Haus zu verlassen.
    Kaum hatte die Gräfin ein paar Schritte auf der Gasse zurückgelegt, überschlugen sich auch schon die Ereignisse. Zwei in weiß-blaue Wämser und Kniehosen gekleidete Trabanten des Herzogs kamen ihr im Laufschritt entgegen und verstellten ihr kurz darauf den Weg.
    »Achtung! Halt!«, kommandierte der Ältere und beide standen vor der Gräfin stramm. »Seine Fürstliche Durchlaucht, Herzog Maximilian von Bayern, wünscht den Geheimen Rat, Graf zu Mangfall-Pechstein, unverzüglich zu sehen. Wenn Seine Gnaden uns folgen wollen!«, schnarrte der Bote.
    Geschickt nahmen die beiden Männer »den Obersten Kommissar« in ihre Mitte, während der Wachsoldat Alberta auf den Fersen blieb. Es sah beinahe so aus, als führten die Weiß-Blauen einen Gefangenen ab.
    Alberta war verärgert über das Aufsehen, das sie mit ihrer kriegerisch anmutenden Eskorte erregte. Schon begannen die Ersten, hinterherzurennen. Wenigstens zeigten sie eine gewisse Scheu vor den mit Spießen Bewaffneten und hielten sich mit frechen Kommentaren zurück.
    Die Boten zu fragen, was das Ganze sollte, wäre vergebliche Liebesmüh’ gewesen - außerdem verbot Alberta dies ihr Stolz. Sie würde es ohnehin bald wissen.
    Als ihnen allerdings gleich darauf - von der Residenz her kommend - Pater Winfried mit allen Anzeichen der Aufregung und Empörung entgegenlief, war dies nicht

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