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Die Hexenadvokatin

Die Hexenadvokatin

Titel: Die Hexenadvokatin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Vorspiegelung falscher Tatsachen - nämlich der alsbald nachfolgenden Heirat - und die Schwängerung der betreffenden Jungfer Rosina.«
    »Wie bitte?« Alberta war fassungslos. »Ist das jetzt ein Alptraum? Dann möchte ich, bitteschön sofort aufwachen! Seid so gut und kneift mich, Pater!«
    »Es geht um die beschmutzte Ehre der Jungfer Rosina Dreher. Reißt Euch also zusammen und überlegt um Himmels willen gut, was Ihr dem Herzog sagt«, rief der Benediktiner seinem Schützling noch nach, denn die Diener führten Alberta bereits weiter ins Innere der Residenz. Der Pater durfte ihr dieses Mal nicht folgen.

KAPITEL 56
    1. April 1612, in Herzog Maximilians Gemächern
     
    DASS SEINE DURCHLAUCHT wütend war, zeigte sich schon daran, dass er dieses Mal seinem geschätzten Geheimrat keinen Platz anbot. Der Herzog selbst thronte auf seinem Samtfauteuil, während er die Gräfin wie ein dummes Schulmädchen vor sich stehen ließ. Die Begrüßung vonseiten Maximilians fiel knapp und ungnädig aus.
    »Was habt Ihr Euch dabei bloß gedacht, Graf?«, begann der Fürst ohne weitere Umschweife das absurde Verhör.
    »Bis vor zwei Minuten wusste ich gar nicht, welcher Sache man mich überhaupt bezichtigt, Herzog. Und jetzt, nach der Aufklärung durch Pater Winfried, bin ich vollkommen durcheinander. Eure Durchlaucht, glaubt mir, ich versteh’ die Welt nicht mehr! Von einem Eheversprechen kann gar keine Rede sein - ich kenne das Mädchen nicht einmal!«, brach es aus Alberta heraus. »Vor einiger Zeit hat mich der Zuckerbäckermeister Georg Dreher aufgesucht und wirres Zeug gefaselt, von wegen einer Heirat mit seiner Rosina. Ich habe ihn hinauswerfen lassen, nachdem er auch noch unverschämt geworden ist. Kann es nicht sein, dass dieser Mann geisteskrank ist und sich alles nur einbildet? Oder verhält es sich vielleicht so, dass er einen Dummen sucht für seine Tochter, die ein anderer geschwängert hat und sitzen ließ?«
    »Der Meister behauptet, dass Ihr derjenige seid, der das Vertrauen seines Kindes schamlos ausgenützt hat, indem Ihr ihm die Ehe verspracht und so erreichtet, dass die Jungfer Euch den Beischlaf gestattet hat. Und jetzt, wo sich Nachwuchs ankündigt, wollt Ihr das Mädel in der Schande sitzen lassen. So sagt es zumindest Georg Dreher, ein durchaus achtbarer
Bürger, dem ich in Aussicht gestellt habe, ihn bald in den Adelsstand zu erheben - seiner großen Verdienste als Hofzuckerbäckermeister wegen.« Der Herzog hatte die Anklage äußerst ruhig und fast in gedämpften Tonfall vorgetragen. Nun war der Blick seiner kalten Augen halb lauernd auf Alberta gerichtet, die eilends das Wort ergriff:
    »Das hat er mir schon mitgeteilt - und deshalb glaubt er auch, mir , einem Sprössling aus altem bayerischem Adel, ebenbürtig zu sein. Durchlaucht, bitte, Ihr müsst mir glauben, an den Behauptungen dieses Menschen ist kein Wort wahr!«
    In den Ohren des Fürsten klang die Stimme seines Geheimrats verzweifelt und absolut ehrlich. Als Alberta nachfragte, wann und wo der »Sündenfall« angeblich stattgefunden haben sollte, wurde der Herzog doch ein wenig nachdenklich. Durch einen Diener ließ er den in einem Nebenraum wartenden Feinbäcker herbeiholen.
    »Wann und wo hatte Eure Tochter geschlechtlichen Umgang mit dem Grafen, Meister Dreher?«, wollte Maximilian ohne Umschweife wissen. Nicht nur Alberta kam es so vor, als würde der ältere Mann bei dieser Frage ein wenig blass um die fleischige Nase. Der Feinbäcker runzelte beim Anblick seines widerborstigen »Schwiegersohns« die dichten Brauen über seinen Schweinsäuglein; es war ersichtlich, dass er krampfhaft nachdachte.
    »Ja, also … das weiß ich nicht so genau, Eure Durchlaucht. Ich war ja nicht dabei und habe den Turteltäubchen die Laterne gehalten, hähä!«, versuchte er dann, mit einem billigen Scherz die Situation zu entkrampfen. Aber dem Herzog war keineswegs nach »Humor unter Mannsbildern« zumute. Auch die Gräfin empfand die Bemerkung als höchst unpassend.
    »Soll ich das so verstehen, dass Ihr Eure Tochter überhaupt
nicht mehr unter Kontrolle habt und sie kommen und gehen kann, wie es ihr beliebt?«, grollte Maximilian, der gerade in diesen Dingen für seine Strenge bekannt war. »Ich gehe davon aus, dass ein verantwortungsvoller Hausvater immer weiß, wo sich seine unverheirateten Töchter gerade aufhalten. Also denkt gefälligst nach! Wann kann sich dieses folgenschwere Treffen mit dem Grafen ereignet haben?«
    Der Zuckerbäcker, der jetzt

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