Die Hexenadvokatin
ausgefuchsten Benediktiner aus … Jedenfalls: Eure Sorge mit der Hochzeit seid Ihr natürlich los. Ich werde Maximilian schonend beibringen, dass Ihr auf keinen Fall die Tochter seines Vetters Ferdinand heiraten werdet. Ich werde ihm sagen, dass ich von jemandem in der heiligen Beichte von Umständen erfahren habe, die diese Eheschließung unmöglich machen. Um welche es sich dabei handelt und wer der Beichtende war, muss ich Seiner Durchlaucht allerdings aufgrund des Beichtgeheimnisses verschweigen - was Ihr ganz genau gewusst habt! Und das nehme ich Euch persönlich übel, Gräfin.«
Der Jesuit grollte noch immer; von seinem kurzen Anfall von Humor war nichts mehr übrig geblieben. Offenbar fühlte er sich missbraucht als Bote, der dem Fürsten die schlechte Nachricht zu überbringen und sich mit der üblen Laune Maximilians herumzuschlagen hatte.
Mit einem unguten Ausdruck in seinen dunklen, stechenden Augen entließ er Alberta, die buchstäblich in die Gasse taumelte und am liebsten geweint hätte. Für einen Augenblick durchzuckten sie wilde Pläne, einfach ihr Pferd zu satteln und heimlich die Stadt zu verlassen. Dann fiel ihr wieder ein, dass die Tore ja der Pest wegen geschlossen waren. Es gab keinen Ausweg.
KAPITEL 66
15. Mai 1612, in der Residenzstadt München
HERZOG MAXIMILIAN WAR wieder in München. Nachdem acht Tage ohne neuen Pestalarm verstrichen waren, hatte der fürstliche Tross seinen Weg aus Landshut zurück in die Residenzstadt genommen.
Nach der nahezu familiären letzten Begegnung mit dem Herzog verlief die heutige in eisiger Atmosphäre. Es begann damit, dass Maximilian dem »Geheimen Rat« zu Mangfall-Pechstein keinen Sitzplatz anbot. Kalt fertigte er die junge Frau im Stehen ab, während er selbst wie üblich mit lässig übereinandergeschlagenen Beinen auf seinem gepolsterten Sessel thronte.
In kühlem Ton ließ er die Gräfin wissen, dass er den nächsten Hexenprozess »in altbewährter Manier gegen das schädliche und religionsfeindliche Hexenwesen« geführt wissen wolle, »mit einem entsprechenden, sämtliche Ketzer, Zauberer und Hexen abschreckenden Urteil« … Vorbei war es mit »lieber Vetter« - von einer brüderlichen Umarmung ganz zu schweigen.
Nach einem äußerst knappen Gruß des Fürsten und einem fast schon beleidigend zu nennenden Wink mit der behandschuhten Hand war die junge Edeldame entlassen. Von einer Heirat mit der bezaubernden Maria Sophie war selbstverständlich keine Rede mehr.
Alberta war nicht überrascht, hatte sie doch schon mit der denkbar schlechten Laune des Herzogs gerechnet. Aber es hätte sie doch interessiert, wie viel und was Contzen seinem Herrn verraten hatte - ungeachtet des Beichtgeheimnisses.
Eines war aber sicher: Davon, dass sie eine Frau war, wusste
der Herzog noch nichts - sonst hätte er sie sofort in Haft nehmen lassen. »Weiß der Himmel, was für einen wunden Punkt in meiner Biografie Contzen ins Feld geführt hat, der es geraten scheinen lässt, mir Maximilians Verwandte nicht zur Ehefrau zu geben …«, dachte sie.
Schon beim Durchschreiten der Residenz war nicht zu übersehen, dass sich der Wind gedreht hatte. Hatten sie in den vergangenen Tagen die Diener, Trabanten und Sekretäre mit überschwänglicher Servilität gegrüßt, ja, waren ihre Mitstreiter aus dem Geheimen Rat vor Ehrerbietung schier vor ihr gekrochen, so behandelten sie sie jetzt, als sei sie vom Aussatz befallen.
Man schien ihr aus dem Weg zu gehen und wenn sich eine Begegnung auf den langen Korridoren der Residenz oder in den Gassen Münchens nicht vermeiden ließ, wandten ihr die Mitglieder »der guten Gesellschaft« ostentativ den Rücken zu oder taten, als bemerkten sie sie nicht.
Doch zu ihrer eigenen Überraschung war es der Gräfin völlig gleichgültig. Mit etwas Glück würde es nicht mehr lange dauern und sie könnte München, den Herzog und das unliebsame Gericht endlich verlassen.
Ihre Teilnahmslosigkeit war so groß, dass nicht einmal Pater Winfrieds Neuigkeit sie aufzumuntern vermochte: Kaum war es den Bürgern wieder erlaubt, die Stadt zu verlassen, hatte nämlich - nach Bezahlung einer überaus saftigen Geldstrafe in die herzogliche Kasse - der Feinbäckermeister Georg Dreher samt Frau und Tochter Rosina München den Rücken gekehrt. Gerüchte waren im Umlauf, er wolle Bayern ganz verlassen und seinen Lebensunterhalt künftig in der Hansestadt Bremen verdienen.
Alberta war’s einerlei. Alles, was sie noch interessierte, waren
ihre
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