Die Hexenadvokatin
sondern auch in Eurem Interesse sein, den gottlosen Umtrieben in Eurer Grafschaft ein Ende zu bereiten.«
»Dem wäre freilich so, Herzog, wenn es denn solche gäbe. Aber mir ist diesbezüglich noch nichts zu Ohren gekommen«, setzte sich der andere entschieden zur Wehr.
»Mir dafür umso lauter, mein Lieber«, meinte Maximilian scheinbar leichthin, seine Miene jedoch strafte ihn Lügen: Der Herzog war zutiefst verärgert. Schnell aber hatte er sich wieder in der Gewalt und sein umwölkter Blick wurde etwas freundlicher.
»Wir wollen uns doch nicht streiten wegen ein paar alter Vetteln, die glauben, mit dem Satan ist besser hausen als mit unserem Herrgott, Graf. Damit Ihr aber meinen guten Willen seht, werde ich den Pater Alberini wieder nach München zurückbeordern. Nun, seid Ihr jetzt zufrieden mit mir, Vetter?«
Der Herzog behandelte ihn erneut wie einen Gleichgestellten und Wolfgang Friedrich konnte seinem Gegenüber einen
gewissen Charme nicht absprechen. Er verbeugte sich vor seinem Landesherrn.
»Ich danke Euch sehr, Herzog - auch im Namen meiner Gemahlin Eleonora. Sobald der Pater von der Societas Jesu fort ist, werden wir wieder Frieden bei uns auf dem Land haben - und deswegen bin ich eigentlich nach München gekommen. Nichts liegt mir mehr am Herzen, als Ruhe und Ordnung in meiner Grafschaft.«
»Gut. Auch mir ist am meisten an Frieden und Eintracht in unseren bayerischen katholischen Landen gelegen. Dann wäre das erledigt, Graf, und wir können uns getrost anderen Dingen widmen. Ich möchte noch zu verschiedenen Angelegenheiten Eure geschätzte Meinung hören.«
Der Herzog hatte ihn auch noch den restlichen Tag in Beschlag genommen - sogar die Mittagsmahlzeit ließ Maximilian entfallen, so beschäftigt war er, seinem »lieben Freund und Verwandten« den gesamten Ablauf der pompösen Hochzeitsfeierlichkeiten zu schildern; sogar den Weg, den die Gesellschaft zur Frauenkirche nehmen würde, sowie den Stoff der Festgewänder sparte er nicht aus. Und um die Form zu wahren, unterließ er es nicht, Wolfgang Friedrich zu jedem Detail um seine Meinung zu befragen, obwohl diese Dinge doch wohl längst entschieden waren.
»Um den Finger hat er mich gewickelt, der Maximilian. Keine Zeit zum Nachdenken hat er mir gelassen, so sehr hat er mich mit Informationen überhäuft.« Missmutig setzte sich der Graf in die Wirtsstube seiner Herberge. Es war schon viel zu spät, um an diesem Tag noch den Heimritt zu beginnen. Im November wurde es bereits früh Nacht und seine Augen waren nicht mehr die besten - außerdem war er müde und der Weg zu weit.
Er ließ seinem Knecht Bescheid geben, dass er die Pferde heute Abend nicht mehr satteln musste. Als er seine Abendmahlzeit einnahm, fielen ihm die zwei brüllenden Löwen ein, die er auf dem Rückweg in ihrem Zwinger in der Nähe des Alten Hofs gesehen hatte. Es war ein Löwenpaar, das, wie der Tierpfleger ihm versichert hatte, jeden Tag zweiundzwanzig Pfund rohes Rindfleisch vertilgte …
Am nächsten Tag machte sich der Graf in wenig aufgeräumter Stimmung auf den Heimweg. Vor allem der Umstand, dass er und Eleonora der bereits in wenigen Tagen stattfindenden Hochzeit als geladene Gäste beiwohnen »durften«, bereitete ihm schon jetzt Magendrücken. Denn selbstverständlich konnten sie die Einladung nicht ablehnen, dies käme einem Affront gegen Maximilian gleich, den dieser sehr übelnehmen würde …
Nur mit einiger Mühe und einem äußerst üppigen Abendmahl gelang es Eleonora, ihren Gatten den so wenig erquicklichen Besuch in München ein wenig vergessen zu lassen.
KAPITEL 6
24. Dezember 1603 in Bologna
PATER WINFRIED ENTZÜNDETE die Kerzen, die von einem Gesteck aus Stechpalmenzweigen umrahmt wurden. Er und sein Schützling, die junge Alberta, verbrachten dieses Jahr zu des Benediktiners heimlichem Leidwesen das Fest von Christi Geburt in Italien. Es hatte unglaublich viel geschneit und die Alpenübergänge waren nicht passierbar.
Dem jungen Mädchen machte das nichts aus. Sie hatte sich überraschend schnell und gut eingelebt. Die anderen Studenten akzeptierten sie ohne weiteres - hielten sie Alberta doch ganz selbstverständlich für ihren Bruder.
Natürlich hatte es ein paar unangenehme Situationen gegeben, als die Kameraden auf Ereignisse anspielten, die sie mit Rupert erlebt hatten und von denen Alberta natürlich keine Ahnung hatte. Ein paar Mal konnte nur ihre Geistesgegenwart sie retten - zum Glück war sie nicht auf den Kopf
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