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Die Hexenadvokatin

Die Hexenadvokatin

Titel: Die Hexenadvokatin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Überzeugung, dass auch die übrigen Landstände mit der dauernden Gängelung, die sich in unzähligen Erlassen ausdrückte, alles andere als zufrieden waren.

KAPITEL 26
    27. Juli 1611, in München
     
    »DER HERZOG BITTET Euch, auf dem Weg nach Rom in Salzburg Station zu machen. Der Anlass ist dabei die Überreichung des Dankgeschenks Seiner Durchlaucht an das gesamte Domkapitel, für die freundliche Überlassung der Reliquien der Heiligen Rupert und Wolfgang.«
    Pater Winfried schöpfte tief Atem, denn er war - ganz gegen seine Gewohnheit - den Weg von der Residenz ins gräfliche Palais viel zu schnell gelaufen. »Ihr sollt dem Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau außerdem versichern, dass Maximilian für die Gebeine der Heiligen goldene Reliquienschreine in Auftrag gegeben hat und beizeiten eine würdevolle Stätte in einer der Kirchen Münchens finden wird, um dieselben zur Verehrung durch die Gläubigen auszustellen. Unser Herzog mag Wolf Dietrich verabscheuen - aber er weiß, was sich gehört.«
    Alberta verzog das Gesicht. »Schon wieder nach Salzburg«, murmelte sie. »Das gefällt mir überhaupt nicht.«
    »Wieso?«, wollte ihr Mentor scheinheilig wissen. »Die fürsterzbischöfliche Stadt ist wunderschön und Ihr werdet dort gewiss mit allen Ehren und auf das Freundlichste empfangen werden.«
    »Mag sein«, sagte die junge Gräfin und lächelte bitter. »Seine Eminenz weiß ja auch nicht, dass ich ihn seinerzeit auf Maximilians Wunsch ausspioniert habe.«
     
    Immer schon war das Erzbistum Salzburg gut Freund mit Bayern gewesen - hatte doch sogar der damalige Kirchenfürst des Nachbarlandes den Säugling Maximilian getauft. Aber seit einiger
Zeit war dem Herzog der Anrainer im Süden Bayerns ein Dorn im Auge.
    Die guten Beziehungen wurden getrübt durch Wolf Dietrich von Raitenau; dieser war eine schroffe Herrschernatur und ein begnadeter Städtebauer - dem Bayernherzog Maximilian ausgesprochen ähnlich.
    Von Raitenau, ein höchst begabter und ausnehmend schöner junger Mann, Sohn eines kaiserlichen Feldobristen und einer Dame mit Mediciblut, hatte seine Erziehung in Rom genossen.
    Als Fürsterzbischof hielt er mit verschwenderischem Pomp in Salzburg Hof; gleichzeitig aber auch mit exquisitem Geschmack und Gespür für wahre und große Kunst. Rücksichtslos ließ er in dem mittelalterlichen Städtchen an der Salzach die krummen, verschlammten Gässchen auffüllen und begradigen und die winzigen, verschachtelten Armeleutehütten abreißen, um Raum zu schaffen für neue, repräsentative Bauten, schnurgerade, breite, gepflasterte Straßen und große Plätze mit Marmorbrunnen. Das gewöhnliche Volk wurde an den Rand der Stadt gedrängt.
    Die Baumeister für seine Residenz und das Schloss Mirabell holte er sich aus Italien; die Pläne für den neuen Dom ließ er sich von dem Venezianer Vincenzo Scamozzi erstellen.
    Was ihm die Feindschaft Maximilians eintrug, waren seine - in den Augen des Herzogs - unchristliche Gesinnung und sein geradezu »skandalöser« Lebenswandel, beides geeignet, seinen Untertanen ein äußerst schlechtes Vorbild zu bieten. Bezeichnend - und von Maximilian gern zitiert - war eine Entgegnung des weltlich gesonnenen Erzbischofs auf den Einwand des Domkapitels, dass man den alten Salzburger Dom nicht einfach abreißen könne, weil ihn schließlich der heilige Virgilius erbaut habe:

    »Was heißt hier Virgil? Maurer haben den Dom gebaut.« Und dazu habe Wolf Dietrich noch eine geringschätzige Handbewegung vollführt.
    Das in den Augen der Öffentlichkeit Schlimmste aber war: Erzbischof von Raitenau lebte in aller Öffentlichkeit mit seiner Geliebten zusammen, mit Salome Alt, die nicht nur über Schönheit und Liebenswürdigkeit, sondern dem Vernehmen nach über große Frömmigkeit und eine gehörige Portion Naivität verfügte.
    Der Erzbischof ließ ihr, wie man sich erzählte, auf ihr fortwährendes Drängen nach »Ehrbarkeit« hin von einem in den Betrug eingeweihten Priester eine Hochzeitszeremonie vorgaukeln. Seitdem glaubte die Mätresse, die zwar heimliche, jedoch durchaus rechtmäßige Angetraute des Kirchenfürsten zu sein …
    Immerhin hatte Wolf Dietrich für seine Liebste das zauberhafte Schloss Mirabell mitten in Salzburg errichten lassen, wo die Schöne ihm insgesamt sechzehn Kinder schenkte, die der Erzbischof auch alle anerkannte. Zeitlebens war er bestrebt, seinen illegitim gezeugten Nachkommen hohe Stellungen und ein sorgenfreies Leben zu gewährleisten - vor allem

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