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Die Hexenadvokatin

Die Hexenadvokatin

Titel: Die Hexenadvokatin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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vermissen ließen.
    Das war auch der Grund gewesen, warum Graf Wolfgang Friedrich ihn aus einer ganzen Schar - zusammen mit zwei anderen Burschen - ausgewählt hatte, um in seinem Stadthaus nach dem Rechten zu sehen.
    Frick schien hinreichend intelligent zu sein, um verlässlich und kompetent seinen Dienst zu versehen und um die beiden anderen Dienstboten, nebst Koch und einem kleinen Küchenjungen, zu beaufsichtigen. Dass er über Grips verfügte, hatte der alte Graf an seinen wachen Augen erkannt. Einfache Dienstboten mit Verstand waren eine Rarität …
    »Dass der Kerl Gehirnschmalz hat, lässt mich beinah sein unschönes Gesicht mit der plattgedrückten Nase und den schiefen Hasenzähnen vergessen«, hatte der Graf seiner Gemahlin erklärt, als Eleonora sich verwundert zeigte. Ihr Mann war nämlich ein Ästhet und duldete für gewöhnlich keine hässlichen Menschen um sich.
    Peter Frick aber zählte zu den Ausnahmen. Auch Alberta hatte bisher niemals Grund zur Klage gehabt. Und ausgerechnet dieser Bursche mit dem verunstalteten Äußeren, der dankbar sein sollte für seine keineswegs selbstverständliche Anstellung in einem Adelshaushalt, der sollte nun zum Verräter geworden sein?
    Der Graf beschloss, Peter genau zu beobachten. Sein langjähriger Reitknecht Florian würde ihn dabei unterstützen, indem er dem Diener hinterherspionierte.

KAPITEL 29
    9. September 1611, eine Winkelwirtschaft östlich von München
     
    FLORIAN, DER ETWA dreißigjährige Reitknecht des Grafen Wolfgang Friedrich, fläzte sich auf die Bank in der hintersten Ecke einer als Gastraum dienenden Wohnstube eines heruntergekommenen Bauernhauses. Die Wirtschaft befand sich etwa eine Gehstunde nordöstlich von München.
    Besitzer des verwahrlosten Gebäudes, das hauptsächlich von wanderndem Volk, Zigeunern, Bettlern, verdächtigen Handwerksburschen und sonstigem lichtscheuen Gesindel aufgesucht wurde, waren Alois Ehgartner und seine Frau Lina, ein dickes faules Weib, das sich in seiner Jugend den Lebensunterhalt mit »Gefälligkeiten« für zahlungswillige Mannsleute verdient hatte.
    Auch Alois gehörte einst zu Linas Freiern, ehe er auf die Idee kam, sie zu heiraten. Warum für etwas den Geldbeutel strapazieren, was er auch umsonst haben konnte … Damals war sie noch schlank und ansehnlich gewesen.
    Ihr war auch der Einfall zu verdanken, die wenig einträgliche Landwirtschaft aufzugeben und stattdessen eine Schankwirtschaft mit »Nächtigungsmöglichkeit« zu führen.
    Da es immer wieder zu Raufhändeln und Messerstechereien unter den betrunkenen Gästen kam, hatten die Ehgartners ihre Lizenz für eine Herberge seit Jahren verloren. Dennoch führten sie verbotenerweise das Gastgewerbe weiter, jetzt aber in einer sogenannten Winkelwirtschaft.
    Von dieser Sorte gab es in Bayern mehr, als dem Herzog und der Obrigkeit lieb war. Trotz aller Kontrollen waren diese Lokalitäten einfach nicht auszurotten, weil sie billig und vor allem diskret waren. Manch entlaufener Sträfling oder gesuchter
Raubmörder und Wilddieb fand in diesen illegalen Lokalen Unterschlupf.
    Meist steckten die örtlichen Polizisten mit den Wirtsleuten unter einer Decke. So erfuhren diese immer rechtzeitig, wann eine Razzia aus München bevorstand. Dann musste das Gaunervolk schleunigst im naheliegenden Wald untertauchen, bis die Gefahr vorüber war. Wurden doch einmal Fremde im Haus entdeckt, behaupteten die Winkelwirte dreist, es handle sich um Verwandte oder gute Freunde, die man zu Besuch geladen habe.
     
    Florian war es gelungen, mit vierzehn Jahren vom einfachen Rossbuben zum gräflichen Pferdeburschen und persönlichen Reitknecht des Grafen aufzusteigen. Er schaffte es auch in kürzester Zeit, sich mit dem verdächtigen Diener Peter Frick anzufreunden. Der hatte ihn zu den Ehgartners mitgenommen.
    »Da ist es immer lustig und fidel«, hatte er Florian, den er auf Anhieb gut leiden konnte, vorgeschwärmt. Florian war als Waisenkind bis zu seinem zwölften Lebensjahr in einem Findelhaus aufgezogen worden und hatte später als blutjunger Bauernknecht für einen Hungerlohn geschuftet, ehe der Graf ihn, dessen »Pferdeverstand« er sofort erkannte, zu sich genommen hatte. Dieser Werdegang war es, der Peter Frick faszinierte.
    »Das Bier und der Schnaps kosten nur ein paar Kreuzer und das Essen ist auch viel billiger als in einem Münchner Speisehaus«, versuchte er dem scheinbar Widerstrebenden den Mund wässrig zu machen.
    »Ich weiß nicht recht.« Florian zierte sich

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