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Die Hexenadvokatin

Die Hexenadvokatin

Titel: Die Hexenadvokatin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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ärgerlich darüber war, dass diese Ehre nicht den Benediktinern zuteilgeworden war …
    »Könnt Ihr mir das genauer erklären, Pater?«
    Dazu war der Mönch Winfried nur allzu gerne bereit.
    »Spanisch war und ist das von Herzog Albrecht V. eingeführte, von Wilhelm V. perfektionierte und von Maximilian verschärfte Polizeiregiment in Bayern: Das Zensursystem, die Bespitzelung der Beamten und Untertanen, das Denunziantentum, die Strafverfolgung von unerlaubt Ausreisenden sowie die grausame Verfolgung von Ketzern. Spanisch ist auch der Kanzleistil, der alles überwuchernde Bürokratismus, die pedantische Kleinlichkeit und die in allen Amtsstuben grassierende
Schreibwut. Wobei letztere sogar unserem Herzog allmählich zu viel wird …
    Spanische Wesensart begegnet uns aber auch im Despotismus und im Versuch des Herzogs, jede Bagatelle, vom Beichtzettel seiner Beamten bis zum Beischlaf des bäuerlichen und städtischen Gesindes, persönlich zu kontrollieren. Das hat mit einer weiteren Eigenschaft spanischer Monarchen zu tun: Ihrem grenzenlosen Misstrauen. Vieles, was mich und andere am Charakter Seiner Durchlaucht stört, wurde ihm bereits als Knabe und Jüngling anerzogen.
    Spanische Jesuiten waren seine Lehrer und Mentoren - denkt nur an Gregor von Valencia! Dazu gehören auch die Heuchelei in der Diplomatie, die Verschlagenheit, das Taktieren und Lavieren, das Ausweichen, sowie das Ausnützen von Zwangslagen des anderen zum eigenen Vorteil. Dergleichen gilt als hohe Staatskunst, die jedoch keineswegs nur in Spanien geübt wird …«
    »Das passt genau zu dem, was mein Vater des Öfteren über seinen Vetter Maximilian behauptet, Pater. Ihn stört des Herzogs schroffe und kalte Art, mit welcher er Menschen - vornehmlich minderen Ranges - behandelt. Aber auch seine inbrünstige Heiligenverehrung, seine Flucht in stundenlanges Gebet und seine Lieblingsfarbe Schwarz.
    Zu seinen Schwächen gehören auch seine Unfähigkeit, Gefühle zu zeigen, und seine Vorliebe für Heldenposen und das bei allem Geiz sehr ausgeprägte Repräsentationsbedürfnis. Mein Vater sagt, das alles erinnere ihn auf fatale Weise an den spanischen König, Philipp II., der in Madrid gestorben ist, als Maximilian in München gerade die Regierungsgeschäfte übernommen hat.«
    »Ganz recht, meine Liebe. Gregor von Valencia hatte diesen Philipp von Spanien auf der Höhe seiner Macht erlebt. Der Monarch galt als strahlendes Vorbild für jeden katholischen
Fürsten - hatte er sich doch die Wiedereinsetzung der alten Kirche und die Ausrottung protestantischer Ketzerei zum Ziel gesetzt. Dieses Idealbild brachte Gregor seinem Zögling Maximilian nahe - und der sah sich bemüßigt, sein Idol in allem bis ins Kleinste nachzuahmen.«
     
    Zurück ins Schlafgemach des Bayernherzogs. Der Oberstkämmerer überreichte dem Fürsten das Wams. Diese hohe Ehre, den Herzog anzukleiden, wurde nur adligen Mitgliedern des Hofstaates zuteil. Kein einfacher Diener durfte ihm Hosen, Gürtel oder Schuhe anlegen - dies war das alleinige, eifersüchtig gehütete Vorrecht des herzoglichen Kämmerers.
    So mutierte Maximilian äußerlich Stück für Stück zum Spanier: Da waren einmal die steif gestärkte und vielfach gefältelte Halskrause, die wattierten Ärmel, der á la mode ausgepolsterte Spitzbauch und die mit Rosshaar ausgestopfte, die Oberschenkel bedeckende kurze Pumphose, geeignet, die dünnen, schwarzbestrumpften Waden des Herzogs in den engen Stiefeln noch zu betonen.
    Zuletzt überreichte der Freiherr von Rechberg Seiner Durchlaucht den Mantel, das Barett und - natürlich - einen spanischen Degen aus hervorragendem Toledostahl. Der Fürst war jetzt vollständig angekleidet. Er gab einem Kammerdiener ein Zeichen, woraufhin der Mann mit durchdringender Stimme verkündete, Seine Durchlaucht sei nun bereit, das Zimmer zu verlassen.
    Die Kämmerer wandten sich mit einer tiefen Verbeugung um und marschierten ihrem Herrn voraus. Der Oberste Hofmeister, der Oberstkämmerer und der hin und wieder dieser Zeremonie beiwohnende herzogliche Beichtvater verließen erst nach Maximilian den Raum, ihrerseits gefolgt von den rangniedrigeren Kammerdienern.

    Ein neuer Arbeitstag des Herzogs konnte seinen Anfang nehmen. Wichtige Angelegenheiten galt es heute zu verhandeln. Die Frage, wie man den widerständigen Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau in seine Schranken weisen könnte, stand dabei ganz oben auf der Tagesordnung. Denn Auflehnung empfand Maximilian als persönliche

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