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Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Titel: Die Hexengabe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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hineinzukommen? Ich hatte mich kaum noch auf meine Aufgaben im Rat konzentrieren können, und sogar meinem Vater war schon aufgefallen, dass ich nicht ganz bei mir war. Aber heute, so schien es, war es endlich so weit. Gelobt war Gott, der die Gläubigen so zuverlässig in seiner Obhut versammelt.
    Als ich um das Haus herumging, kam es mir so vor, als würde mir jemand folgen. Ständig hörte ich Schritte hinter mir, doch wenn ich mich umdrehte, war da niemand.
    Die Tür zur Werkstatt war nicht verschlossen. Wie leichtsinnig diese Frauenzimmer waren! Jedermann könnte alles ausräumen.
    Mit Entzücken betrachtete ich das ganze Papier und das viele Holz – es würde wunderbar brennen, und die Feuerwachen würden es erst bemerken, wenn es schon zu spät war, denn sie würden es bei diesem Wetter nicht so genau nehmen mit den Rundgängen.
    Ich fürchtete nur, dass ich dieses Mal nicht zusehen konnte, ohne aufzufallen, es sei denn von der Sternwarte aus, aber die war zu dieser Zeit geschlossen. Obwohl, als Oberster Losunger sollte ich eigentlich auch dort Zugang haben.
    Doch zunächst musste ich die Bilder finden, um sicherzustellen, dass sie als Erstes verbrannten. Wenn ich nur wüsste, wo der Elende sie versteckt hat. In den Büchern dort drüben neben der Weltkarte oder doch eher in der Lade von dem großen Tisch dort drüben? Ich schlich hinüber und öffnete die Lade. Unverschlossen, wie leichtsinnig! Ich warf alles, was drinnen war, auf den Boden, es waren sowieso nur gottlose Spielkartendrucke, Vögel, Affen und Tulpen. Nirgends eine Spur jener Bilder, die er mir hatte zukommen lassen.
    »Suchst du das hier?«, fragte eine Stimme hinter mir, die ganz unverkennbar die ihre war.
    Verdammt.
    Ich drehte mich um. Da stand sie, die Hure. Warum war mir nicht aufgefallen, dass sie zu Hause geblieben war? Ich wurde langsam nachlässig. Sie wedelte mit den Bildern, die ihr Mann gemalt hatte, um mich zu erpressen.
    »Was geht’s dich an?«
    »Das ist mein Haus.«
    Sie sah aus wie ein Gespenst, bleich, das graue Haar wirr um den Kopf. Was für ein Glück, dass ich sie nicht geehelicht hatte. Da saß ich lieber noch dem Alten gegenüber als einer, die sich so gehen ließ. Und dann noch diese Hybris, von wegen das sei ihr Haus!
    »Das Haus gehört nicht dir, sondern dem, der die Schulden bezahlt, die darauf lasten«, erklärte ich ihr.
    »Und deshalb willst du es anzünden, oder was hat all das Papier am Boden zu bedeuten?«
    Ich blieb um eine Antwort verlegen.
    »Dobkatz«, ihre Stimme zitterte, »du tust mir unrecht, hast mir immer unrecht getan. Zwing mich nicht …«
    »Du hast die Beine schon für den Kartenmacher breit gemacht, als du noch mit mir verlobt warst. Und mich hast du immer damit vertröstet, dass wir bis nach der Hochzeit warten sollen.«
    Sie schüttelte ihr graues Medusenhaupt und stöhnte, als ob sie große Schmerzen hätte.
    »Du hättest mir vertrauen müssen«, flüsterte sie mit heiserer Stimme.
    »Ich dir!« Das wurde ja immer besser. Ich wollte ausspucken, doch mein Mund war wie ausgetrocknet.
    »Und jetzt hast du auch noch meine Tochter in ihr Verderben geschickt.« Sie hustete. »Und damit uns alle.«
    »Um den Bastard ist es nicht schade!«
    »Ein Bastard?« Sie hatte die Frechheit, mich spöttisch anzugrinsen. »Mag sein, dass sie das ist. Doch wenn du wüsstest, wessen Bastard, du würdest dich schämen. Und die von dir so Verachtete hat mehr Mumm in den Knochen, als du jemals hattest.« Sie hustete wieder und flüsterte dann so leise, dass ich Mühe hatte, sie zu verstehen.
    »Ich konnte ihr nie verzeihen, habe sie schändlich behandelt, obwohl das alles nur deine Schuld war. Deine, Dobkatz, hörst du! Deine! Nur mein seliger Zapf, der hatte ein größeres Herz als ich jemals, als jeder andere.«
    Sie sah mich mit weit aufgerissenen Augen an, wollte noch etwas sagen, öffnete den Mund, doch dann brach sie stumm zusammen wie ein klappriger, kranker Gaul nach dem letzten Hieb vom Abdecker.
    Das Läuten der Kirchenglocken brachte mich zur Besinnung. Jetzt konnte ich hier nichts mehr ausrichten, ohne entdeckt zu werden. Deshalb blieb mir nichts anderes übrig, als unverrichteter Dinge nach Hause zu gehen.
    Und wie immer hatte es dieses Weib geschafft, mich außerordentlich wütend zu machen.

39. Kapitel
     
    M it Schaudern betrachtete Rosa die in vollkommener Dunkelheit daliegende Amalberga von Gent , und nur der Gedanke daran, wie sehr es Baldessarini treffen würde, wenn sie mit Luis zusammen

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