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Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Titel: Die Hexengabe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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samtigen Aprikosenholzes, um mich zu beruhigen. Ich konnte in dem großen Zeltlager nicht spielen, weil immer die Gefahr bestand, dass Aurangzeb mich hören könnte. Nur im Palast in Agra war ich sicher gewesen.
    Aber hier, unter dem Dröhnen des Wasserfalls, würde sich die Melodie im Rauschen des Wassers verlieren. Beshir Aga würde nichts verraten, ihm gefiel der Klang meines Spiels, es erinnerte ihn an die Flöten der Hirten in seiner Heimat.
    Wir schritten zügig an den Söldnern vorbei, die das rote Zeltlager außen bewachten, an den Lagern der Tierhalter und den Weiden der Küchenkamele und der über fünfzig Milchkühe. Niemand schenkte uns viel Beachtung.
    Je näher wir dem Wasserfall kamen, desto karger war der Boden, und ich bezweifelte, dass ich etwas anderes als struppiges, hartes Gras finden würde. Aber die Mahaldar vertraute mir. Wenn ich behauptete, ich hätte mich wegen der Kräuter getäuscht, würde sie nicht weiter nachfragen.
    Das Rauschen und Tosen wurde lauter, dann hatten wir es geschafft. Wir näherten uns der steilen Kante des Flussufers, von der man den Wasserfall sehen konnte. Ein Nebelschleier aus silbern schimmernden Perlen schwebte zu uns empor. Durchfeuchtete unsere Kleider, benetzte die Haut und versetzte mich in einen Zustand von Euphorie. Ich konnte nicht nur verstehen, sondern mit meinem Körper spüren, warum die Hindus diesen Fluss für heilig hielten.
    Beshir tänzelte unruhig von einem Fuß auf den anderen.
    »Was ist?«, fragte ich. Er würde doch wohl noch nicht zurückwollen?
    »Ich möchte etwas tun, was ich seit sehr langer Zeit nicht mehr getan habe. Doch das ist in Gegenwart einer Frau nicht möglich, nicht einmal, wenn es nur jemand wie du ist.« Seine Stimme klang belegt.
    »Tu’s! Auch ich werde etwas Verbotenes tun und Flöte spielen.« Dass ich die Burka ablegen wollte, behielt ich lieber für mich.
    »Dann würden wir also beide etwas Verbotenes tun.« Er sprach langsam, als koste ihn jedes Wort Überwindung. »Unmöglich.« Er schüttelte so vehement den Kopf, dass sein Turban ins Schwanken kam.
    »Was soll schon passieren?«
    »Es könnte uns jemand dabei erwischen. Und das wäre eine Schande für die Mahaldar.«
    Ich sah mich um. »Das ist lächerlich. Es ist vollkommen flach hier oben, wir sehen jeden von Weitem, der sich uns nähert.«
    »Das stimmt.« Beshir Aga begann, neben dem Wasserfall hinunterzuklettern. »Schau nicht her, und ruf mich sofort, wenn jemand kommt.«
    Ich trat an den Rand der Schlucht und sah ihm dabei zu, wie er geschmeidig die schroffen Felsen hinabkletterte, sich, unten angekommen, aus seinen Pajamahosen schälte, Jama und Weste auszog und sich unter das herunterstürzende Wasser stellte. Ich bildete mir ein, so etwas wie ein Lachen zu hören, und das stimmte mich glücklich.
    Ich zog die Burka vom Kopf, holte meine Duduk aus dem Gürtel meiner Pajamahose und begann zu spielen. Erst nur ein paar Fingerübungen, dann eine langsame Melodie, und der dunkle, warme, klagende Ton meiner Duduk vermischte sich, wie ich es mir gewünscht hatte, mit dem tosenden Wasser zu einem kraftvollen Lied. Ich war nicht länger Raihana, wurde eins mit den Tönen und vergaß alles um mich herum, vergaß Zeit und Ort und …
    »Was machst du da?«
    Ich fuhr zusammen, sah entsetzt hoch zu dem Mann, der auf einem Pferd saß, das mit rotem und goldenem Zaumzeug geschmückt war. Er war offensichtlich ein Fürst, in goldenen Pajamahosen, einem blauen Hemd mit goldbrokatener Weste. Auf seinem Turban befand sich eine Agraffe aus Elfenbein, die einen Pfau darstellte, dessen Federn mit blauen und grünen Edelsteinen besetzt waren.
    Ich versteckte die Duduk sofort, zerrte mir die Burka über und starrte auf den Boden.
    Warum war der Mann allein?
    Und wo blieb Beshir Aga?
    »Antworte mir. Wer bist du? Warum bist du ohne Begleitung hier?«
    »Ich bin Raihana.« Fieberhaft überlegte ich, ob es besser wäre, Beshir gar nicht zu erwähnen und ihm so die Möglichkeit zur Flucht zu geben oder einen Grund zu erfinden, warum er dort hinuntergeklettert war und mich allein gelassen hatte.
    »Dein Lied hat mir gut gefallen. Wem gehörst du, Raihana?«
    »Ich gehöre niemandem, doch ich lebe im Harem von Aurangzeb.«
    Der Fürst betrachtete mich eingehend, dann trat er dem schwarzen Pferd in die Flanken und ritt davon. Geradewegs auf das Lager von Aurangzeb zu.
    »Beshir, komm sofort hoch, wir müssen zum Lager zurück!« Ich gab mir alle Mühe, gegen den Lärm anzuschreien,

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