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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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andere. »Gnädiges Fräulein, ich möchte mich von Euch verabschieden«, sagte er und atmete schwer.
    »Aber warum könnt Ihr das nicht bei Tag erledigen, Wilhelm? Jetzt mitten in der Nacht werdet Ihr ja wohl nicht fortreiten, oder? Und was ist mit Seiner Eminenz? Wollt Ihr dem Bischof nicht ebenfalls Adieu sagen?«
    »Verehrte Herrin!«
    Ehe Adelheid es verhindern konnte, fiel der junge Mann ihr zu Füßen und griff nach ihrer Hand. »Erlaubt, dass ich mich entferne und zwar jetzt und sofort.«
    »Aber weshalb diese unziemliche Eile, Wilhelm? Habt Ihr etwa Neuigkeiten von meinem Vater erhalten?«
    Adelheid fühlte sich auf einmal so schwach vor Angst, dass sie sich wie Hilfe suchend an den Türrahmen lehnte.
    »Nein, nein. Das ist es nicht. Es ist nur so, dass ich eine Riesendummheit begangen habe. Ich muss den Palast des Bischofs verlassen und zwar so schnell wie möglich.«
    »Steht auf um Himmels willen und sagt mir, was los ist, Wilhelm.«
    Adelheid begann auf dem eisigen Flur des weitläufigen Baues zu frösteln – es war mittlerweile Oktober -, also zog sie den jungen Ritter in ihr Boudoir.
    »Schaut mich an, und redet endlich. Aber deutlich, bitte.«
    »Ich habe aus Versehen einen Mann umgebracht«, stieß er leise hervor und blickte voll Angst auf Adelheid.
    Sie musste sich vor Schreck setzen. »Mein Gott, das darf nicht wahr sein, Wilhelm. Wie konntet Ihr Euch im Hause des Bischofs nur so vergessen? Um wen handelt es sich denn?«
    Wilhelm von Kirchhofen zitterte nun am ganzen Leib. »Es ist ein gewisser Monsieur Ducruet, der intime Freund Immo von Werhahns.«
    »Was heißt ›intimer Freund‹? Was meint Ihr damit?« Adelheid verstand offenbar nicht.
    Wilhelm wand sich vor Verlegenheit. »Er war der Liebhaber des Sekretärs Seiner Eminenz. Und der junge Herr war voller Eifersucht auf mich, weil Monsieur de Werhahn mich seit einiger Zeit mit besonderer Freundlichkeit und Aufmerksamkeit behandelt hat. Er glaubte, ich wollte der Gespiele des Kaplans werden. Ausgerechnet ich, wo ich doch nur Frauen liebe und eine davon ganz besonders.«
    Um dieses heikle Thema nicht zu vertiefen, war die Gräfin bemüht, das Thema rasch zu wechseln.
    »Was habt Ihr ihm angetan?«, wollte sie wissen. Inzwischen hatte sie den fünfflammigen Kerzenleuchter entzündet, um es im Gemach heller zu haben.
    »Er hat mich zum Duell gefordert, und ich habe dummerweise die Forderung angenommen. Vorhin standen wir uns gegenüber. Er hatte mir die Wahl der Waffen gelassen, und so kämpften wir mit dem Degen.«
    »Jetzt, im Dunkeln? Seid Ihr vollkommen verrückt geworden, Wilhelm? Außerdem sind Duelle strengstens verboten.«
    »Trotzdem finden sie statt. Nein, Herrin, der Platz hinter den Pferdeställen war durch Fackeln erleuchtet.«
    »Und was weiter? Ihr habt diesen Ducruet also schwer verletzt. Und was geschah dann?«
    »Nein, er ist tot. Ich habe ihn erstochen und muss daher aus Straßburg fliehen.«
    »Langsam. Wer sagt, dass er wirklich tot ist? Wo ist der angebliche Leichnam dieses Mannes? War ein Medicus anwesend?«
    Nein, daran hatten weder Wilhelm von Kirchhofen noch die Sekundanten der beiden Kontrahenten gedacht. Wozu ein Arzt? Man wollte das Duell ja beenden, sobald einer der beiden blutete. Diese Wunde konnten dann die beiden Sekundanten verbinden...
    Adelheid von Ruhfeld schlug sich an die Stirn. Ein solches Maß an Dilettantismus hätte sie dem Kirchhofener nicht zugetraut. Er war eben doch noch ein unreifer Jüngling.
    Sie eilte zum Alkoven, wo Ursula noch immer ruhig schlief. Sie rüttelte ihre Zofe an der Schulter wach. »Leg dir meinen großen, warmen Schal um die Schultern, schlüpf in deine gefütterten Pantoffeln, und lauf zum Appartement des jüdischen Medicus. Mach schnell, Ursula, und bring ihn sofort hierher. Sag ihm, es handele sich um einen schlimmen Notfall. Los, beeil dich, Mädchen!«
    Als Ursula den jungen Wilhelm von Kirchhofen am Fenster im Zimmer ihrer Herrin stehen sah, mit verzweifeltem Gesichtsausdruck, überdies gestiefelt und gespornt, schwante ihr nichts Gutes, und sie verließ den Raum flink wie ein Wiesel, um den Doktor zu holen. Der junge Mann lief hinter ihr her.
    Aaron Weinlaub, den der Bischof vor vielen Jahren aus Prag mit nach Straßburg genommen hatte, weil er die Klugheit und den anerkannt hohen Wissensstand jüdischer Ärzte sehr schätzte, stand kurz darauf vor der Gräfin Ruhfeld.
    »Was sollen wir nur tun?«, fragte Adelheid bang.
    Der alte Arzt schüttelte bedauernd das weißhaarige

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