Die Hexengraefin
verstehen? Diese Walburga Hagenbusch ist keine Unholdin, gegen die Ihr leider nur zu wenige Beweise auffahren könnt, sondern sie ist überhaupt keine. Ihr sollt sie zufrieden lassen, das ist die Botschaft aus Straßburg und nichts anderes. Man kann deutlich die Kritik der Juristen darüber heraushören, dass man hier bei uns offensichtlich zu viel auf dummes Geschwätz von geistig nicht sehr hoch stehenden Leuten gibt. Versteht Ihr jetzt endlich?«
Bertold Munzinger, der schon seinen Mund zum Protest geöffnet hatte, schloss ihn wieder und schwieg. So war das also. In seiner Umgebung musste ein Verräter sitzen, der brühwarm alles weitertrug, was er mit seinen Mitrichtern besprach. Er musste alles daransetzen, um diesen Hund aufzuspüren und unschädlich zu machen …
Mochten auch Krieg und Elend herrschen, rings alles in Scherben gehen, ja sogar das Reich in Gefahr sein – ein Bertold Munzinger wusste, was seines Amtes war: Er hatte den Auftrag, das Land von der Pest der Hexerei, des Unglaubens und der Ketzerei zu befreien! Und darin würde er auch nicht nachlassen – mochten die gottlosen Rechtsgelehrten an der Universität in Straßburg sagen, was sie wollten.
Es ärgerte und verstörte ihn nur maßlos, dass offenbar der hochwürdige Bischof von Straßburg – noch dazu Bruder Seiner Majestät des Kaisers – den kirchenfeindlichen Umtrieben seiner Untertanen nichts entgegensetzte.
KAPITEL 81
»DIE ZENTRALISTISCHEN BESTREBUNGEN des Kaisers stoßen bei deutschen katholischen Fürsten auf wenig Gegenliebe. Um ihre Unabhängigkeit vom Hause Habsburg zu bewahren, greifen die meisten zum bewährten Mittel der Erpressung. Auf diese Weise haben sie mit französischer Unterstützung bereits 1630 auf dem Regensburger Kurfürstentag die Entlassung Albrechts von Wallenstein durchgesetzt – wider des Kaisers besseres Wissen. Aber was hätte er tun sollen? Ferdinand brauchte sie alle, die großen und kleinen katholischen Herren – und jene wussten das nur zu gut -, um sich gegen Gustav Adolf und die protestantische Anhängerschaft unter den deutschen Fürsten durchzusetzen.«
Comtesse Adelaide, Hélène und Bernard de Grandbois saßen auf der Terrasse seines Schlosses Beauregard und genossen die köstliche Abendkühle nach einem glühend heißen Tag, sowie die Aussicht auf die sanften Rebhügel und die liebliche Landschaft weiter unten im Tal, die allmählich in Äcker und Felder sowie weiter hinten am Horizont in dunkle Wälder überging.
Die große Hitze bereits im Frühsommer ließ einen schrecklich trockenen Hochsommer erwarten. Schon jetzt mussten die gräflichen Arbeiter in den Weinbergen die Reben bewässern, um sie vor dem Verdorren zu bewahren.
»Nur, weil jetzt alle zähneknirschend einsehen, dass sie den ungeliebten, böhmischen Emporkömmling dringend brauchen«, fuhr der französische Edelmann fort, »hat der Kaiser es gewagt, dem Wallenstein erneut Avancen zu machen. Aber der Herr wird sich wohl lange bitten lassen und allerhand unliebsame Zugeständnisse verlangen.«
Adelaide wunderte sich nicht, dass der Comte de Grandbois so gut über alle Vorgänge im Deutschen Reich Bescheid wusste: Hatte sie doch schon seit ihrer Ankunft auf der linken Seite des Rheines bemerkt, wie interessiert man sich dort – vor allem auf französischem Gebiet – allen Facetten der Politik im deutschen Nachbarland widmete.
Nicht umsonst sagte man den Franzosen nach, sie seien vor allem reine Verstandesmenschen, welche rational an die Dinge herangingen und für die alles Sentimentale erst in zweiter Linie existierte.
Das beste Beispiel eines solch kühl kalkulierenden Menschen war Richelieu; aber auch die Ehrwürdige Mutter, Madame des Anges, hatte zu ihnen gehört. Selbst mit einem glasklaren Verstand ausgestattet, hatte die Äbtissin es verstanden, ihre weniger intelligenten Mitmenschen zu manipulieren und deren Gefühle für ihre Zwecke zu missbrauchen.
Bereits seit zwei Monaten lebten nun die Comtesse Adelaide und ihre Damen unter dem Schutz und Schirm des Comte Bernard, wobei die Gräfin offiziell als »Gesellschaftsdame« der Großmutter des Comte firmierte.
Die alte Dame, schon über die achtzig hinaus, lag zwar meist zu Bett und sah und hörte so gut wie nichts mehr, aber der Schicklichkeit war Genüge getan. Niemand vom Gesinde des Grafen und keiner seiner Bekannten und Freunde mokierte sich über den Umstand, dass zwei junge Damen mit ihrer Zofe auf Château Beauregard bei einem Junggesellen lebten. Die
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