Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
Vom Netzwerk:
schäumte sie beinahe vor Wut. Wie sollte sie das deren Tochter, dem Helen, erklären?
    Aber der Mönch hatte zum Glück gleich vom guten Ausgang der Sache berichtet und von der schallenden Ohrfeige, die dem Obersten Richter durch die gelehrten Herren der juristischen Fakultät von Straßburg verpasst worden war.
    Das zu lesen erfüllte die junge Frau mit wahrer Genugtuung, denn es gab wenige Menschen, die sie so verabscheute wie diesen Mann.
    Das spurlose Verschwinden Georg Hagenbuschs fand sie sehr gut; wozu sollte der Junge sich der Gefahr aussetzen, für etwas büßen zu sollen, was er für ihr liebes Helen getan hatte (und was daher für Adelheid von vorneherein in Ordnung war)?
    Nun, das Schreiben des Benediktiners zeigte ihr leider allzu deutlich, dass es nicht geraten schien, den Rhein in Richtung Heimat zu überschreiten. Unvernunft, Aberglauben und Hexenwahn regierten nach wie vor in der Ortenau, und man konnte nicht ständig die Juristen von Straßburg zu Hilfe nehmen …

KAPITEL 82
    SPONTAN UMARMTE DIE GRÄFIN ihre »liebe Schwester«.
    »Du bist ein Schatz, Leni: Ohne groß herumzureden, einfach aus Verantwortungsbewusstsein und mit Taktgefühl kümmerst du dich so rührend um mich.«
    Adelaide küsste Hélène de Morrisson und schwenkte sie im Kreis herum. Was war der Anlass?
    Jeden Morgen – seit der ersten Liebesnacht Adelaides mit Bernard de Grandbois – stand ein Becher mit einem ganz besonderen Absud für sie parat, welchen sie hinunterzustürzen hatte, ohne abzusetzen, des bitteren Geschmackes wegen.
    »Ich dachte mir eben, du wolltest deine Liebe genießen und nicht die etwaigen Folgen«, reagierte Hélène auf den fragenden Blick der Gräfin, worauf diese ganz erschrocken abwehrte: »Aber um Himmels willen, ich bin doch nicht schwanger.«
    »Und ich denke, genau dies soll auch so bleiben, oder irre ich mich etwa?«, hatte die andere resolut erwidert. »Für Mutterglück ist später noch Zeit, wenn Frieden ist.«
    »Du hast recht, meine Liebe, aber ich habe das untrügliche Gefühl, wenn ich so lange warte, bin ich zu alt zum Kinderkriegen.«
    Aber daran glaubten im Grunde beide jungen Frauen nicht so recht. Es musste doch irgendwann – in nächster Zeit – mit Mord, Totschlag, Elend, Vertreibung und bitterster Not ein Ende haben. Sie waren schließlich jung und wollten ihr Leben genießen.
    Wie könnte man das, wenn alle Männer im heiratsfähigen Alter dieser unberechenbaren Seuche Krieg zum Opfer fielen? Ein Heer von alten Jungfern gäbe es in deutschen Landen und viel zu wenige Kinder, wenn niemand mehr da war, neue zu zeugen.
    Aber Hélène hatte natürlich recht mit ihrer umsichtigen Vorsichtsmaßnahme: Ihre Herrin und Freundin war keine verheiratete Frau, nicht einmal verlobt war sie mit Bernard de Grandbois. Wer weiß, wann sie sich erneut auf die gefahrvollen Landstraßen begeben würde; durfte sie dann schwanger sein?
    Ein dicker Bauch wäre mehr als hinderlich bei einer eventuellen Flucht – als junger Bursche könnte sich Adelaide dann beispielsweise nicht verkleiden …
    »Vielleicht solltest du deine Fürsorge auch gleich auf Anne ausdehnen?«, gab die Comtesse zu bedenken, aber das Helen hatte bloß lächelnd abgewinkt: »Längst geschehen. Glaubst du etwa, ich hätte Lust, mit zwei kugelrunden Weibern eine solche Reise zu wagen und womöglich im Straßengraben Geburtshilfe leisten zu müssen? Trinkt ihr beiden nur brav euren Tee, der das Blut reinigt, schön dünnflüssig hält und zum Laufen bringt. Und dann genießt eure Liebe.«
    Adelaide küsste erneut die Freundin und betrachtete dabei aufmerksam die schöne junge Frau. Nichts deutete mehr daraufhin, dass sie vor einem Jahr fast an den Gräueltaten des Scheible zugrunde gegangen wäre. Ihre nachgewachsenen blonden Haare glänzten, und ihre blauen Augen strahlten voll Lebenslust.
    »Ich würde dir auch ein solches Erlebnis gönnen, Leni. Es ist einfach wunderschön. Nicht so widerlich, fad und abgeschmackt wie seinerzeit mit dem blasierten Schwabenbengel, sondern …«
    Aber ehe sie weiter ins Schwärmen geriet, unterbrach Hélène de Morrisson ihre Schwester. »Lass nur gut sein, Heidi. Ich brauche noch Zeit, bis ich mich in einen Mann verlieben und mich ihm hingeben kann, ohne an das Furchtbare zu denken, das Männer mir angetan haben. Vielleicht werde ich es niemals schaffen.« Sie seufzte und fuhr dann fort: »Aber ich versichere dir, ich gönne dir und Anne das Vergnügen von ganzem Herzen. Wer weiß,

Weitere Kostenlose Bücher