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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Menschen und den Gemeinheiten, zu welchen sie fähig waren, verstand, streifte ihn öfters der Gedanke, wie es gewesen wäre, wenn …
    Aber diese Überlegungen waren müßig. Die Tochter des Jakob Hagenbusch hatte sich inzwischen gottlob gut erholt, wie er durch einen Brief von Vater Ambrosius wusste. Dieser wiederum hatte auf Umwegen eine Nachricht von seiner Schwester Adelheid aus einem Kloster in Frankreich erhalten.
    Niemand vermochte vorherzusagen, wie lange die jungen Frauen noch in der Fremde zubringen mussten. Und er war mittlerweile ein verheirateter Mann und bald Vater.
    ›Außerdem wäre das Helen nicht standesgemäß, und Ferfried würde vor Kummer sterben, käme es zu einer solchen Mesalliance‹, beruhigte Hasso sein schlechtes Gewissen. ›Schluss mit den trüben Gedanken‹, schalt er sich dann selbst und bedauerte im Stillen die werdende Mutter, die sich auch in ihrem Elternhaus nicht mehr verstanden fühlte, wie sie ihm in ihrem letzten Brief mitgeteilt hatte.
    »Stellt Euch vor, mon Cher (nach französischer Sitte duzte sie ihn nicht, wie es früher in deutschen Landen bei Ehepartnern Usus gewesen war), mon Père, der Herzog von Württemberg, hat mich doch tatsächlich vor seinen gesamten Hofschranzen zurechtgewiesen, weil ich es gewagt habe, auf diesen dummen Krieg zu schimpfen, der mich der Gegenwart und der Liebe meines Ehegatten beraubt. Der Herzog steht voll auf Seiten des Kaisers und seiner katholischen Liga und lässt nicht das kleinste bisschen Kritik an der Politik Ferdinands und Maximilians gelten. Alle stimmten mon Père zu, auch meine Maman. Aber das tun sie nur ihm zu Gefallen, insgeheim sind alle allmählich erbittert über den Verlauf dieser jahrzehntelangen Auseinandersetzung, deren Ende immer noch nicht abzusehen ist.
    Ich habe schrecklich geweint, als mon Père so barsch zu mir war, und konnte zwei Tage mein Gemach nicht verlassen, weil ich vor Kummer très malade geworden war.«
    Hasso konnte sich die Szene lebhaft vorstellen: Seine süße, kleine Frau verstand es meisterhaft, im richtigen Augenblick Tränen zu vergießen und die Kranke zu spielen, sollte etwas nicht nach ihrem Kopf gehen.
    Dass an Württembergs Herzogshof die Meinung und der Wille des Kaisers so hoch gehalten wurden, hatte durchaus einen realen Grund. Die Nachfahren Ulrichs, des einstigen Herzogs von Württemberg im 16. Jahrhundert, hatten die Schmach ihres Ahnherrn noch nicht vergessen: Im Jahre 1516 hatte man diesen geächtet und drei Jahre später hatte ihn der Schwäbische Bund vertrieben. So irrte der »rote Utz« umher, bis er schließlich anno 1534 erneut in seinem geliebten Herzogtum – nun allerdings österreichisches Lehen – wieder als Herrscher eingesetzt wurde.
    Seither waren erst knapp einhundert Jahre vergangen, und der nunmehrige Herzog befleißigte sich eines ganz besonderen Gehorsams gegenüber seinem Kaiser …
    Hasso musste grinsen. Kein Wunder, dass Giselas Vater es nicht duldete, dass seine vorlaute Tochter in aller Öffentlichkeit den Habsburger und dessen Politik zu tadeln wagte.

KAPITEL 80
    DIE BEHÖRDEN FÜHLTEN SICH DÜPIERT. Es musste doch wirklich mit dem Teufel zugehen, dass man dieser verflixten Familie nicht beikommen konnte. Wo es doch so offensichtlich auf der Hand lag, dass diese Bande mit bösen Mächten im Bunde war.
    Sogar den aus Wien angereisten Beamten war es bisher nicht gelungen, diesen Hagenbuschs den Garaus zu machen.
    »Schlüpfrig wie Aale sind sie alle miteinander«, schimpfte Bertold Munzinger. »Kaum denkst du, du hast sie fest gepackt, schon entwischen sie dir wieder. Mir als Richter hat der elende Prozess gegen diese Hexe Helene voll und ganz gereicht. Kurz vor ihrer Hinrichtung ist das impertinente Stück einfach ›verloren gegangen‹. Herrgott, wo gibt’s denn so was? Und mit ihr noch zwei andere verurteilte, alte Hexenweiber, samt der Begleitmannschaft von sechs gestandenen Männern. Ich kann’s heut noch nicht fassen.«
    Munzinger griff nach seinem Weinglas und spülte seinen Ärger hinunter. Angewidert verzog er dann das Gesicht und legte eine Hand auf seinen rebellierenden Magen. Immer wenn die Rede auf die Hagenbuschs kam, lief ihm die Galle über.
    »Eine seltsame Familie sind sie in der Tat«, gab der ehrenwerte Herr Maximilian Veigt, der Landvogt, zu. Auch ihm stank die renitente Sippschaft nachgerade. Nichts als Ärger bereitete einem das Pack. Aber er war stets um eine gelassene Haltung bemüht und unterließ derbe Beschimpfungen. Munzinger

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