Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
Vom Netzwerk:
hingegen machte aus seinem Herzen keine Mördergrube:
    »Aufhängen, rädern, vierteilen und danach einäschern sollte man die ganze Bande«, geiferte er.
    Seine Wut war nachvollziehbar. Erst die Blamage mit dem wie vom Erdboden verschluckten Helen und dann entzieht sich Georg, der Bruder der Bauerndirne, ebenfalls durch Flucht der irdischen Gerechtigkeit.
    »Ich lass mich rösten, wenn dieser Saukerl nicht bei der Entführung seiner Schwester mitgewirkt hat«, sagte mürrisch der Richter Munzinger.
    »Selbstredend«, pflichtete ihm Veigt bei, »und genauso sicher hatte der Bursche seine Hände bei der Ermordung von Martin Scheible im Spiel. Da verwette ich meinen Kopf. Aber was nützt es uns, wenn wir den Verdächtigen nicht zu fassen kriegen?«
    Trübsinnig schüttelte Munzinger den Kopf. »Jemand muss den Hund gewarnt haben. Anders ist es gar nicht denkbar, dass er uns entwischt ist. Aber irgendwann …«
    »Ja, ja. Irgendwann.« Unwirsch stieß Maximilian Veigt Rauchwolken aus einer langen Pfeife aus. Seit Neuestem gönnte er sich zum Feierabend dieses Vergnügen.
    Bertold Munzinger wedelte angeekelt die Schwaden vor seinem Gesicht fort. »Ich glaube aber, dass wir diesmal mehr Glück haben werden«, sagte er dann geheimnisvoll und schaute voller Erwartung auf sein blasiertes Gegenüber.
    »So? Womit denn?« Der Landvogt war nun doch neugierig geworden.
    »Wir haben vor neun Tagen die transusige Ehefrau vom Jakob Hagenbusch festgesetzt. Sie hockt jetzt genau da, wo vor einigen Monaten ihre Tochter geschwitzt hat.« Triumphierend blickte Munzinger auf Maximilian Veigt.
    »Unter welcher Anklage denn?«, wollte Letzterer wissen.
    »Es liegt doch auf der Hand, dass, wenn die Tochter eine Hex ist, auch die Mutter eine sein muss, oder?«, war die logische Schlussfolgerung des Richters.
    »Nun ja, nicht unbedingt. Im Hexenhammer steht …«
    »Ich weiß, was da drinsteht«, unterbrach ihn unhöflich der andere, »aber wir haben stichhaltige Beweise, dass die Alte …«
    »Hört mir auf mit stichhaltigen Beweisen. Das sagt Ihr immer. Und wenn’s darauf ankommt, entpuppen sich diese sogenannten Beweise als Luftblasen, als dummes Geschwätz irgendwelcher Halbidioten oder als neidisches Gewäsch von missgünstigen, alten Vetteln. Herrgott, Munzinger, immer wieder fallt Ihr darauf herein. Obwohl Ihr doch genau wisst, dass von Straßburg herüber ein etwas anderer Wind weht, seit Eurem grandiosen Prozess gegen diese Helene. Nicht nur ihre unerklärliche Flucht, auch das ganze Verfahren gegen sie hat gewaltigen Staub aufgewirbelt. Eure sogenannten Zeugen sind doch damals reihenweise schon zu Beginn des Gerichtsverfahrens umgefallen. Zum Schluss hattet Ihr gerade noch zwei alte, zerschundene Weiblein, die durch die Folter schon mehr tot als lebendig waren und die gewiss nimmer recht gewusst haben, was sie eigentlich angerichtet haben.«
    »Ha, das klingt ja gerade so, als zweifeltet Ihr an der Rechtmäßigkeit meiner Prozessführung. Dagegen muss ich mich energisch verwahren.« Der Munzinger schnappte nach Luft. Er war bereits hochrot im Gesicht geworden.
    Aber der Veigt winkte lässig ab. »Beruhigt Euch, mein Lieber. Ich weiß, dass Ihr Euch genau an den Hexenhammer haltet, aber gesteht mir einmal ganz ehrlich: Habt Ihr nicht manchmal selber das Gefühl, dass das ganze Zeug total veraltet und verstaubt ist?«
    Der Richter schien kurz vor einem Schlagfluss zu stehen, aber ehe er sich gefangen hatte, legte der Veigt voll Bosheit noch ein Scheit nach. »Ich muss mich allerdings sehr wundern, dass Ihr anscheinend über die neueste Situation gar nicht auf dem Laufenden zu sein scheint. Wisst Ihr denn wirklich nicht, was im Gefängnis Eurer Zuständigkeit, nämlich im Kerker zu Ortenburg, vor sich geht?«
    »Was soll denn da vor sich gehen, wovon ich keine Kenntnis hätte?«, fragte hochnäsig der Munzinger.
    Maximilian Veigt lehnte sich gemächlich zurück, legte seine Pfeife aus der Hand und hob theatralisch die Hände zum Himmel, respektive zur Zimmerdecke.
    »Eure Gefangene, Walburga Hagenbusch, Ehefrau des ehemaligen Schultheißen Jakob Hagenbusch, ist bereits am Tag nach ihrer Festnahme, also schon vor acht Tagen, in aller Herrgottsfrühe nach Hause entlassen worden.«
    Gespannt blickte er auf seinen Gesprächspartner. Der Munzinger sprang auf, als hätte ihn eine giftige Kröte gebissen und schrie: »Was? Entlassen? Diese alte Hex? Das kann nicht sein.«
    »Beruhigt Euch, mein Lieber«, ermahnte ihn sein Gegenüber erneut.

Weitere Kostenlose Bücher