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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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richtig, Tochter«, brummte Jakob. »Der Bub ist dein Halbbruder und wird einmal den Hof und das ganze Sach hier übernehmen.«
    Helene war perplex.
    »Aber, Vater«, wollte sie beginnen, doch da mischte sich das Walburga ein.
    »Lass nur gut sein, Helen, das hat schon alles seine Richtigkeit. Das Jaköble ist ein braver Sohn und wenn er auch nicht mein eigen Fleisch und Blut ist, lieb ich ihn doch genauso wie den Georg.«
    »Aber, wo, um Himmels willen, ist mein Bruder? Er kann doch nicht mehr in Ungarn sein, um Pferde für den Krieg einzuhandeln. Ich war schon ganz beleidigt, dass mich der Georg noch nicht begrüßt hat. Seine Freunde haben mir gesagt, er hätte was ganz Wichtiges zu erledigen.«
    »Setzen wir uns erst einmal alle«, bat das Walburga und führte die Tochter in die Wohnstube.
    »Gut siehst du aus, Mutter«, flüsterte dabei das Mädchen und drückte den Arm der Älteren. »Viel jünger und gesünder als zu der Zeit, als ich fliehen musste.«
    Jakob hatte es gehört und lachte. »Ja, wir alle, nicht nur mein Weib, fühlen uns auch viel wohler, und das hat auch einen ganz besonderen Grund, Tochter.«
     
     
    An jenem Nachmittag redeten die Familienmitglieder stundenlang über Altes und Neues, über sehr Schlimmes aus der Vergangenheit und über das hoffentlich Gute, das auf die Hagenbuschs in naher Zukunft zukommen würde.
    Besonders ihr Zertifikat aus der holländischen Stadt Oudewater machte auf alle einen enormen Eindruck.
    »Davon hab ich vorher noch nie etwas gehört«, staunte kopfschüttelnd der Bauer, und ihr Halbbruder, das Jaköble, fasste die Urkunde ganz vorsichtig mit spitzen Fingern an und bewunderte die vielen Wachssiegel, die darauf angebracht waren.
    »Ich kann es einfach noch nicht fassen, was sich in der kurzen Zeit hier im Land alles ereignet hat, wovon ich überhaupt nichts wusste«, staunte Helene am Schluss, aber sie strahlte dabei vor Zufriedenheit.
    »Dass sich Georg entschlossen hat, in Ungarn zu bleiben und dort Schlachtrösser, Ackergäule sowie Rennpferde zu züchten, davon haben wir auch erst neulich erfahren«, sagte Jakob.
    »Sein Freund, unser ehemaliger Knecht Matthis, ein äußerst zuverlässiger und kluger Mann, übernimmt die Überführung der Tiere ins Deutsche Reich und kümmert sich um den Verkauf. Und Georg hat sich inzwischen mit geliehenem Geld eine eigene Pferdezucht nördlich der Stadt Ofen errichtet, außerhalb des türkischen Einflussbereichs. Er beschäftigt bereits an die einhundert Leute auf seinem Gut, und es geht ihm prächtig. Der Bedarf an Pferden für den Krieg ist nach wie vor enorm.«
    »Es war sein Vorschlag, das Jaköble an seine Stelle auf den Hof zu setzen, und ich bin damit einverstanden, denn der Bub zeichnet sich aus durch Fleiß, Verantwortungsgefühl und Liebe zur Bauernarbeit«, warf die Mutter ein und lächelte stolz und liebevoll zugleich ihren Stiefsohn an.
    Helene wunderte sich erneut über die Selbstsicherheit und Gelassenheit dieser früher so scheuen Frau, die so gar kein Selbstbewusstsein besessen hatte. Auch Walburga war gereift: Hatte sie doch ohne kleinliches Murren den »Bankert« ihres Mannes und einer Magd als Sohn und Erben anerkannt.
    Vom eigentlichen Paukenschlag aber hatten die Hagenbuschs noch eisern geschwiegen …
     
     
    Diese Nacht hatte das Helen nach Jahren wieder in ihrer kleinen Kammer in ihrem alten Bett geschlafen, und obwohl die Decken rau und die Matratze bloß mit Stroh gefüllt war und durch den groben Leinenstoff des Kopfkissens die Federkiele ganz erbärmlich stachen, kam es ihr so vor, als hätte sie noch nie so selig geschlummert.
    Am Morgen erschien Adelheid auf Bella, ihrer Lieblingsstute, die ihre junge Herrin mit freudigem Wiehern begrüßt hatte, um die Eltern ihrer Leni zu begrüßen. Vor allem Walburga war ganz gerührt, als sie endlich dazukam, der Lebensretterin ihres Kindes die Hand zu küssen.
    »Sie weiß noch nix«, wisperte die ältliche Bäuerin der Comtesse heimlich ins Ohr, und diese nickte zufrieden.
    So war es recht: Alles musste erst tatsächlich seine Ordnung haben, ehe man mit der großen Neuigkeit herausrücken konnte. Es gab noch so vieles, was erledigt werden musste, ehe man mit der leidigen Vergangenheit endgültig abschließen konnte.
    Und dazu gehörte auch ein Besuch des Grafen Ferfried in der Stadt Freiburg, wo er den hochwürdigen, geistlichen Herrn, Propst des ehrwürdigen Münsters, Damian Rothaus, aufzusuchen gedachte. Allein.
    Er würde ihm in Ruhe alles

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