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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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zweckmäßig eingerichteten Räume. Adelheid musste zugeben, dass ihr Gemahl wieder einmal recht gehabt hatte, diesen letzten Aufenthalt vor dem Ziel einzulegen.
    Sie und Helene genossen einen Spaziergang durch die einigermaßen vertraute Stadt, lauschten mit Vergnügen der heimischen Sprache und beide freuten sich, am nächsten Tag, einem Sonntag, die Messe im herrlichen Freiburger Münster besuchen zu können.
    Hätten sie allerdings gewusst, was sie dort erwartete, hätten sie wohl davon Abstand genommen und Messe Messe sein lassen …
    Madame de Grandbois betrat am Arm ihres Gemahls, beide nobel gekleidet, wie es sich für Edelleute beim Kirchgang gehörte – mit Zobelfellstreifen an Gewandsäumen und Ärmeln trotz der sommerlichen Hitze, geschmückt mit Ringen und Ketten -, den ehrwürdigen, gotischen Bau.
    Dicht dahinter schritt Helene Hagenbusch, auch sie ein wunderschöner Anblick in einem kostbar bestickten Gewand aus himmelblauer Seide, welches mit dem Blau ihrer großen, strahlenden Augen korrespondierte.
    Als unverheiratete Frau trug sie ihr goldenes Haar offen über die Schultern fallend, während Adelheid ihre glänzend schwarzen Flechten unter eine hohe, spitze und rote, zum Kleid passende Haube gesteckt hatte. Monsieur Bernard hatte seinen schwarzen, breitkrempigen Hut mit den weißen Reiherfedern unter den Arm geklemmt.
    Den dreien folgten die herausgeputzten Pagen, die Knappen sowie die Edelknechte und schließlich noch die Dienerschaft. Die wenigen Schritte vom Gasthof zum Münster war man zu Fuß gegangen, und der glänzende Zug erregte einiges Aufsehen bei der Freiburger Bevölkerung.
    Eilends war ein Kirchendiener herbeigewieselt, der die Aufgabe hatte, die erlauchten Herrschaften katzbuckelnd in die vorderste Reihe der wenigen Sitzbänke im Münster, zu dirigieren. Die übrigen Plätze waren bereits mit den Honoratioren der Stadt besetzt, die sich die Hälse nach den Neuankömmlingen verrenkten.
    Kaum hatten Bernard, Adelheid und Helene Platz genommen, verstummte das Geläut der Glocken und erwartungsvolle Stille breitete sich im Kirchenschiff aus, das mit einfachem Volk angefüllt war, das, wie üblich, im Münster stehend der Messe beiwohnte.
    Plötzlich war Schellenklang zu hören. Er stammte von vier jungen Ministranten, die aus der seitlichen Sakristeitür traten und ihre kleinen, silbernen Klanginstrumente in der Hand bewegten.
    Ihnen folgte ein in ein prächtiges Messgewand gehüllter Priester, der den vergoldeten, reich mit Edelsteinen verzierten Abendmahlskelch in Brusthöhe hielt. Gemessen schritt der hagere, etwa mittelgroße, grauhaarige Mann mit gesenktem Blick zum Hauptaltar. Von den Gläubigen konnte nur sein Profil gesehen werden. Aber das genügte.
    Wie von einem giftigen Skorpion gestochen sprang Helene Hagenbusch auf und schrie mit sich überschlagender Stimme »Teufel!«
    Dann sank sie besinnungslos zu Boden.
    Der Geistliche hatte beim Aufschrei der jungen Frau erschreckt sein Gesicht den Gemeindemitgliedern im Kirchenschiff zugewandt – wobei die Distanz beträchtlich war, denn der Altarraum des Münsters war nur für die Geistlichkeit und die Mönche und Nonnen der Stadt bestimmt, während die Laien im Kirchenschiff der Messe beiwohnten.
    So konnte auch nur den geweihten Personen auffallen, dass der Dompropst, Monsignore Damian Rothaus, leichenblass geworden war, ehe er sich erneut umwandte und zum Altar weiterschritt, als wäre nichts geschehen. Die heilige Zeremonie begann.
    Helene verfügte über scharfe Augen, und diesen Menschen hätte sie unter Tausenden wiedererkannt und wäre er noch so weit von ihr entfernt gewesen: Sein Schritt, seine Körperhaltung, die Neigung seines Kopfes – alles an diesem Ungeheuer war ihr vertraut.
    Wie sehr hatte sie GOTT angefleht, diesem Unmenschen nie mehr in ihrem Leben begegnen zu müssen! Und nun, kaum hatte sie ihren Fuß in die alte, vertraute Heimat gesetzt, wurde sie mit diesem Satan in Menschengestalt konfrontiert.
    Jules Ravin, Ursulas Mann, und noch ein Diener des Comte hatten die junge Frau aufgehoben und die bereits wieder aus ihrer Ohnmacht Erwachte nach draußen getragen.
    Adelheid und eine Dame ihres Gefolges eilten hinterdrein, um sich um Helene zu bemühen. Die Männer hatten die bleiche, junge Frau auf einen umgestülpten Wasserkübel gesetzt. Ein Halbwüchsiger hatte ihn – gefüllt mit Spülwasser – aus einem Wohnhaus nahe dem Münster geschleppt, um ihn in eines der zahlreichen »Bächle« zu leeren, welche

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