Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
Vom Netzwerk:
die Freundin der jungen Gräfin aussagen lassen – und alles nur, weil der Schlossvogt ihm geschworen hatte, Graf Ferfried wünsche den Schultheiß Hagenbusch wegen einer Silbermine zu übertölpeln.
    Würde man dessen Tochter Helene die Hölle heißmachen, wäre dies der beste und schnellste Weg dazu, weil der Jakob das Mädel über alles liebe. Der Schultheiß würde sofort klein beigeben und die Geschichte mit dem Helen wäre im Nu ausgestanden, weil dann alle Zeugen »umfallen« und behaupten würden, sie hätten sich getäuscht.
    Der Verwalter von Ruhfeld, Anselm von Waldnau, ergriff jetzt das Wort: »Euer Ehren, habt doch ein Einsehen mit meiner Situation. Der Graf ist mein Gebieter. Was hätte ich denn tun sollen? Mein Herr hat verlangt, dass ich den Jakob Hagenbusch in die Knie zwinge – und das möglichst rasch. Und da hatte ich den unseligen Einfall, ein paar Leute zu finden, die unter Umständen bereit wären, gewisse Angaben …«
    »Was?«, brüllte der Munzinger, »Ihr wollt mir doch nicht etwa zu verstehen geben, dass Ihr die Zeugen bestochen habt?«
    Der von Waldnau geriet ins Stottern. »Nein! Ja. Nein, nicht so direkt, wie Ihr das ausdrückt. Es war eher ein …«
    »Das wird ja immer schöner. Haltet Ihr das Gericht zum Narren? Und weil jetzt Euer Herr wieder anderen Sinnes ist, sollen wir die Gesetze aushebeln? Das kommt nicht infrage. Wie Ihr mit Eurem Herrn, dem Grafen Ruhfeld zurechtkommt, ist Eure Sache. Mein Gebieter ist er nicht – das ist der hochwürdige Herr Bischof Leopold von Straßburg. Und nur ihm allein bin ich verantwortlich.«
    Anselm von Waldnau – sonst nicht leicht um Worte verlegen – war jetzt eingeschüchtert und hielt den Mund. Maximilian Veigt, Herr der Landvogtei der Ortenau und damit quasi der Stellvertreter des Bischofs, hatte bis jetzt geschwiegen. Nun räusperte er sich und meldete sich dann gleichfalls zu Wort.
    »Wir wollen nichts übereilen, meine Herren. In Anbetracht der Brisanz des Falles, heißt es gut überlegen.« Und mit schlauem Blick fuhr er fort: »Ohne fremde Ohren, ganz unter uns: Die Zeugen sind gekauft und haben gelogen. Das Mädchen ist unschuldig. Der Graf seinerseits signalisiert Rückzug. Wie er sich mit dem Hagenbusch einigt, geht uns nichts an. Ergo: Wir lassen am besten die Sache im Sande verlaufen, und nach einer gewissen Frist, innerhalb der das Gericht behauptet, Beweise und Gegenbeweise zu sammeln, lassen wir die Jungfer ohne Aufsehen wieder gehen. Dann hat die Geschichte ein Ende.«
    »Bravo, Herr Landvogt; das ist ein Vorschlag zur Güte«, rief der Pfarrer, und auch der von Waldnau nickte erleichtert.
    »Nichts da. Kommt gar nicht infrage«, wehrte vehement der Munzinger ab. »Ob man den Zeugen für ihre Aussagen Geld geboten hat, ist für mich nicht von Belang. Und ob sie alle fünf gelogen haben, bezweifle ich doch sehr. Aber auch das wird das Gericht herausfinden. Wir lassen sie alle foltern und dann werden wir ja sehen, ob sie die Wahrheit gesagt haben oder nicht.«
    »Ach, du lieber Himmel«, entfuhr es unbedacht dem gräflichen Vogt, »unter der Folter werden die Kerle und die Weiber alles sagen, was Ihr hören wollt.«
    »Was wollt Ihr denn damit andeuten, mein Guter?« Unheil verkündend richtete der Oberste Richter seinen giftigen Blick auf den Schlossvogt. Der wurde ganz grün im Gesicht und wusste nicht, was er antworten sollte.
    »Ni… ni… nichts«, stotterte der nach einer Weile.
    Zum Glück sprang ihm der Pfarrer bei. »Herr Anselm wollte niemandem etwas unterstellen und keinen beleidigen. Er hat nur sagen wollen, dass das ganze Prozedere mit dem Befragen und dem Torquieren unnötig ist, wenn wir doch wissen, dass die angeblichen Zeugen gar nichts gesehen haben.«
    »Ja, das stimmt, das wollte ich sagen«, beeilte sich der Schlossvogt zu bestätigen, aber der Munzinger achtete nicht mehr auf ihn.
    »Gar nichts weiß ich, meine Herren, außer dem, was ich zu Anfang gesagt habe. Der Prozess ist im Übrigen bereits eröffnet. Ich kann also gar nicht mehr so tun, als wäre nichts. Nach meinem Dafürhalten ist die Hagenbusch eine Hexe, und eine ganz abgefeimte noch dazu. Ich bedaure, meine Herren, dass Ihr Euch ganz umsonst die Mühe Eures Erscheinens gemacht habt.«
    Damit war die Audienz beim Obersten Richter des »Malefizprozesses«, wie das Verfahren gegen Zauberer und Hexen allgemein genannt wurde, abrupt beendet. Wie getadelte Schuljungen machten sich die drei Herren auf den Weg nach Hause, wobei der Landvogt ganz

Weitere Kostenlose Bücher