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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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erinnern, das den Tod eines Neugeborenen auf unserem Hof zur Folge hatte. Alle unsere Mägde gebären im Allgemeinen gesunde, kräftige Kinder.«
    Unter den Richtern entstand beträchtlicher Tumult, den der wütende Munzinger damit beendete, dass er das Verfahren für diesen Tag beendete und Helene zurück in den Kerker bringen ließ.

KAPITEL 26
    »NA, DANN WOLLEN WIR HEUTE mit GOTTES Hilfe und Beistand den zweiten Grad der Tortur bei dir anwenden. Möge er dich bewegen, deine gotteslästerlichen Untaten zuzugeben«, sagte der Scheible gelassen.
    Er verstand sein grausiges Handwerk und normalerweise genügte ein ein- bis zweimaliges »Aufziehen« der Delinquenten, um sie zu dem vom Gericht gewünschten Geständnis zu bewegen.
    Der Scheible band dem armen Mädchen grob die Arme hinter dem Rücken, der noch von den kürzlich erlittenen Rutenstreichen völlig zerschlagen und mit Blut verkrustet war, zusammen. Diese Fesselung allein war schon schmerzhaft genug.
    Der so gefesselte Körper Helenes wurde nun an einem Seil befestigt und an diesem frei in der Luft schwebend durch eine an der Decke des Gewölbes angebrachte Rolle auf- und niedergezogen.
    Dem Mund der Gemarterten entrang sich ein lautes Stöhnen, aber noch schrie sie nicht.
    »Seht Ihr, meine Herren Zeugen«, sagte der Henker zu den anwesenden Richtern, dem Mönch Pater Damian, der sein Stundenglas in der Hand hielt, sowie dem Schreiber, der alles genau aufzeichnete, »der Satan steht ihr bei. Solange seine Macht nicht gebrochen ist, fühlt sich die Hexe stark. Sie spürt die Schmerzen gar nicht – sonst tät sie schreien. Aber der Teufel hilft ihr.«
    Die Anwesenden bekreuzigten sich, manche blickten ein wenig furchtsam. Es war schon ein beängstigendes Gefühl, den Gottseibeiuns so dicht neben sich zu haben. Seine Gegenwart war deutlich in dem dunklen, muffig riechenden Kellergewölbe spürbar, dessen dicke Mauern den Gestank von Blut, Urin, Kot, Erbrochenem und Angstschweiß in alle Ewigkeit noch ausdünsten würden, mochten die Henkersknechte den Steinboden noch so häufig aufwischen.
    »Gibst du zu, dass du das ungetaufte Kind getötet hast, um es als Zutat zu deiner Hexensalbe zu missbrauchen, du Satansbraten?«
    Diese Frage stellte jetzt der Richter Ewald Winterling an die hilflos am Seil baumelnde »Hexe«. Helene antwortete nicht, nur ihr jetzt schwächer gewordenes Stöhnen war zu hören.
    Der Pater drehte die Sanduhr um und gab dem Scheible ein Zeichen, sein Opfer herunterzulassen. Aber die Qual war damit nicht vorbei, denn nun befestigten die Schergen des Henkers an jedem Fuß der jungen Frau ein Steingewicht von zwanzig Pfund. Dann zog der Scheible sie erneut empor.
    Diesmal ertrug Helene die Tortur nur schreiend. Das Gewicht zerrte derart unerträglich an ihrem Körper, dass sie das Gefühl hatte, sie würde auseinandergerissen. Und erneut stellte der Zeuge Winterling die Frage an sie, aber sie schrie nur: »Nein! Nein! Nein!«
    Dieses Leugnen richtete sich gegen die Berufsehre des Henkers. Martin Scheible sah es als Schimpf an, wenn er eine Angeklagte ohne Geständnis aus seinen Händen entlassen sollte, »so als ob ich meine Kunst und mein Handwerk nicht ordentlich gelernt hätte, dass es mir nicht gelingt, einem schwachen, armseligen Weib das Maul zu öffnen«.
    Diese Angst hatte er des Öfteren seinen Gehilfen anvertraut, denn er wusste nur zu gut, dass auf den Geständnissen allein die sogenannte Rechtsprechung beruhte. Ohne dieses Geständnis konnte keine Frau als Hexe verurteilt werden – so lautete der Grundsatz im Hexenhammer. Ihm entsprach als Erzwingungsmittel die Folter.
    Sollte Helene Hagenbusch nach dreimaliger Tortur noch immer nicht gestanden haben, müsste man sie laufen lassen, und das bedeutete Schande für den unfähigen Henker. Man betrachtete die Tortur als »ein von Dämonen befreiendes Mittel«. Je länger ein Weib leugnete, desto sicherer war erwiesen, dass der Teufel in ihm steckte. Der Satan machte es gegen Schmerzen unempfindlich, so wie er auch eine Hexe am Weinen hinderte.
    »Eigentlich tue ich dir nur einen Gefallen, Hexenbrut, wenn ich dich aufziehe. Das treibt dir den Teufel aus dem Leib«, sagte der Scheible, als er Helene wieder herunter- und dann mit Schwung zur Decke hinaufschnellen ließ, wobei dieses Mal Helenes Oberarmknochen aus den Gelenkpfannen sprangen.
    Sie stieß einen markerschütternden Schrei aus und fiel in eine gnädige Ohnmacht.
    Der Scheible ließ die Bewusstlose so schnell herab, dass sie

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