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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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dich dann an eine aufgerichtete Leiter binden, in deren Mitte der gespickte Hase angebracht ist, worauf dein Rücken zu liegen käme. Er würde dich über diese Sprossen mit den spitz hervorstehenden Hölzern emporziehen und dich ausspannen, bis deine Arme über dem Kopfe stehen und möglicherweise ausgerenkt werden, wenn er deinen Körper öfter unversehens herabschnellen lässt und ihn dann wieder hochzieht.
    Gestehst du dann noch nicht, hängt man dir schwere Gewichte an die großen Zehen und lässt dich eine Stunde oder auch länger hängen, um dich recht ordentlich zu recken.
    Da du dich ja so klug und gebildet dünkst, darf ich dir verraten, was in der Carolina, der peinlichen Gerichtsordnung unseres großen ehemaligen Kaisers, Karl V., steht: ›Es soll der hartnäckige Inquisit – das heißt der Befragte – also auseinandergezogen werden, dass man durch seinen Bauch ein Licht scheinen sieht, das hinter ihm gehalten wird.‹
    Du siehst also, dass das Gericht durchaus noch verschiedene Möglichkeiten hat, um dich zu einem Geständnis zu bringen. Aber so weit muss es ja nicht kommen, wenn du endlich einsichtig bist und dich von Satans Einflüsterungen frei machst. Es wäre nur zu deinem Besten.«
    »Eure Besorgnis um mich ehrt Euch, Ehrenwerter Oberster Richter«, antwortete ihm Helene ruhig, »aber ich kann doch nicht lügen und behaupten, so fürchterliche Dinge getan zu haben, wenn es nicht der Wahrheit entspricht. Und nur, weil Ihr diesen Unfug aus mir habt herausfoltern lassen.«
    »Verflucht sollst du sein, du elendes Hexengeschmeiß!«, schrie Munzinger erbost, weil er sein Vorhaben, diesen Malefizprozess endlich zum Abschluss zu bringen, dahinschwinden sah.
    Er hatte seine Spione überall, und ihnen war nicht entgangen, dass der junge Graf von Ruhfeld dabei war, eine kleine Armee von Söldnern zusammenzustellen – angeblich wegen der Gefahr eines schwedischen Angriffs.
    Das mochte ja seine Richtigkeit haben, aber diese gekauften Soldaten würden auch nicht davor zurückschrecken, eine Eingekerkerte aus ihrem Turm zu befreien oder sogar sich erdreisten, das Gericht anzugreifen.
    Und die Gräfin Adelheid – nach seinem Dafürhalten nicht viel besser als ihre liebe Freundin – hatte schon vor Tagen einen Appell an das kaiserliche Reichskammergericht in Wetzlar gerichtet, worin sich das Edelfräulein allein über das Stattfinden dieses Prozesses beschwerte, da dieser ihrer Ansicht nach, »völlig an den Haaren herbeigezogen sei«. Eine bodenlose Frechheit.
    Berthold Munzinger hasste dieses anmaßende Frauenzimmer mittlerweile. Die Gräfin war renitent, aufsässig, intelligent und gebildet – eine für Weiber höchst gefährliche Mischung. Aber vielleicht würde er sogar Adelheid von Ruhfeld eines Tages vor die Schranken des Gerichtes zitieren können …
    Im Augenblick sah er leider keine Möglichkeit dazu. Außerdem müsste ihr Vater jeden Tag aus Bayern zurückkommen – und mit dem Alten wollte er sich nicht anlegen.
    Graf Ferfried schätzte im Allgemeinen seine Ruhe, aber wehe, er wurde gereizt. Dann ging er drauflos wie ein wilder Löwe. Und jedermann wusste, wie sehr er seine schöne Tochter liebte.
    Zum Glück für Munzinger ließen sich die rechtskundigen Herren vom Reichskammergericht stets viel Zeit. Bis dort eine Eingabe behandelt wurde, dauerte es eine Ewigkeit, und allzu lange würde die Hagenbusch, dieses teuflische Luder, die Tortur nicht mehr durchstehen, das glaubte er zumindest.
    »Vielleicht sollte Meister Scheible das Hexenmensch gleich auf den Hacker’schen Stuhl setzen. Diese Methode bewirkt in aller Regel ein rasches Eingeständnis der Inquisiten, dass sie mit dem Teufel paktiert haben«, schlug einer der beisitzenden Richter vor.
    Der Vorschlag wurde mit lebhaftem Kopfnicken der Herren am Richtertisch und zustimmendem Gemurmel im Saal quittiert. Lauernd betrachtete der Stabträger das vor ihm stehende, armselige Geschöpf.
    Nichts war mehr von dessen einstiger Attraktivität geblieben. Die Achtzehnjährige schien innerhalb weniger Tage um Jahrzehnte gealtert: Der kahle Schädel, der noch die Spuren des schartigen Schermessers trug, die riesigen Augen mit den dunklen Schatten darunter, die blauen Flecken im hohlwangigen Gesicht und an den zerschrammten Armen, die abgemagert aus dem schmuddeligen Hemd herausragten – einer davon gebrochen seit dem Sturz auf das Pflaster im Folterkeller -, sowie die Kratzer und die blutigen Striemen auf den Beinen, soweit man sie unter dem

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