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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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leidenschaftliche Liebe zu dem Mädchen erloschen war, fühlte er sich für sie verantwortlich und hatte bei seinem Vater dafür plädiert, sie zu begleiten.
    »Nein, mein Sohn, das kommt nicht infrage«, hatte Ferfried nachdrücklich gesagt, und dabei war er geblieben. »Wie stellst du dir das vor? Es wird Jahre dauern, bis Gras über die Sache gewachsen ist.
    Willst du so lange von Land und Schloss fernbleiben? Wenn ich nicht mehr bin, bist du mein Nachfolger, und selbst wenn ich noch länger lebe, wirst du mithelfen müssen, den schwedischen Teufel von unseren Grenzen abzuhalten. Du musst bleiben, mein Sohn. Außerdem würde deine Flucht jedem verraten, dass du hinter der Befreiungsaktion gesteckt hast. Dass meine Tochter nicht mehr da ist, lässt sich damit begründen, dass sie angeblich zu einer Verwandten ihrer Mutter nach Norditalien gereist ist, wo sie an deren Hof den letzten Schliff einer edlen Dame erhalten soll.«
    Diesen Argumenten hatte sich der junge Edelmann schließlich gebeugt, auch wenn er sich, wie sein Vater, berechtigte Sorgen um Adelheid machte.

KAPITEL 39
    KAUM HATTE ADELHEID MIT IHRER kleinen Reisegruppe die Grenze jenseits des Rheins überschritten, wurden sie ständig überwacht.
    Niemand belästigte sie, aber immer schien eine Eskorte in der Nähe zu sein, die jeden einzelnen ihrer Schritte sorgsam beobachtete.
    Sie kamen gut voran, die Gegend glich ihrer Heimat und so ließ wenigstens die Landschaft kein Gefühl von Heimweh aufkommen.
    Vor der prunkvollen Residenz des Bischofs wurden sie von Torwächtern angehalten, die sie nach ihrem Begehr fragten und ihre Papiere zu sehen wünschten, ehe man sie in den Hof des Palais einreiten ließ.
    Auch dort fielen sie scheinbar nicht auf. Es war fast so, als gehörten sie zu den Bewohnern des bischöflichen Palastes. Das war einerseits angenehm, aber es brachte sie auch nicht weiter, daher hielt Wilhelm von Kirchhofen einen der vielen livrierten Diener an und radebrechte in einem ziemlich fehlerhaften Französisch, denn diese Sprache wurde an allen Höfen Europas gesprochen.
    »Meine Herrin, Gräfin Adelheid von Ruhfeld, wünscht ihrem Oheim, dem hochwürdigsten Herrn Bischof, ihre Aufwartung zu machen.«
    Der Diener verneigte sich höflich vor der schönen, fremden Dame und bedeutete der kleinen Gruppe, ihm zu folgen. Ihrer Pferde nahm sich ein Stallbursche an, und Adelheid hoffte, dass er mit den edlen Tieren auch richtig umgehen könne.
    Als hätte er ihre Gedanken erraten, sagte der Diener lächelnd: »Keine Angst, Madame, wir verstehen uns hier auf diese kostbaren Geschöpfe. Seine Eminenz, Monseigneur Leopold, liebt Pferde über alles und besitzt selbst ein äußerst exquisites Gestüt!«
    Das beruhigte die Gräfin, obwohl ihr der Gedanke kam, dass hiermit ihre Flucht zu Ende war: Ohne Pferde würden sie nirgendwoanders mehr hingelangen … Doch dann sagte sie sich: Was soll’s? Wir wollten ja zum Bischof und nirgendwoanders hin.
    Im weitläufigen Palast durchquerten sie zahlreiche Räume und Gemächer, eines prunkvoller ausgestattet als das andere.
    Diese Habsburger verstehen zu leben, dachte Wilhelm, der die völlig teilnahmslose Helene trug; er sah seiner Herrin an, dass sie denselben Gedanken hegte. Ihre Zofe Ursula bekam den Mund beinahe nicht mehr zu vor lauter Staunen. Welcher Glanz, welche Pracht!
    Endlich machte der freundliche Diener in einem Raum halt, der ziemlich schäbig war.
    »Ich bitte Madame ergebenst, hier zu warten. Sofort wird sich jemand um Euch kümmern«, sagte der Mann und war gleich darauf wie vom Erdboden verschluckt.
    Adelheid war verblüfft: »Na, so was.« Sie stemmte die Arme in die Seiten und schaute sich um.
    »Das verheißt nichts Gutes, gnädiges Fräulein«, flüsterte Ursula und sah sich nach Wilhelm um. Der stand stocksteif mitten im Zimmer und trug noch immer das apathische Mädchen auf seinen Armen. Endlich legte er seine Last behutsam auf eine Chaiselongue und streckte seine allmählich lahm gewordenen Arme aus.
    Das Gemach glich eher einer Rumpelkammer denn einem Salon, in dem man eine Dame warten ließ. Außerdem herrschte ein diffuses Dämmerlicht, weil alle Fenster außer einem mit einem Holzladen verschlossen waren. Und die Möbel schienen willkürlich in das Zimmer zur Aufbewahrung hineingestopft worden zu sein.
    Die Luft roch muffig und überall lag Staub, wie man trotz des spärlichen Lichts erkennen konnte. An den Wänden klebten fleckige, zum Teil abgerissene Tapeten, und Bilder fehlten

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