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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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völlig.
    »Das ist eine glatte Unverschämtheit!«, rief die Gräfin empört, nachdem sie sich von ihrer unangenehmen Überraschung erholt hatte. »Erst führt man mich durch Prunkräume, um mich dann in diesem Rattenloch zu demütigen. Aber jetzt wissen wir wenigstens, welche Stellung wir bei meinem bischöflichen Verwandten einnehmen. Na warte.«
    Sie hatte einen Klingelzug entdeckt, mit dem man Domestiken herbeirufen konnte. Wie eine Wilde zerrte sie an dem Gurt, und in kürzester Zeit erschien eine ältere, schwarz gekleidete Dienstmagd mit weißer Schürze und einer großen, weißen Ballonmütze.
    Adelheid herrschte sie an: »Wo bleibt mein Oheim, der Bischof? Ist das eine Art, seine Verwandte willkommen zu heißen? In diesem düsteren Loch kann man vielleicht unbotmäßige oder faule Dienstboten einsperren, aber keine Gräfin von Ruhfeld. Ich verlange sofort in eine mir angemessene Suite gebracht zu werden. Außerdem, wo ist unser Gepäck? Wohl noch auf dem Hof? Was ist das hier bloß für eine schlampige Wirtschaft! Und will uns denn niemand endlich eine Erfrischung anbieten?«
    Adelheid war wütend. Sie hatte nicht damit gerechnet, herzlich aufgenommen zu werden, aber das war doch die Höhe. Und es entsprach gar nicht höfischer Sitte, eine Dame derart unliebenswürdig zu empfangen – mochte ihre Anwesenheit auch noch so unwillkommen sein.
    Die Dienerin entschuldigte sich wortreich, redete von einem bedauerlichen Versehen und versprach umgehend, für Abhilfe zu sorgen. Kaum hatte sie geendet, war sie ebenfalls verschwunden.
    Wieder geschah lange Zeit nichts, und Adelheid wurde immer zorniger. Zum Gefühl des Zorns gesellte sich das zunehmender Hilflosigkeit. Sie war auf die Barmherzigkeit dieses überheblichen Kirchenfürsten angewiesen, und das ließ er sie überdeutlich spüren.
    Endlich, als sie schon glaubte, man habe sie vergessen, wurde die Tür von einem jungen Mann im langen, schwarzen Priesterrock geöffnet. »Madame!«
    Der schlanke, dunkelhaarige Geistliche verbeugte sich in übertriebener Weise vor Adelheid, wobei sich sein glatt rasiertes, schmales Gesicht spöttisch verzog und seine ehrerbietige Haltung Lügen strafte. Dann blieb er vor der stocksteif dasitzenden und starr geradeaus blickenden Helene stehen, verbeugte sich wieder und sagte: »Madame la Comtesse! Euer geschätzter Vater hat Seiner Eminenz in einem Schreiben Euer Kommen angekündigt und wie ich sehe, habt Ihr Eure befremdliche Ankündigung wahr gemacht. Ihr bringt damit meinen Herrn in überaus große Verlegenheit, und ich …«
    Doch ehe er mit dieser wohl einstudierten Komödie fortfahren konnte, wurde er von Adelheid jäh unterbrochen. »Monsieur! Ich bin die Gräfin von Ruhfeld – wie Ihr im Übrigen sehr wohl bemerkt habt. Also lasst gefälligst das Theater! Als mein Besuch dem ehrenwerten Bischof angekündigt wurde, erfolgte von seiner Seite aus keinerlei Widerspruch. Ich durfte also mit Fug und Recht annehmen, meinem Oheim nicht allzu unwillkommen zu sein. Eine Einschätzung, die leider den Tatsachen nicht zu entsprechen scheint, wenn ich an den jämmerlichen Empfang denke, den man mir hier bereitet hat.«
    »Verzeiht, Madame. Das mag nicht an Eurer Person liegen. Monseigneur ist ein Herr, dem höfische Sitten durchaus geläufig sind und der jeder Dame gerne gefällig ist, aber Ihr seid leider nicht allein gekommen. Möglicherweise hat mein Herr keine Lust, sich durch dieses zweifelhafte Geschöpf in Eurer Begleitung kompromittieren zu lassen.«
    »Auch das kann und will ich nicht als Entschuldigung gelten lassen, Monsieur.«
    Adelheid hatte nicht vor, sich vor diesem Laffen in der schwarzseidenen Robe zu rechtfertigen. Eitler Geck, der sich Wangen und Lippen schminkt und das Gesicht mit zu viel Puder bestäubt, dachte sie angewidert. Das Gerücht scheint womöglich so falsch nicht, das auf die Vorlieben des Bischofs anspielt. Laut sagte sie jedoch: »Mein verehrter Oheim hätte genügend Zeit gehabt, meinem Vater abzusagen, wenn ihm irgendetwas an meiner Gegenwart oder meiner Begleitung nicht behagt haben sollte. Da das unterblieben ist, durfte ich davon ausgehen, dass mein Verwandter den Anstand haben würde, mich so zu begrüßen, wie es unter Angehörigen des Hochadels üblich ist.«
    Mit jedem Wort, das sie aussprach, war sie zorniger und lauter geworden. Jetzt funkelte sie den allzu üppig mit Duftwasser besprühten Immo von Werhahn wütend an.
    Der Kaplan war verblüfft, denn irgendwie nötigte ihm diese junge

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