Die Hexenjagd von Salem Falls
Wasser und Feuer seist du gebunden, wie ich es wünsche.«
Meg würde sich nicht mehr verletzen lassen. Und sie würde auch nicht zulassen, daß irgend jemand anders erneut verletzt wurde. Lügen waren nur so stark wie die Dummköpfe, die sie glaubten, und späte Einsicht, so wußte Meg, war immer noch besser als gar keine Einsicht.
Sie öffnete den Kreis, nahm den Spaten, den sie aus dem Schuppen geholt hatte, und vergrub die Puppe unter einem Hortensienstrauch. Darüber legte sie den schwersten Stein, den sie hatte herbeischleifen können. Und als die Puppe, die Gillian darstellte, sicher unter der Erde war, tätschelte Meg den kleinen Hügel zufrieden.
Während Matt Roy Peabody ins Kreuzverhör nahm, trat der Gerichtsdiener an den Tisch der Verteidigung und reichte Jordan einen Zettel. »Das darf doch wohl nicht wahr sein«, murmelte er und zerknüllte das Papier. Er wartete, bis der Staatsanwalt fertig war, und bat, an die Richterbank treten zu dürfen.
»Euer Ehren, könnten wir eine zehnminütige Pause einlegen?« fragte er.
»Sie hatten genug Zeit, um sich mit Ihrem Mandanten zu besprechen«, wandte Matt ein.
»Ich habe nicht vor, mit meinem Mandanten zu reden. Wenn es Sie glücklich macht, spielen Sie bei ihm den Babysitter.« Dann sagte Jordan zu der Richterin: »Es geht um eine persönliche Angelegenheit, Ma’am.«
Sie nickte, und Jordan durfte gehen. Er ging zu seinem Tisch, gab Selena ein Zeichen und eilte aus dem Saal.
Thomas wartete vor der Tür auf ihn. »Ich hoffe, du hast einen triftigen Grund«, sagte Jordan.
»Ich denke, ja.« Er hielt ihm ein Schulheft hin. »Das ist heute morgen mit der Post gekommen.«
Jordan blickte seinen Sohn aus funkelnden Augen an. »Und was ist so dringend daran, daß du mich mitten im Prozeß stören mußt?«
»›Buch der Schatten‹«, las Selena und nahm das Heft entgegen. »Als ich im Wiccan Read war, hab ich den Titel gelesen.«
»Wenn Starshine mir unbedingt ein Geschenk machen wollte, hätte sie mir einen Glücksbringer schicken sollen.«
»Ich glaube nicht, daß Starshine das geschickt hat, Jordan«, sagte Selena leise und zog das silberne Band heraus, das Thomas als Lesezeichen hineingesteckt hatte.
Jordan befingerte das Band. Dann nahm er Selena das Schulheft aus der Hand, blätterte es durch und überflog einige Passagen. Die letzte Seite fesselte seine Aufmerksamkeit.
Es war zwar kaum bekannt, aber zur Auffrischung ihrer Erinnerung durften Zeugen alles benutzen – einfach alles.
Jordan war so vertieft in den letzten Eintrag, daß er nicht mal aufblickte. Dann legte er bedächtig die Hand auf die Seite. »Von wem ist das?«
»Von einer guten Hexe«, sagte Thomas bedächtig.
Jack saß im Zeugenstand und beäugte seinen Gegner argwöhnisch.
Seinen Anwalt.
Zu Anfang hatte Jordan auf Jacks Aussage verzichten wollen, da er gemeinhin besser damit fuhr, für seine Mandanten zu sprechen. Aber seine Verteidigung stützte sich bislang auf eine Hexe, einen Toxikologen, eine Psychiaterin und Roy – und ihre Aussagen hatten das Ruder nicht herumreißen können. Jack war eloquent, adrett, gebildet – und auch wenn er Gillian Duncans Geschichte nicht widerlegen konnte, so würde er zumindest einen guten Eindruck machen.
Es war eine Ironie des Schicksals, daß ausgerechnet ein Vertreter der Zunft, in die Jack absolut kein Vertrauen mehr hatte, jetzt der einzige Mensch war, der ihm noch helfen konnte. Während er im Zeugenstand saß und Jordans Auftritt zuschaute – seine Handbewegungen, das kalkulierte Stirnrunzeln in Richtung Geschworenen –, dachte Jack, Sie sind alle gleich. Lügner, alle, wie sie da sind . Und er war überzeugt, daß er auch diesmal wieder von einem Anwalt ans Messer geliefert würde.
Werden Sie nicht aggressiv oder wütend, sonst denken die Geschworenen, Sie sind zu Gewalt fähig. Beantworten Sie einfach meine Fragen. Ich weiß, was ich tue, es ist schließlich mein Job . Aber davon war Jack ganz und gar nicht überzeugt. Er hatte das Gefühl, daß er am Rand einer Klippe stand und Jordan ihn von unten aufforderte zu springen, er werde ihn schon auffangen. Dabei war Jack noch immer grün und blau von seinem letzten Sturz.
Jordan beugte sich so dicht zu ihm vor, daß nur Jack seinen Ärger sehen konnte. »Verdammt, konzentrieren Sie sich«, zischte er. »Ohne Sie schaff ich das nicht.« Gleich darauf hatte er wieder eine gelassene Miene aufgesetzt und sagte: »Was passierte dann?«
Für einen Augenblick war Jack wieder dort,
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