Die Hexenjagd von Salem Falls
Dr. Dubonnet, »gilt die Faustregel, daß Jungen, die lügen, Verhaltensstörungen haben und Soziopathen werden … dagegen haben Mädchen, die lügen, eine Persönlichkeitsstörung und verhalten sich auf der zwischenmenschlichen Ebene manipulativ.«
»Danke«, sagte Jordan. »Keine weiteren Fragen.«
Matt stand augenblicklich auf. »Doctor, Sie haben nie mit Gillian Duncan gesprochen, nicht wahr?«
»Nein.«
»Sie haben lediglich die Berichte über ein neunjähriges Mädchen gelesen?«
»Ja.«
»Zu Ihrer Faustregel … Sie können nicht mit Sicherheit sagen, daß jeder Junge oder jedes Mädchen sich so entwickelt, oder? Sie geben hier lediglich eine ungefähre Prognose, wie sich Kinder unter bestimmten Voraussetzungen entwickeln könnten?«
»Das ist richtig.«
»Und Sie können nicht sagen, ob Gillian sich so entwickelt hat, nicht wahr?«
»Nein.«
»Stimmt es nicht, daß Gillian Duncan mit neun Jahren ihre Mutter verloren hat?«
»So lauten meine Informationen.«
»Und der Verlust ihrer Mutter war der Grund, warum sie in Therapie gekommen ist, richtig? Nicht, weil sie zwanghaft gelogen hat.«
»Ja.«
»Sie haben gesagt, Gillian sei Ihrer Meinung nach eine pathologische Lügnerin gewesen, weil sie über ein anderes Mädchen Gerüchte in die Welt gesetzt hat und dann alles geleugnet hat.«
»Unter anderem.«
Matt lächelte. »Verzeihen Sie, Doctor, aber als ich klein war, haben wir bloß gesagt, so was ist typisch Mädchen.«
»Einspruch!«
»Zurückgezogen«, sagte Matt. »Trifft es nicht zu, daß Mädchen so etwas mit Vorliebe machen? Jungen raufen sich, Mädchen verbreiten Gerüchte?«
»Einspruch«, rief Jordan erneut. »Ich möchte wissen, wann Mr. Houlihan sein Examen in klinischer Psychologie bestanden hat.«
»Zurückgezogen. Doctor, Sie haben ebenfalls erwähnt, daß Miss Duncan Ladendiebstahl begangen hat.«
»Das ist richtig.«
Matt drehte sich um und blickte Jack direkt in die Augen. »Kommt es nicht recht häufig vor, daß jemand, der eine Straftat begangen hat, seine Schuld bestreitet?«
»Na ja … oftmals …«
»Kommt es nicht recht häufig vor, daß jemand eine Straftat begangen hat und seine Schuld auch dann noch bestreitet, wenn die Indizien ihn mit der Tat in Verbindung bringen?«
»Ich – ich denke, ja.«
»Dann ist es also durchaus nicht ungewöhnlich, Doctor, daß jemand lügt, um seinen Hals aus der Schlinge zu ziehen?«
»Nein.«
»Ist deshalb jemand gleich ein pathologischer Lügner?«
Dr. Dubonnet seufzte. »Nicht unbedingt.«
Matt blickte die Zeugin an. »Keine weiteren Fragen.«
Er roch nach Schweiß und Blut. Sein Lächeln war süß, und Meg wäre jede Wette eingegangen, daß er keine Ahnung hatte, in was er da eben hineingeraten war. Ergeben drückte sie die Lippen auf seine Wange und verlor fast im selben Augenblick das Gleichgewicht. Sie fiel auf seinen Schoß, hörte ihn unter ihrem vollen Gewicht ächzen. »Alles in Ordnung?« fragte er und half ihr dann auf. Seine Hände glitten ihr unbeholfen über die Brust und den breiten Po, bis er sie richtig zu fassen kriegte, um sie auf die Beine zu hieven .
Was man möchte und was man kriegt, sind zwei ganz verschiedene Paar Schuhe; manchmal baut die Phantasie eine Brücke, bevor man merkt, daß sie das Gewicht nicht aushält. Er hatte sie nicht begrapscht: er hatte sie aufgefangen. Aber ach, wie sehr hätte Meg sich gewünscht, es wäre anders gewesen .
Und im selbem Moment begriff sie, daß sie nicht die einzige gewesen war .
»Bitte nennen Sie Ihren Namen und Ihre Adresse fürs Protokoll.«
»Roy J. Peabody. Ich wohne über dem ›Do-Or-Diner‹ in Salem Falls.«
»Wo waren Sie am Nachmittag des dreißigsten April, Mr. Peabody?« fragte Jordan.
»Bei der Arbeit«, sagte Roy.
»Wissen Sie, wer Gillian Duncan ist?«
»Allerdings.«
»Haben Sie sie an dem Tag gesehen?«
»Allerdings.«
»Wo?« fragte Jordan.
»Sie ist gegen halb drei in den ›Diner‹ gekommen.«
»Hat Jack zu der Zeit auch gearbeitet?«
»Aber sicher.«
»Haben Sie die beiden je zusammen gesehen?« fragte Jordan.
»Ja.«
»Würden Sie bitte erzählen, bei welcher Gelegenheit?«
Roy zuckte die Achseln. »Sie ist reingekommen und hat einen Milchshake bestellt. Dann hat sie es sich anders überlegt, hat gesagt, sie hätte doch keinen Durst, und ist wieder rausmarschiert. Ich hab gesehen, wie sie hinter das Restaurant gegangen ist, wo Jack gerade den Müll ausleerte.«
»Sie haben das gesehen?«
»Meine Kasse steht
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