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Die Hexenjagd von Salem Falls

Die Hexenjagd von Salem Falls

Titel: Die Hexenjagd von Salem Falls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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sie die Frau zu einem Tisch führte, steckte Jack den Kopf durch die Doppeltür.
    »Roy«, flüsterte er. »Ist Stuart heute hier gewesen?«
    »Stuart, der alte Knacker?« sagte Roy, obwohl er nicht viel jünger als Stuart sein konnte. »Nee.«
    »Ich, äh, mach mir Sorgen um ihn.«
    »Wieso?«
    »Seit ich hier bin, ist er jeden Tag zum Frühstück hergekommen. Und außerdem hab ich ihn heute morgen nicht mit seiner Kuh im Park gesehen.«
    Addie kam dazu. »Was ist denn los?«
    »Stuart«, erklärte Roy. »Er war heute nicht da.«
    Sie runzelte die Stirn. »Stimmt – das ist seltsam. Hast du bei ihm zu Hause angerufen?«
    Jack schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, wie er mit Nachnamen heißt.«
    »Hollings.« Addie wählte eine Nummer, und ihre Miene wurde mit jedem Klingeln angespannter. »Er lebt allein, auf der alten Farm hinter dem Pharmawerk.«
    »Vielleicht ist er ja bloß für ein Weilchen weggefahren.«
    »Stuart bestimmt nicht. Die letzte Reise, die er gemacht hat, ging gerade mal bis nach Concord, 1982. Ich fahr hin und seh nach dem Rechten. Dad, paß auf, daß Chloe vor dem Essen nicht heimlich nascht, auch wenn sie sagt, sie kommt um vor Hunger.« Sie griff nach hinten und band die Schürze ab, wobei sich ihre Brüste hoben. Jack wollte nicht hinsehen, tat es aber doch, was ihn so durcheinander brachte, daß er zunächst nicht begriff, was sie vorhatte. »Hier«, sagte sie und warf ihm die Schürze und den Bestellblock zu. »Du bist soeben befördert worden.«
    Stuarts Haus lag auf einem Hügel, umgeben von verschneiten Weiden. Addie parkte hastig den Wagen und stieg aus. Stuarts Kuh muhte wütend im Stall, und Addies Nackenhaare richteten sich auf, weil der alte Mann seine Kuh niemals unversorgt lassen würde.
    »Stuart?« Addie trat in den Stall, der bis auf die Kuh mit ihrem prallen Euter leer war. Sie eilte den Weg zum Haus hinauf und rief seinen Namen. Die Vordertür war unverschlossen. »Stuart, ich bin’s, Addie. Vom ›Diner‹. Sind Sie da?«
    Sie bewegte sich durch das Labyrinth des fremden Hauses, bis sie in die Küche kam. »Stuart?« sagte Addie, und dann entfuhr ihr ein Schrei.
    Er lag auf der Seite in einer Blutlache, die Augen geöffnet, eine Gesichtshälfte wirkte seltsam hölzern. »Oh, Gott. Können Sie sprechen, Stuart?«
    Addie mußte sich ganz nah zu ihm herabbeugen und angestrengt lauschen, um das abgehackte Wort verstehen zu können, das Stuart aus dem schlaffen Mund kroch. »Sauce?« wiederholte sie, und dann sah sie, daß die rote Lache aus einem zerbrochenen Glas stammte und nach Tomaten roch.
    Das Telefon an der Wand war ein uraltes Modell mit Wählscheibe. Es dauerte eine Ewigkeit, die drei Ziffern der Notrufnummer zu wählen und einen Rettungswagen anzufordern. Sie ging wieder zu Stuart, kniete sich in die Spaghettisauce und streichelte dem alten Mann das feine, silbern schimmernde Haar. Wie viele Menschen würde sie denn noch sterben sehen müssen?
    Roy band sich die Servierschürze ab und gab sie seiner Tochter zurück. »Wieso hast du denn bedient? Das sollte Jack doch machen.«
    »Er war mit den Nerven am Ende. Hat förmlich Ausschlag gekriegt, wenn er zu einem Gast an den Tisch mußte. Er ist schüchtern, weißt du, nicht annähernd so charmant wie ich, also hab ich ihn von seinem Elend erlöst.« Er deutete mit einem Nicken in Richtung Schwingtür. »Erzähl ihm am besten gleich, was mit Stuart ist.«
    Addie war schon auf dem Weg in die Küche. Delilah und Jack blickten beide auf, als sie eintrat. »Er ist nicht in Lebensgefahr«, sagte Addie ohne Einleitung. »Wallace ist jetzt bei ihm.«
    »Gott sei Dank.« Delilah klopfte den Löffel am Topfrand ab. »Herzanfall?«
    »Schlaganfall, glaube ich. Die Ärzte haben mir die übliche Buchstabensuppe serviert. IZI , TIA , keine Ahnung, was das heißen soll.«
    »Intermittierende zerebrovaskuläre Insuffizienz, der eine transitorisch-ischämische Attacke vorausgegangen ist«, übersetzte Jack. »Mit anderen Worten, Stuart hatte eine Reihe von kleineren Anfällen, die zu einem großen geführt haben.«
    Addie und Delilah starrten ihn an. »Bist du Arzt oder so?« fragte Delilah.
    »Nein.« Verlegen hantierte Jack mit einem Tablett voll sauberen Gläsern. »Ich hab das bloß mal irgendwo gehört.«
    Addie ging durch die Küche und blieb kurz vor Jack stehen. »Ich hab Stuart gesagt, daß du dir seinetwegen Sorgen gemacht hast. Das war sehr nett von dir, Jack.« Sie berührte seine Hand.
    Er erstarrte in der Bewegung.

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