Die Hexenjagd von Salem Falls
wurde, daß vielleicht doch nicht alles so düster aussah, wie er geglaubt hatte.
Der Schulleiter nahm einen Stift in die Hand und trommelte damit auf dem Schreibtisch. »Hören Sie, Jack. Ich glaube Ihnen. Aber einige Eltern wollen nun mal wissen, was das für eine Schule ist, die einen Lehrer beschäftigt, dessen Verhalten verdächtig ist. Ellidor Marsh macht mir die Hölle heiß –«
»Ellidor Marsh ist ein reaktionäres Arschloch, der als Schulgeistlicher völlig fehl am Platze ist.«
»Er ist auch ein Vater, der glaubt, daß seine fünfzehnjährige Tochter mit einem Mann geschlafen hat, der doppelt so alt ist wie sie und die Finger von ihr hätte lassen müssen!« Die Anschuldigung hing wie schwarzer Rauch zwischen ihnen in der Luft.
»Das ist nicht bewiesen«, sagte Jack; seine Worte schmeckten wie Staub.
Herb konnte ihm nicht in die Augen blicken. »Versuchen Sie, die Sache von meinem Standpunkt aus zu sehen, Jack. Im Interesse der Schule kann ich keinen Lehrer beschäftigen, der wegen sexuellen Mißbrauchs an einer Schutzbefohlenen vor Gericht steht.« Er kam um den Schreibtisch herum. »Wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann …«
»Ersparen Sie mir irgendwelche Gefälligkeiten«, sagte Jack leise und ging, bevor Herb noch etwas sagen konnte.
Annalise St. Bride kannte sogar Brooke Astor persönlich, die große Dame der High-Society. Sie hatte im Schlafzimmer ein Tigerfell als Bettvorleger – ihr Mann hatte das Tier auf einer Safari erlegt; sie hatte auf der Upper West Side eine Wohnung, die schon in etlichen Innenarchitekturzeitschriften vorgestellt wurde. Aber so erstaunlich das alles auch war, weitaus interessanter war, daß Annalise mit der Exgeliebten ihres Mannes zusammenwohnte, die jetzt ihre beste Freundin war. Oder daß sie genauso viele Prostituierte kannte wie Debütantinnen. Doch vor allem hatte sie sich dadurch einen Namen gemacht, daß sie seit zehn Jahren einen Kreuzzug gegen Gewalt gegen Frauen führte. Dank Annalise’ Scheckbuch und eiserner Entschlossenheit waren inzwischen zwanzig Zentren für Vergewaltigungsopfer auf die ärmsten Stadtteile von New York City verteilt.
Jack war verblüfft, als seine Mutter plötzlich vor seiner Haustür stand. Es rührte ihn, daß sie zu seiner Unterstützung gekommen war – ohne genau zu wissen, worum es ging. Als er sie anblickte, spürte er, wie der Schutzwall, den er um sich herum errichtet hatte, Risse bekam. Er beugte sich vor, um ihr einen Kuß auf die Wange zu geben, doch sie wich zurück.
»Ich bleibe nicht, Jack. Ich bin nur gekommen, weil ich dir etwas von Angesicht zu Angesicht sagen muß.« Annalise betrachtete ihn ernst. »Weißt du, wie viele vergewaltigte Frauen ich schon gesehen habe?«
Jack versuchte, Luft zu holen, aber er konnte nicht. Nicht genug, daß sein Chef, seine Schülerinnen, sein Anwalt und seine Kollegen ihn für schuldig hielten, jetzt auch noch seine Mutter.
»Erstens geht es nicht um Vergewaltigung, und zweitens bin ich unschuldig«, flüsterte er.
Annalises Miene verfinsterte sich. »Wieso in aller Welt sollte sich eine Frau so etwas ausdenken?«
Jetzt schluckte Jack schwer. »Du mußt mir glauben. Ich bin schließlich dein Sohn.«
»Nicht mehr«, erwiderte Annalise.
Er schiebt seine Hände unter meine Bluse, und ich spüre, wie heiß sie sind. Ich habe ein schreckliches Verlangen nach ihm. Oh, Jack. Ich weiß, es wird mit ihm nicht weh tun, weil er es versprochen hat. Selbst wenn er ihn in mich reinsteckt, ist es mir recht, weil wir dann endlich eins sind .
Jack schob die Fotokopien weg. »Was soll der Mist?«
Melton zuckte die Achseln. »Beweismittel, die die Anklagevertretung offengelegt hat. Das ist der Tagebucheintrag, der Catherines Vater zur Weißglut gebracht hat.« Er blätterte seine Notizen durch. »Zusammen mit den Antibabypillen.«
»Ist schon mal einer auf den Gedanken gekommen, daß das vielleicht reine Phantasien sind?«
»Natürlich, Jack.« Melton setzte sich seine Lesebrille auf. »Aber sie behauptet auch, Sie hätten sie zum Arzt gefahren, damit sie sich Verhütungsmittel besorgt.«
»Wohl oder übel, Melton. Sie wollte mit ihrem Freund schlafen und wußte nicht, wie sie sonst zum Arzt gekommen wäre!«
»Laut Catherine gab es keinen Freund. Sie sagt, sie hat sich die Pille besorgt, weil Sie mit ihr schlafen wollten.«
»Hören Sie. Sie ist in mich verknallt. Ich hab es irgendwie gewußt, auch wenn ich sie nicht darauf angesprochen habe. Ich wollte sie nicht in Verlegenheit
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