Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hexenjagd von Salem Falls

Die Hexenjagd von Salem Falls

Titel: Die Hexenjagd von Salem Falls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
sagte er sanft. Mit einem raschen Blick auf Amos fügte er hinzu: »Natürlich hat das Zeit bis morgen, wenn es dir lieber ist.«
    »Sie möchte die Sache hinter sich bringen«, sagte Amos.
    »Ich muß dich bitten, uns einen Moment allein zu lassen.«
    »Nein!« rief Gillian und klammerte sich am Arm ihres Vaters fest. »Kann er nicht bei mir bleiben?«
    Charlie blickte sie an und sah nicht den aufgelösten Teenager vor sich, sondern eine Zehnjährige, die mit seiner Tochter bei ihm zu Hause im Garten spielte. »Natürlich«, sagte er, obwohl er wußte, daß das für Amos nicht leicht werden würde. Verdammt, an seiner Stelle würde er nicht in allen Einzelheiten hören wollen, was seine Tochter mitgemacht hatte.
    Er nahm ein Aufnahmegerät aus seiner Tasche und stellte es auf den Tisch. »Gillian«, sagte Charlie. »Erzähl mir, was heute nacht passiert ist.«
    Mit dem Schlüssel, den Addie ihm Wochen zuvor gegeben hatte, schloß Jack die Tür zum »Diner« auf und fragte sich, wie er nur so dumm gewesen sein konnte. Wieso war er bloß auf die Mädchen zugelaufen statt in die andere Richtung? Na, vielleicht hatte es ja daran gelegen, daß er sich in seinen einunddreißig Lebensjahren noch nie so schrecklich gefühlt hatte. Er stank nach Alkohol. Ihm dröhnte der Schädel; der Kratzer an der Wange pochte. Das Auge, das einen Schlag abgekriegt hatte, war fast zugeschwollen. Im Mund hatte er ein pelziges Gefühl, und obendrein mußte er sich eingestehen, daß er jetzt obdachlos war, und am liebsten wollte er die Uhr um vierundzwanzig Stunden zurückdrehen, um alles anders zu machen.
    Jack zog es in den Restaurantbereich statt in die Wohnung des alten Mannes. Er bewegte sich vorsichtig im Dunkeln an dem schlafenden Riesen von Herd vorbei, an dem Warmhaltetisch und den Konservenreihen. Als er durch die Schwingtür trat, sah er Addie schlafend auf einer Bank.
    Bewegt kniete er sich vor ihr hin. Ihre Wimpern warfen einen ausgefransten Schatten, ihre Mundwinkel waren mißmutig nach unten gezogen. Sie war wunderschön, obwohl sie es nicht geglaubt hätte, wenn er es ihr gesagt hätte. Er berührte sie, und sie schreckte aus dem Schlaf, schlug sich den Kopf an der Tischkante. »Oh, tut mir leid. Tut mir schrecklich leid, Addie.«
    Sobald der stechende Schmerz nachließ, begriff sie, daß Jack bei ihr war. »Nein«, sagte sie langsam, » mir tut es leid.« Sie küßte ihre Fingerspitzen, fuhr dann damit über sein blau verschwollenes Auge. »Du hast recht gehabt, Jack. Du bist nicht meine Tochter.«
    »Nein.«
    »Aber du erinnerst mich so sehr an sie.«
    »Tue ich das?«
    »Ja.« Addie schenkte ihm ein Lächeln. »Weil ich euch beide liebe.«
    In diesem Augenblick spürte Jack, wie etwas in ihm Risse bekam. Er schluckte schwer; er atmete tief. Und Jack, der wußte, wann die erste Wetterkarte entstanden war und woher die Sardine ihren Namen hatte und wo Katar lag, wußte nicht, was er sagen sollte.
    Er zog Addie an sich und küßte sie, hoffte, daß seine Lippen vermitteln konnten, was er mit Worten nicht vermochte. Daß auch er sie liebte. Daß sie ihm sein Leben zurückgegeben hatte. Daß er sich bei ihr an den Mann erinnern konnte, der er einmal gewesen war.
    Sie legte das Gesicht an seine Wange. »Ich finde, wir haben ein Happy-End verdient.«
    »Wenn nicht wir, wer dann?«
    Addie rümpfte die Nase. »Ich finde aber auch, du gehörst dringend unter die Dusche. Wenn der Whiskeygeruch nicht wäre, würde ich sagen, du hast dich in modrigem Laub gewälzt.«
    »Ich hab … eine ziemlich miese Nacht hinter mir.«
    »Da geht’s mir genauso. Komm, wir gehen nach Hause.«
    »Nach Hause«, sagte Jack und lächelte. »Klingt gut.«
    Meg schlich sich an der offenen Schlafzimmertür ihrer Eltern vorbei und verharrte kurz, weil ihre Mutter sich im Traum umdrehte. Dann auf leisen Sohlen nach unten und zur Küchentür hinaus, weil das Klicken der Tür dort nicht bis oben zu hören war.
    Im Laufschritt brauchte sie fünfzehn Minuten bis zum Wald hinter dem Friedhof, und als sie ankam, unter dem Arm die kleine Ballettasche, die sie zuletzt mit sechs Jahren benutzt hatte, war sie durchgeschwitzt und außer Atem.
    Als Tochter eines Detective hatte sie die Routineabläufe der Polizeiarbeit in sich aufgesogen. Binnen Stunden würden Beamte den Wald nach Beweismitteln durchkämmen. Und als erstes würden sie das Feuer, den Maibaum, die Kräutersäckchen finden – die Überreste ihrer Beltane-Feier.
    Das mußte verhindert werden.
    Sie hatte

Weitere Kostenlose Bücher