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Die Hexenjagd von Salem Falls

Die Hexenjagd von Salem Falls

Titel: Die Hexenjagd von Salem Falls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Tritt.
    Jack versuchte, schneller zu gehen, wobei er hin und wieder einen Blick über die Schulter warf.
    Waren das die Männer, die ihn überfallen hatten? Wollten sie ihn jetzt erledigen? Wenn sie ihn umbrachten, wer würde überhaupt davon Notiz nehmen?
    Schwer atmend drehte er sich so weit um, daß er einen Mann hinter dem Lenkrad sehen konnte. Er war zu weit weg und zu verschwommen, als daß Jack das Gesicht hätte erkennen können, aber der Mann hatte offenbar dunkles Haar … oder er trug eine schwarze Wollmütze.
    O Gott, der Wagen beschleunigte. Jack hörte, wie der aufheulende Motor ihm im Kopf dröhnte, und Panik schnürte ihm den Hals zu. Er will mich überfahren . Kopflos lief er quer über die Straße, um seinen Verfolger abzuschütteln; er stolperte einmal, schlug dann mit der Hand gegen die Motorhaube des Wagens, als er sich aufrichtete, und flüchtete schließlich in eine Gasse zwischen zwei Häusern.
    Er kam auf eine Querstraße und versuchte, seinen heftig zitternden Körper unter Kontrolle zu bringen, als es strahlend hell um ihn herum wurde, so, als würde ein riesiges UFO mit nach unten gerichteten Scheinwerfern zur Landung ansetzen. Jacks Blick fiel auf die Neonränder der Schaufenster und Bordsteine. Ehrfürchtig – in seinen Augen war es so unglaublich schön – stand er mitten auf der Straße, derart fasziniert, daß er völlig vergaß, wie knapp er dem Tode entronnen war.
    Plötzlich war ein Polizeiwagen ganz dicht vor ihm, und er mußte die Hand zum Schutz gegen das blendend grelle Licht heben. »He«, rief Wes Courtemanche. »Alles in Ordnung?«
    Es war diese schlichte Freundlichkeit, die Jack zu Bewußtsein brachte, daß etwas nicht in Ordnung war. Wes hatte ihm mit allen Mitteln klargemacht, daß er ihn nicht ausstehen konnte. Die ganze Stadt wollte ihn loswerden; für einen Cop wäre es ein leichtes, ihn abzuknallen und dann zu behaupten, es wäre Notwehr gewesen. War Wes einer der Männer gewesen, die ihn zusammengeschlagen hatten? War es sein Streifenwagen gewesen, der ihn fast über den Haufen gefahren hatte? Ohne nachzudenken, nur von dem Wunsch beseelt, möglichst weit weg von Wes zu kommen, lief Jack los, auf die Wiese hinter der Straße, dann in kleine Wege hinein, durch die ein Auto ihm nicht folgen konnte.
    Jack hörte Wes fluchen, hörte die Stiefel des ihm nachsetzenden Polizisten auf dem Asphalt. Hinter dem Friedhof verschwand er in den Wald, um im Dunkeln unterzutauchen, als er plötzlich über eine Wurzel stolperte. Er schrammte sich die Handfläche, die Wunde über dem Auge platzte wieder auf, und ein zurückschnellender Ast zerkratzte ihm das Gesicht, so daß es blutete. Aber Jack war durchtrainiert und trotz der Hindernisse gelang es ihm, Wes abzuhängen. Er lief fünf Minuten lang, bis er sich außer Gefahr wähnte, und streifte dann durch den Wald, ohne zu wissen, wo er war und wie er zurück in den Ort finden sollte.
    Als er stehenblieb, um zu verschnaufen und sich zu orientieren, hörte er es: Lachen. Sämtliche griechische Mythen, die er in Westonbrook im Unterricht behandelt hatte, stürmten auf ihn ein: Apollo, der Daphne jagte, und Artemis mit ihrem Bogen. Und dann, wie im Traum, sah er die Göttin selbst – ihre weiße Haut schimmerte silbrig durch die Bäume, ihre Füße tanzten in der Luft, ihr Haar flatterte wie ein Banner hinter ihr her. Jack war einen Moment lang verwirrt: Sie war nackt, wie eine Nymphe, doch sie schien für ihn zu singen wie eine Sirene.
    Plötzlich sah er, daß sie zu viert waren, mehr oder weniger bekleidet, und daß das Mädchen, das er anstarrte, seinen Namen rief.
    Das Schluchzen hörte er zuerst.
    Charlie kannte das Geräusch aus langjähriger Berufserfahrung zur Genüge – man hoffte zwar, es wäre ein Tier, das mit dem Bein in einer Astgabel hängengeblieben war, doch es erwies sich stets als etwas Menschlicheres und noch Herzzerreißenderes. Er blieb stehen, um genau zu lauschen, dann rannte er in die Richtung, aus der das Geräusch kam.
    Megs orangefarbener Anorak war wie ein Signalzeichen, und mit ungeahnter Energie rannte Charlie darauf zu. Vier Mädchen kauerten zusammen am Friedhofseingang. Ihre Haare waren völlig zerzaust, und so, wie sie aussahen, hätte sich wohl keine von ihnen in der Öffentlichkeit sehen lassen, aber sie machten den Eindruck, als seien sie unversehrt, und Charlie stieß einen Seufzer der Erleichterung aus.
    Meg, Whitney und Chelsea standen um die weinende Gillian herum. Sie streichelten und

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