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Die Himmelsfestung

Die Himmelsfestung

Titel: Die Himmelsfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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den Zweigen, die Blätter waren braun geworden und hatten sich eingerollt; die wenigen Nadelbäume waren ohnehin bereits kahl. Wo die obersten Äste den Himmel berührten, lauerte eine gespenstische Düsternis. Der Boden war übersät von faulendem Laub, und die Luft geschwängert von Modergeruch. Riesige Baumschwämme wucherten auf morschem Holz – ihr leuchtendes Gelb blieb die einzige Farbe in dieser unwirklich anmutenden Umgebung. Schweiß brach Mythor aus allen Poren, dabei war es längst nicht mehr so drückend warm wie noch vor wenigen Stunden. Unwillkürlich legte er die Rechte auf den Knauf seines Schwertes. Er sah, daß auch Ilfa und Roar zu den Waffen griffen.
    Barborur, der ihnen voranging, wandte sich flüchtig um. »Bleibt dicht hinter mir«, sagte er. »Es führen nur wenige Pfade durch den Totenforst. Außerdem haben Schrate und Kauze und was der Unterholzbewohner mehr sind, magische Fallen angelegt, um die Ausgestoßenen von sich fernzuhalten.«
    »Ich aber nicht«, protestierte Fryll. »Ich fürchte mich nicht vor ihnen.«
    Pilze schienen das einzige zu sein, was in dieser leblosen Landschaft gedieh. Und Spinnweben spannten sich zwischen den kahlen Ästen. Aber nur Blätter hatten sich in den glitzernden Fäden verfangen.
    Irgendwann durchbrach schwerer Flügelschlag die herrschende Stille. Barborur blieb stehen und blickte zu den Wipfeln der Bäume empor. »Verhaltet euch ruhig!« raunte er den anderen zu. »Dann sehen sie uns nicht.«
    Große, schwarze Vögel kreisten über dem Wald. Ihre heiseren Schreie, als sie langsam tiefer sanken, mußten weithin zu vernehmen sein.
    Endlich verschwanden sie wieder in der Ferne.
    »Sie sind Boten des Bösen«, erklärte Barborur. »Ich sah einmal, wie sie einen Menschen den Mangokriegern förmlich in die Arme trieben.«
    »Dort drüben«, rief Ilfa in dem Moment aus. »Seht doch.« Ohne zu zögern, machte sie einige Schritte vorwärts, begann fast zu rennen, auf etwas zu, was ihren Begleitern verborgen blieb.
    Frylls Warnruf überhörte sie.
    Dann weiteten ihre Augen sich in panischem Entsetzen, verfiel ihr Körper in schneller werdende Zuckungen, als bewege sie sich nach einer unhörbaren Melodie.
    »Ein magischer Kreis«, stöhnte der Schrat. »Wir müssen ihr rasch helfen, oder sie ist für immer verloren.«
    Ilfa starrte zu ihnen herüber, schien sie aber schon nicht mehr wahrzunehmen. Ihr Mund öffnete sich zu einem lautlosen Schrei.
    Jetzt erst bemerkte Mythor den Ring aus winzigen Pilzen, der knapp zwei Mannslängen durchmaß.
    »Sie hätte nie hineintreten dürfen«, stieß Fryll hastig hervor. »Wenn du sie retten willst, setze nur einen Fuß in den Kreis und ziehe sie heraus. Aber egal was geschieht, laß den anderen Fuß außerhalb, sonst bist du ebenfalls verloren.«
    Ilfa wand sich wie unter unmenschlichen Schmerzen, sie taumelte, brach in die Knie, raffte sich wieder auf.
    Keine zehn Schritt vor sich, an einen Baum gelehnt, gewahrte Mythor ein Skelett. Der Tote mußte ein großer Krieger gewesen sein, denn das armlange Breitschwert in seinen Händen war juwelenbesetzt. Eine solche Waffe zu besitzen, davon konnte jeder nur träumen. Die Klinge funkelte in eiskaltem, blauem Feuer.
    »Mythor!«
    Er hörte die Schreie, aber er verstand nicht, was sie bedeuteten, wußte in dem Augenblick nicht einmal mehr, daß es sein Name war, den die Freunde riefen. Ihn lockte das Schwert.
    »Mythor! Nicht!« Gellend klang selbst das Echo zwischen den abgestorbenen Bäumen zurück.
    In seinen Gedanken wirbelte alles wild durcheinander. Erst in dem Moment, in dem er die Augen schloß, war alles wieder wie zuvor.
    »Du kannst es noch schaffen«, rief Fryll mit schriller Stimme. »Was immer du zu sehen glaubst, es ist nicht wirklich.«
    Mythor blinzelte unter halb geöffneten Lidern hervor. Da waren die Pilze als äußeres Zeichen des magischen Kreises, und da war Ilfa, die in immer ekstatischere Bewegungen verfiel. Ohne zu zögern, setzte er einen Fuß vor, trat hinein in den Kreis, und im selben Moment vernahm er eine verlockende Melodie, verspürte den Drang, sich nach ihren einschmeichelnden Tönen zu wiegen.
    Wie eine Besessene wirbelte Ilfa an ihm vorbei. Jetzt endlich hörte Mythor ihr Jauchzen, ihre verzückten Schreie. »Komm!« rief sie ihm zu. »Werde eins mit mir und den Geistern des Waldes.«
    Alles in ihm verkrampfte sich. Noch widerstand er den Verlockungen, doch sobald er den zweiten Fuß nachzog, mußte er das Opfer magischer Kräfte werden.
    Wieder

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