Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Himmelsfestung

Die Himmelsfestung

Titel: Die Himmelsfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
Vom Netzwerk:
daß es ihn nur wenig Anstrengung kostete, diese zu erreichen und sich, nun, da er festen Halt fand, in sitzende Stellung aufzurichten. Durch die Lücken zwischen den Ästen konnte er einiges vom Geschehen außerhalb erkennen.
    »Sag schon«, drängte Fryll. »Was ist los?«
    Mythor warf ihm einen ärgerlichen Blick zu.
    »Ich will es aber wissen«, drängte der Schrat.
    »Sie hängen einen großen Bottich auf.«
    »Einen Bottich…?«
    »Na ja, man könnte genausogut Kessel dazu sagen.«
    »Wie… wie groß ist dieser… Kessel?« Frylls Stimme überschlug sich förmlich vor Erregung.
    »Ungefähr eine halbe Mannslänge.«
    Der Schrat stieß einen ängstlichen Ausruf aus. »Haben sie ein Feuer angesteckt?«
    »Genau darunter«, nickte Mythor. »Und sie werfen alle möglichen Kräuter hinein.«
    »Ihr Waldgeister steht uns bei«, krächzte Fryll. »Sie werden uns in den Sud stecken und…« Sichtlich von Entsetzen geschüttelt, verstummte er.
    »Du glaubst den Unsinn?« Ilfas Lachen sollte befreiend klingen, doch war ihr die Beklemmung deutlich anzumerken. »Mythor scherzt nur. In diesem trockenen Wald macht man kein Feuer.«
    »Kein Feuer?« Fryll begann lauthals zu zetern. »Wie kannst du in unserer Lage solche Scherze machen? Es ist unglaublich, du mußt ein Mensch ohne Gefühle sein, du…«
    Mythor hörte gar nicht erst hin. Er hatte einen scharfkantigen Astvorsprung entdeckt und schleppte sich weiter, bis er mit seinen auf den Rücken gebundenen Händen den Bruch erreichen konnte. Es fiel ihm schwer, die Stricke so am Holz zu reiben, daß sie zerfasern mußten. Roar ließ ihn nicht einen Augenblick lang aus den Augen. Nach einer Weile nickte er heftig. Auch wenn Mythor noch nicht spürte, daß seine Fesseln sich lockerten, so schien er mit seinen Bemühungen Erfolg zu haben.
    Aufgeregte Rufe ließen ihn innehalten. Die Frauen und Männer, die sich außerhalb ihrer Hütten aufhielten, griffen zu den Waffen.
    Dunkle Schemen stießen aus dem wolkenverhangenen Himmel herab. Ihre krächzenden Schreie drangen durch Mark und Bein.
    »Das sind die Vögel des Bösen«, stieß Barborur hervor.
    »Vielleicht weiß Hogun, daß wir hier sind«, begann Fryll zu jammern.
    Mythor fuhr in seinen unterbrochenen Bemühungen, sich zu befreien, fort. Waffen klirrten; jemand schrie in höchster Not. Der Schrei brach abrupt ab. Plötzlich konnte Mythor die Arme besser bewegen. Mit einer letzten Anstrengung sprengte er seine Fesseln und streifte sich die Reste der Stricke von den Handgelenken. Hastig löste er dann die Knoten an seinen Beinen, und das Blut schoß prickelnd und beinahe schmerzhaft durch die bis eben abgeschnürten Adern.
    Mythor richtete sich auf – ein wenig schwankend zwar, doch überwand er schnell jegliche Benommenheit. Mit einem heftigen Fußtritt stieß er die von außen verrammelte Tür auf. Dicke Knüppel verrutschten und verschwanden polternd in der Tiefe.
    »Was wird aus uns?« rief Ilfa. »Du mußt uns losbinden.«
    Mythor verließ die Hütte, ohne sich umzuwenden. Mit einem einzigen raschen Blick erfaßte er die Situation. Die Ausgestoßenen wurden von einer Vielzahl riesiger Vögel bedrängt, die gierig herabstießen.
    Er zerrte einem blutüberströmten Mann das Schwert aus der Hand. Gleichzeitig wurde er selbst angegriffen und konnte gerade noch schützend die Klinge hochreißen. Ein schwerer Flügelschlag traf seine Seite und ließ ihn stürzen. Noch im Fallen wälzte Mythor sich herum. Während unmittelbar neben ihm der gebogene Schnabel des gut mannsgroßen Tieres das Holz zerfetzte, stieß er sein Schwert mit aller Wucht vor. Der schwarze Vogel kreischte auf und versuchte, ihn mit den Schwingen niederzudrücken. Aber Mythor war auf der Hut. Noch einmal zuckte sein Arm vor; Federn stoben auf, das Tier begann zu toben. Tief verkrallten die Fänge sich in die Plattform, aus der erste Äste ausbrachen. Für seinen letzten Schlag führte Mythor die Klinge mit beiden Händen. Das heisere Krächzen verstummte augenblicklich. Er fühlte es warm über seine Hände rinnen, achtete aber nicht darauf. Die Waffe erneut zum Schlag hochreißend, kam er auf die Beine – es gab keine Gegner mehr, die sich auf ihn stürzen konnten. Offenbar erschreckt durch den Tod ihres Artgenossen, verschwanden die letzten Vögel soeben hinter den Wipfeln. Dafür sah Mythor sich plötzlich von einem guten Dutzend bärtiger, verwilderter Gestalten umringt. Ihre Haltung ließ angespannte Wachsamkeit erkennen. Wenn es ihnen auch nicht

Weitere Kostenlose Bücher