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Die Himmelsleiter (German Edition)

Die Himmelsleiter (German Edition)

Titel: Die Himmelsleiter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Lalli
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um dann wie zufällig den entscheidenden Punkt anzusprechen. "Da fällt mir noch etwas ein, Herr Kommissär. Altomonte wurde von einer Studentin zweifelsfrei identifiziert, einer gewissen …"
    "Ja, einer gewissen … Sagen wir, seiner Assistentin." Der alte Fuchs mochte grau und blind sein, meiner zugegebenermaßen wenig einfallsreichen Falle war er aber im letzten Moment noch humpelnd ausgewichen.
    "Ist das nicht ungew öhnlich?"
    "S ie kannten sich sehr gut, wenn Sie darauf hinauswollen."
    "Wie gut?"
    "Sagen wir, Mademoiselle Jamorí und er standen in einem besonderen Verhältnis zueinander."
    Er hatte den Namen beil äufig erwähnt, fast so, als habe er sein Versehen gar nicht bemerkt. Und doch war ich mir sicher, dass er es absichtlich getan hatte. Was konnte ihn dazu bewogen haben? Wollte er mir helfen oder wollte er mir nur zeigen, dass man ihn nicht so einfach überrumpeln konnte?
    Auch wenn ich jetzt ihren Namen kannte, viel weiterzuhelfen schien er mir nicht. Vielleicht konnte ich sp äter herausfinden, wo sie wohnte. Ohne mir etwas anmerken zu lassen, griff ich den Faden wieder auf und sagte: "Darf man fragen, in welchem Verhältnis beide denn genauer zueinander standen?"
    "Ich f ürchte, das muss ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt für mich behalten. Nur so viel: Es ist nicht so, wie Sie denken. Für die Ermittlungen ist dieser Aspekt übrigens völlig ohne Belang."
    Wir verabschiedeten uns erneut und diesmal endg ültig. Von der Telefonauskunft erfuhr ich, dass der Name Jamorí in Genf und Umgebung unbekannt war. Etwas über sie in Erfahrung zu bringen, konnte also länger dauern. In welchem besonderen Verhältnis hatte sie zu Altomonte gestanden, wenn nicht in einem amourösen? Das Telefon lag auf meinem Schoß. Ich legte die Hände darauf und wartete. Wenn meine Informantin jetzt anriefe, wüsste sie vielleicht eine Antwort.

DIE TÄTER DES WORTES
     
    Seid aber Täter des Worts und nicht Hörer allein, wodurch ihr euch selbst betrügt. Denn so jemand ist ein Hörer des Worts und nicht ein Täter, der ist gleich einem Manne, der sein leiblich Angesicht im Spiegel beschaut. Denn nachdem er sich beschaut hat, geht er davon und vergisst von Stund an, wie er gestaltet war. Wer aber durchschaut in das vollkommene Gesetz der Freiheit und darin beharrt und ist nicht ein vergesslicher Hörer, sondern ein Täter, der wird selig sein in seiner Tat. (Jakobus, 1/23-25)
     
    Wir sa ßen eng beisammen auf dem Boden. Manche hatten sich gegenseitig untergehakt, andere lagen kreuz und quer wie bei einem Happening am Strand. Wer den Hörsaal 13 betreten wollte, hätte über unzählige Körper hinweg steigen müssen. Bis jetzt hatte das noch niemand versucht, aber während sich die Gänge mit Studenten füllten, Sympathisanten, Studienwilligen oder bloß Neugierigen, stieg die Spannung. Längst hätten die ersten Vorlesungen beginnen sollen, doch von den Professoren fehlte noch jede Spur.
    Durch die hohen Fenster, die auf den Innenhof der Neuen Universit ät gingen, knallte die Morgensonne. Es wurde heiß. Dichte Rauchschwaden trieben über uns hinweg. Überall wurde geraucht, als sei dies bereits eine revolutionäre Tat. Vielleicht war es die Nervosität, der Hunger - wer hatte schon gefrühstückt? - die Langeweile, vielleicht ein okkulter Ritus, um sich der Gemeinschaft zu versichern. Es hatte nicht viele Momente in meinem Leben gegeben, in denen das Rauchen eine Anziehungskraft auf mich ausgeübt hatte, im Gegenteil, wenn mir aber jetzt jemand eine Zigarette angeboten hätte, ich hätte sie dankbar angenommen.
    Alessandra sa ß neben mir. Sie war sehr ernst und hatte noch kein Wort gesprochen. Unsere Beine berührten sich, und durch den Stoff drang die Wärme ihres Oberschenkels herüber. Sie schmiegte sich an mich, und ich spürte ein leichtes Zittern durch ihren Körper laufen. Ich legte ihr den Arm um die Schultern und drückte sie. Sie lächelte matt.
    "A ngst?"
    Sie nickte. Mir war auch ein wenig mulmig zumute. Ich war kein Held, und zum Barrikadenk ämpfer hätte ich nicht getaugt.
    "Vielleicht sollten wir uns ein ruhigeres Pl ätzchen suchen." Ich deutete zum Treppenhaus, wo die Schaulustigen der Dinge harrten.
    Heftig sch üttelte sie den Kopf.
    Wir hatten uns schon damit angefreundet, dass unsere Aktion rein symbolischer Natur bleiben würde, als es dann doch zu einem Zwischenfall kam. An der Spitze einer Handvoll wissbegieriger Studenten näherte sich offenbar derjenige, der um diese Zeit seine Vorlesung im

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