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Die Himmelsleiter (German Edition)

Die Himmelsleiter (German Edition)

Titel: Die Himmelsleiter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Lalli
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unmerklich in den Winter hinüber, in einen Winter, der, kaum kälter, den Ausfluss jener Tage gleichsam verfestigte, zu einem Stoff gerinnen ließ, der nur langsam verwittern sollte.
    Wenige Tage nach meiner R ückkehr wurde ich von Ernst, dem für mich zuständigen Verfassungsschutzmann, angerufen. In den letzten zweieinhalb Jahren hatte er sich redlich bemüht, den Kontakt zu mir aufrechtzuerhalten. Ich hatte mich an jene seltsame Mischung aus versteckten Drohungen und wohlwollenden Auslassungen, meine Person betreffend, gewöhnt, ohne ihn je ganz zum Teufel schicken zu können. Ernst hatte mich nie richtig unter Druck gesetzt, hatte vielleicht nichts in der Hand, und ich spielte meine Rolle so weiter, wie ich sie schon bei unserem ersten Zusammentreffen an der Straßenbahnhaltestelle gespielt hatte. Einige Male hatten sie mich überwacht, und ich hatte ihn und seinesgleichen gespürt, wenn sie wie Momos graue Zeitagenten um mich herumgestrichen waren, meistens versteckt, manchmal aber auch ganz offen. Sie wollten Alessandra, und ich war eine der besseren Möglichkeiten, eines Tages an sie heranzukommen.
    Diesmal war es anders. Die Schleyer -Entführung hatte seine zur Schau getragene Gelassenheit weggewischt wie ein zwischenzeitlich unbezahlbar gewordener Luxus. Ernst war ungeduldig, gereizt, fast aggressiv. Er drohte offen, mich vorsorglich festzunehmen, was in diesen Tagen wochenlange Kontaktsperre bedeutet hätte. Vielleicht wollte er mich einschüchtern, das sogenannte Umfeld trockenlegen, vielleicht glaubte er tatsächlich, auf diese Weise etwas aus mir herauszubekommen. An den Wortlaut unseres Gesprächs erinnere ich mich nicht. Nur der Satz "Wie kann man nur zu einer solchen Bestialität fähig sein!" ist mir im Gedächtnis geblieben. So wie er mich anfuhr, meinte ich, höchstpersönlich für die Ermordung der vier Begleiter Schleyers verantwortlich zu sein.
    In der herrschenden allgemeinen Hysterie war meine Verhaftung keineswegs undenkbar, soviel war mir klar. Und doch f ühlte ich mich nicht wirklich gefährdet. Dazu trug der Umstand bei, dass ich offensichtlich nicht unter Beobachtung stand. Auch mein Telefon wurde anscheinend nicht abgehört. Die vielen untrüglichen Hinweise, die ich im Laufe der Jahre entdeckt hatte und einer amtlichen Ankündigung gleichkamen, blieben aus. Als dann in Stammheim und Mogadischu und irgendwann auch im Elsass die letzten Schüsse gefallen waren, wähnte ich mich endgültig in Sicherheit. Als mich Alessandra Ende des Monats überraschend anrief, hatte ich den Zwischenfall mit Ernst schon fast vergessen.
    Ihre Stimme klang br üchig, klirrte in der Leitung wie durch eine Glasscheibe. Ob mein Telefon sauber sei, fragte sie. Ich sagte, sie könne ganz beruhigt sein. Sie müsse mich sehen, so bald wie möglich, und ich stellte sie mir in einer Telefonzelle irgendwo am Rande eines Dorfes vor, eine auffällige, fast mondäne Frau, die ihre Umgebung verstohlen mustert, als spräche sie mit ihrem Liebhaber. Plötzlich legte sie auf. Eine Stunde später meldete sie sich erneut. Jetzt war sie ruhiger. Ich glaube, sie wusste, dass es vorbei war. Es ging nur noch um ihre Haut, und ich wollte ihr helfen, so wie man einem gehetzten Tier helfen möchte. Leider habe ich nie erfahren, was ich für sie hätte tun können.
    Wir verabredeten uns f ür den frühen Nachmittag im Heidelberger Stadtwald. Oberhalb Rohrbachs verläuft ein breiter Waldweg, von dem man auf die Stadt und die ganze Rheinebene hinunterschauen kann. Es gibt sogar einen kleinen Parkplatz, der nur an den Wochenenden benutzt wird. Eine endlose Treppe führt von der Panoramastraße hinauf. Von unserem Haus war es nur eine Viertelstunde. Mit dem Auto musste man die Abzweigung zwischen dem Boxberg und dem Bierhelder Hof nehmen, eine gut einsehbare Stelle, die keine unliebsamen Überraschungen bieten sollte. Früher waren wir dort oft spazieren gewesen.
     
    Eine halbe Stunde vor dem verabredeten Zeitpunkt mache ich mich auf. Langsam gehe ich die Panoramastraße entlang, schaue in die Gärten, zu den Fassaden der Jugendstilhäuser hinauf. Katzen liegen dösend auf dem warmen Asphalt. Überall zwitschern Vögel, brummen Insekten. An diesem frühen Nachmittag mitten unter der Woche ist kein Mensch auf der Straße. Der Himmel ist wolkenlos, fast ist es heiß.
    Dann kommt der Aufstieg. Zuerst liegen die Stufen weit auseinander, je steiler der Hang wird, desto kleiner werden die Abst ände, seltener die Absätze. Schließlich

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