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Die Himmelsmalerin

Die Himmelsmalerin

Titel: Die Himmelsmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Rosenberger
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schmutzig. Und Meister Anstetter … Ich bitte dich, Kilian. Deine intellektuellen Fähigkeiten sollten über solche irrationalen Verdächtigungen erhaben sein. Oder hat dir etwa das Mädchen den Kopf verdreht?«
    »Es ist wegen Valentin«, sagte Kilian sehr leise.
    »Schwing dich nicht zu meinem Richter auf!«, zischte der Prior.
    »Woher weiß ich, dass du die Wahrheit sprichst?«
    Balduin zuckte die Schultern. »Das musst du schon selbst entscheiden. Wenn du deinen Verstand nicht an der Klosterpforte der Franziskaner abgegeben hast.« Noch einmal hob er die Hand. Aber sie blieb auf halbem Weg zu Kilian in der Luft stehen. »Ich dachte, das mit uns sei etwas Besonderes«, sagte er. »Aber vielleicht hast du ja wirklich etwas mit der Kleinen.«
    Zum ersten Mal richtete er seine dunklen Augen auf Lena. Wie Kohlestückchen, die zu lange im Herd gelegen haben, dachte sie. Mit einer schnellen Bewegung griff er in ihre Haare und drehte eine seidige Strähne um sein Handgelenk. Sie war so erschrocken, dass sie nicht einmal schreien konnte.
    »Schau sie dir an, Kilian. Siehst du nicht, was sie ist. Ein Lockvögelchen des Bösen, ein Lustversprechen, mit dem der Teufel uns versucht.« Seine große Nase bewegte sich witternd auf und ab. »Und riechst du es nicht, Kilian. Sie stinkt nach Fisch. Was ist unter der glänzenden Fassade, nichts weiter als Blut und schleimiges Fleisch und Verfall. Wahrhaft ein hübsches Kind!«
    Lena stiegen die Tränen in die Augen. Nur in der Gegenwart von Marx Anstetter hatte sie sich so beschmutzt gefühlt.
    »Lass sie los!«, rief Kilian.
    Mit einem leisen Lachen löste der Prior die Hand aus Lenas Haar, die es mit einer schnellen Bewegung unter ihre Kapuze strich. Sie würde ein Bad nehmen müssen. Und zwar nicht nur wegen des Fischgeruchs. Ich will hier weg, dachte sie.
    »Ich weiß nicht, ob ich dir glauben kann«, sagte Kilian leise. »Aber ich weiß, dass man in der Hölle brennt, wenn man so lebt, als gäbe es keinen Gott.«
    Der Prior schickte ihm ein mildes, fast abgeklärtes Lächeln. »Schon wieder ein Denkfehler, Kilian!« Er schüttelte den Kopf. »Ts, ts, was soll ich nur von dir denken? Wenn es so ist, wie du meinst, dann gibt es auch keine Hölle.«
    Ohne ihn noch einmal anzusehen, drehte er sich um, zog die Kapuze über seine Augen und ging zu seinem Kloster zurück. Kilians Blick folgte ihm.
    »War er’s nun oder war er’s nicht?«, fragte Lena.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte er müde und setzte sich in Bewegung, zurück in den belebteren Teil der Stadt.
    »Aber wenn er es nicht war, wer dann?«
    »Dein Burgunder jedenfalls nicht. Fredis Beschreibung passt nicht auf ihn.«
    Es gab so viele Fragen, auf die sie keine Antwort fanden.
    Als sie den Kornmarkt überquert hatten, standen sie ganz plötzlich am Scheideweg – dort, wo die Webergasse geradeaus weiterführte und der Weg zum Franziskanerkloster nach rechts abbog. Kilian stockte.
    »Was ist?« Lena schaute ihn stirnrunzelnd an. »Du könntest mit mir kommen. Heute gibt es bei uns Zwiebelkuchen. Der von Martha ist der beste in der ganzen Stadt. Und danach gehst du heim zu deinem Onkel.«
    Kilian lachte leise. »Genau das habe ich eben auch gedacht und mir ein warmes Federbett und ein heißes Bad außer der Reihe gewünscht.« Aber dann schüttelte er den Kopf und wandte sich nach rechts. »Eine Pritsche bei den Franziskanern tut es auch.«
    Er winkte zum Abschied und ließ Lena allein.
    Unschlüssig stand diese am Eingang der Straße und dachte nach. Was hatte der Ausflug in die Stadt ergeben? Herzlich wenig, außer einer unfreiwilligen Begegnung mit einem Fischstand, die sich – sie schnupperte unwillig – immer weniger verleugnen ließ. Fredi war von einem großen Mann mit Hut in den Weinberg geschickt worden, vor dem er eine Heidenangst hatte. Ob dieser Balduin von Stetten war, würde sich nicht so leicht beweisen lassen. Aber wenigstens war es nicht Lionel. Ihre Ermittlungen gerieten ins Stocken.
    In diesem Moment kam Lena eine Idee. Warum war sie nicht schon viel früher darauf gekommen? Sie setzte sich in Bewegung, ging ein kleines Stück in die Webergasse hinein und bog dann nach rechts ab in Richtung des Fürstenfelder Hofs. Hier lebte jemand, der Meister Anstetter sehr nahegestanden hatte und vielleicht über seine Pläne und das Stelldichein im Weinberg informiert gewesen war. Die Magd Loisl, auf die sich Lena gar nicht freute, denn gewiss würde ihre Begegnung nicht ohne Vorhaltungen und Streitereien

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