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Die Himmelsmalerin

Die Himmelsmalerin

Titel: Die Himmelsmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Rosenberger
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waren nur noch wenige Schritte bis zur Pforte. Schon hatte er den Bruder Pförtner angesprochen. Was sollte sie tun? Lena biss sich auf die Lippen und strich, wie immer, wenn sie sich unsicher fühlte, mit einem Bein die Wade des anderen rauf und runter.
    »Verflixt!«, flüsterte sie. Noch mehr Flüche für ihre sonntägliche Beichte! Sie fürchtete sich vor Prior Balduin, aber sie konnte Kilian nicht allein lassen – erst recht nicht, wenn er sie nicht bei sich haben wollte.
    Einen Moment später stand sie neben ihm und schaute dem Bruder Pförtner ins Gesicht, der sie kurzsichtig anblinzelte. »Grüß Gott!«
    »Muss das sein?«, zischte Kilian.
    Sie nickte verbissen.
    »Er verachtet dich.«
    »Das macht nichts«, flüsterte sie.
    Kopfschüttelnd bat der in die Jahre gekommene Dominikaner die beiden herein und kündigte sie beim Prior an, während sie wartend im Torraum herumstanden und die Wände anstarrten. In dem jungen Handwerker hatte sein Mitbruder mit Mühe den begabten Novizen und Bruder Schulmeister erkannt. Doch dass eine Frau um eine Audienz bat, war gänzlich unerhört.
    Als er zurückkam, druckste er herum. »Prior Balduin erwartet dich, Bruder Kilian. Aber die Dame  …« In das Wort legte er so viel Verachtung wie möglich. »Sie muss vor dem Tor des Klosters warten. Der Konvent ist auf ihren Besuch nicht eingerichtet.«
    »Nein.« Kilian schüttelte beharrlich den Kopf. »Lena Luginsland begleitet mich. Dann muss Balduin eben zu uns kommen.«
    Bei der würdelosen Anrede wurde der alte Mönch zuerst blass und dann knallrot. Er verließ sie, um seinen Prior von der neusten Entwicklung der Dinge zu unterrichten. Gäste, die auch noch Ansprüche stellten!
    Währenddessen warteten sie im Windschatten der Spitalmauer. Darüber wölbte sich ein klarer, blauer Himmel, der die Kälte nicht vertreiben konnte. In einen dunkelgrauen Mantel gehüllt, ging ein Aussätziger vorüber und klingelte mit seinem Glöckchen. Unwillkürlich hob Kilian seine Hand und segnete ihn.
    »Meinst du wirklich, er gibt sich die Blöße und kommt?« Unsicher trat Lena von einem Bein aufs andere.
    »Wir werden sehen«, sagte Kilian.
    »Hoffentlich«, sagte sie und versuchte, daran zu glauben.
    Nach erstaunlich kurzer Zeit öffnete sich das Tor, und heraus trat mit weit ausgreifenden Schritten der Prior. Er sah sich um und kam auf sie zu. Lenas Herz begann zu klopfen. Groß, schlank und in sein schwarzweißes Habit gekleidet, war er eine imposante Erscheinung. Über seinen Kopf hatte er die Kapuze geschoben und die Hände in die weiten Ärmel gesteckt. Ganz klar, mit den beiden jungen Menschen, dem abtrünnigen Novizen und der Frau, wollte er nicht gesehen werden. Als er herangekommen war, streifte er die Kapuze zurück. Flammende Augen senkten sich auf Kilians Gesicht und erinnerten Lena an die dunklen Blutegel beim Bader, die sich auf der Haut der Kranken festsaugten.
    »Ich sehe, du hast dir Verstärkung mitgebracht, Kilian.«
    Lena trat einen Schritt zurück, so viel Verachtung lag in den Worten des Priors.
    »Das tut hier nichts zur Sache.«
    »Nun, jedenfalls bist du zu mir zurückgekommen.« Eine langfingrige Hand schob sich aus dem Ärmel und hob sich Kilians Gesicht entgegen, der, die Mauer im Rücken, so weit wie möglich zurückwich.
    »Nicht, um zu bleiben!«, sagte er.
    Der Prior nickte. »Du hast franziskanische Freunde gefunden. Es scheint dir nicht schwerzufallen, dein Fähnchen nach dem königlichen Wind zu drehen.«
    »Darum geht es hier nicht.«
    »Und worum geht es dann?« Die Stimme des Priors war sanft, fast freundlich. Aber Lena hörte den lauernden Unterton. Und da war noch etwas anderes, das sie nicht benennen konnte. Kilian, der einen ganzen Kopf kleiner war als der Prior, machte einen Schritt auf ihn zu und starrte ihm herausfordernd in die Augen.
    »Ich frage dich, Balduin von Stetten: Hast du Bruder Ulrich von Teck und Marx Anstetter ermordet?«
    Lena zuckte zusammen. Warum musste Kilian so ohne Umschweife mit der Tür ins Haus fallen? Der Prior lachte kurz auf. Wirklich überrascht hatte ihn die Frage nicht. »Du hast ja eine gute Meinung von mir! Warum sollte ich das tun?«
    »Du hattest allen Grund dazu«, sagte Kilian kalt.
    »Es stimmt, Bruder Ulrich hat seine lange Nase in Dinge gesteckt, die ihn nichts angingen. Und durch seine Verwandtschaft mit dem Herzog war er in der Lage, mir in die Suppe zu spucken. Aber umbringen …« Der Prior schüttelte den Kopf. »Ich mache mir ungern die Hände

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