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Die Himmelsmalerin

Die Himmelsmalerin

Titel: Die Himmelsmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Rosenberger
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den späten Besucher einließ. »Es wird Zeit, dass das Chorfenster fertig wird. Prior Johannes wartet schon.«
    Lionel schob sich durch die Tür. »Ob Ihr’s glaubt oder nicht. Mich drücken im Moment ganz andere Sorgen.«
    Der Franziskaner führte ihn in sein Studierzimmer, in dem so viele Kerzen brannten, dass er sich auch abends noch mit seinen Büchern beschäftigen konnte. Dort drückte er ihn auf einen Stuhl. Auf dem Schreibpult lag aufgeschlagen eine kostbare Handschrift. Lionel starrte auf die farbig illuminierten Buchstaben, die im Licht der Kerzen glänzten, und blickte irritiert auf, als er aus dem Krankensaal leises Stöhnen hörte.
    »Ich habe einige Fieberkranke hier, aber nichts Lebensbedrohliches.« Bruder Thomas hob beruhigend die Hand. »Aber was ist mit Euch? Ihr seht aus, als hättet Ihr einen Geist gesehen.«
    Lionel nickte. »So fühle ich mich auch. Ich komme nach Esslingen zurück und finde die Stadt voller Gespenster und die Welt aus den Fugen.«
    »Nun, wenn Ihr den Mord an Anstetter meint …« Thomas stützte seine Hände auf den Tisch und schaute Lionel offen in die Augen. »Wir kriegen Valentin schon frei. Die Argumentation der Anklage steht auf tönernen Füßen. Rein zeitlich konnte er den Tübinger gar nicht umbringen.«
    »Es geht mir jetzt weniger um ihn, sondern um Madeleine – auch wenn das eine vielleicht mit dem anderen zu tun hat. Sie ist verschwunden.«
    »Was?« Thomas stand auf. Alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. »Wartet!« Er ging zur Tür. »Ich hole Kilian. Sie hat ihn heute Morgen noch besucht.«
    Mit großen Schritten verließ er die Studierstube und kehrte kurz darauf zurück, im Schlepptau den Novizen, aus dem jetzt, eine gute Woche nach seiner Rettung, wieder ein hübscher Bursche mit braunem, lockigen Haar geworden war, dessen Hals allerdings noch in verschiedenen Gold- und Grüntönen schillerte. Jetzt war er sehr blass, und seine dunklen Augen blickten bekümmert.
    »Setzt Euch!« Bruder Thomas schob Kilian auf den letzten freien Stuhl und schenkte beiden einen Becher klares Brunnenwasser ein. »Und trinkt! Es ist nur Gänsewein, aber ein kühler Schluck beruhigt alle Mal.«
    »Meister Lionel! Ihr müsst mir glauben! Ich habe Lena seit heute Mittag nicht mehr gesehen.« Kilian schob den Becher von sich. »Ich hätte sie da nicht reinziehen sollen.«
    Lionel nickte und biss sich auf die Lippen. So etwas hatte er schon befürchtet.
    »Nur Ruhe, Bruder Kilian«, sagte Thomas beruhigend. »Es hat niemand etwas davon, wenn Ihr uns hier zusammenklappt. Trinkt! Und dann berichtet!«
    Stockend und mit Unterbrechungen erzählte Kilian die ganze Geschichte. Wie sie den Gassenjungen gesucht und schließlich gestellt hatten, wie sich ihr Verdacht gegen Prior Balduin erhärtete. Und wie sie versucht hatten, den Obersten der Esslinger Dominikaner aus der Reserve zu locken.
    »So ein Unsinn!«, warf Bruder Thomas an dieser Stelle ein. »Auch wenn Bruder Ulrich ihm auf die Füße getreten ist. – Ihr glaubt doch nicht wirklich, dass sich der Prior nachts aus dem Kloster stiehlt und zum Meuchelmörder wird!«
    »Er hatte Grund genug dazu.«
    Lionel und Thomas wussten beide, was er meinte. Aber weder dem einen noch dem anderen würde das Wort »Sodomie« in Kilians Gegenwart über die Lippen kommen.
    »Trotzdem, er hat andere Möglichkeiten, jemanden kaltzustellen«, beharrte Thomas. »Und aus welchem Grund sollte er Marx Anstetter töten?«
    »Wegen Valentin«, sagte Kilian leise.
    Lionel zog die Augenbrauen hoch. Da taten sich Abgründe auf, von denen er lieber nichts wissen wollte.
    Thomas schüttelte den Kopf. »Man kann von Prior Balduin denken, was man will. Aber ihm Rachsucht zu unterstellen, geht sicher zu weit. Ich gebe Euch einen guten Rat, Kilian: Macht Eure Hände nicht mit der Suche nach dem Mörder schmutzig. Um Valentins Unschuld zu beweisen, ist das gar nicht notwendig. Er kann Anstetter nicht umgebracht haben.«
    »Aber der Mörder muss noch in Esslingen herumlaufen«, sagte Kilian eindringlich. »Und jetzt hat er höchstwahrscheinlich Lena in seiner Gewalt. Dieser Gassenjunge Fredi hat uns erzählt, dass sein Auftraggeber ein großer Mann war, dunkel gekleidet und mit schwarzem Hut. Das könnte auf Balduin passen. Ich muss unbedingt zurück ins Dominikanerkloster.«
    Kilian wollte aufspringen, aber Lionel griff blitzschnell zu und drückte ihn wieder auf den Stuhl.
    »Das werdet Ihr bleiben lassen.« Er hatte den Tag in den Knochen, den Ritt nach

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