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Die Himmelsmalerin

Die Himmelsmalerin

Titel: Die Himmelsmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Rosenberger
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seinem Anspruch gegen die gottgewollte Ordnung. Niemals wird Gottes Stellvertreter auf Erden ihm die Kaiserkrone aufsetzen.«
    »Papst Johannes ist nicht der Einzige, der das könnte.«
    »Aber er allein hat das Recht dazu. Ein Betrüger krönt keinen rechtmäßigen Kaiser.« Roteneck beugte sich über den Tisch. Seine Augen glitzerten fanatisch.
    »Und was wäre, wenn Euer Plan gelänge?«, fragte Lionel. »Wen wollt Ihr auf Ludwigs Thron setzen? Friedrich von Habsburg ist ein kranker Mann und hat dem König die Treue geschworen.«
    »Gott wird Ludwig richten, und er selbst wird einen Nachfolger bestimmen, der Mutter Kirche genehm ist.«
    Lionel lachte bitter. »Und Euch, der sich anmaßt, Herr über Leben und Tod zu sein.«
    »Ich spiele hier keine Rolle«, sagte Roteneck bescheiden. »Ich bin nur derjenige, der der Gerechtigkeit zu ihrem Lauf verhilft.«
    Er stand auf und ging zur Anrichte hinüber, um etwas auszupacken, das im Dunkeln lag. Ein Seidentuch raschelte, und Roteneck trug einen Dolch zum Tisch wie eine Opfergabe. In seiner Klinge fing sich das Kerzenlicht. Auch wenn bräunliche Flecken sie verdunkelten, erkannte Lionel sofort, was das für ein Messer war. Er sprang auf und presste seine Hände an die Tischkante.
    »Woher habt Ihr das? Es gehört Madeleine!«
    »Nun, ich habe dieses Meisterwerk der Waffenschmiedekunst bei ihrem Bräutigam gefunden, der es ihr wohl gestohlen hatte. Vermessen wie er war, wollte er mir damit drohen.«
    »Er starb durch dieses Messer. Merde! « Ein Anflug von Mitgefühl erfasste Lionel. Sicher hatte Anstetter zuletzt bitter bereut, so todesmutig gewesen zu sein.
    Roteneck nickte. »Ich konnte es wieder an mich bringen, und es ist noch immer scharf genug für … weitere Aufgaben.«
    Lionel runzelte die Stirn. Es war so widersinnig, so völlig unglaublich. »Ihr wollt … König Ludwig … mit Madeleines Messer töten?«
    Roteneck füllte seinen Becher noch einmal und trank ihn in einem Zug leer. Dann wischte er sich über die Lippen und sah den Glasmaler durchdringend an.
    »Warum ich?«, fragte er, und Lionel verstand, bevor er weitersprach. »Nicht ich werde den König töten, sondern Ihr. Nur dann werdet Ihr Euer Mädchen und die anderen Geiseln wiedersehen.«

42
    Sie wusste nicht, ob es Tag war oder Nacht, denn im Verlies herrschte vollständige Dunkelheit. Stundenlang hielt sie Loisl im Arm, die nicht aufhören konnte zu zittern. Roteneck hatte sich, als es ihm bei Lena nicht gelungen war, an der Magd schadlos gehalten. Viel zu lang hatte er sie im Schlafzimmer festgehalten, und Lena hatte ihre Schreie gehört. Jetzt starb sie fast vor schlechtem Gewissen und war eigentlich ganz froh, Loisls zerschlagenes Gesicht mit dem geschwollenen Auge nicht sehen zu müssen. Eng an eng saßen sie auf Lenas noch immer nach Fisch stinkendem Mantel auf dem Boden, während draußen der Wächter, der sie nun keinen Moment mehr alleine ließ, leise schnarchte. Lena tastete nach dem Wasserkrug und zog ihn zu sich heran.
    »Trink!«, sagte sie leise und hob ihn an Loisls Lippen. Danach trank sie selbst. Das Wasser schmeckte brackig und abgestanden, aber es würde ihnen Kraft geben, um durchzuhalten. Brot gab es auch, einen harten Kanten nur, aber immerhin. Essen konnte sie trotzdem nichts, dafür war das Gefühl zu stark, dass sich die Welt rund um sie her in ihre Bestandteile auflöste. Plötzlich flackerte ein Kienspan auf und leckte mit seinen Lichtzungen über die feuchten Wände des verlassenen Weinkellers. Sie blinzelte, das Licht tat ihren Augen weh. Ein Mann näherte sich. Er war komplett in Rüstung und trug sogar noch einen Helm mit Nasenschutz. An einem Seil zog er einen Gefangenen hinter sich her, der ziellos herumstolperte, weil man ihm einen Sack über die Augen gezogen hatte.
    »He, Erhard!«
    Der schlafende Wächter verschluckte sich an einem Atemzug, hustete und schlug die Augen auf.
    »Die zwei Schlampen kriegen Gesellschaft.«
    Loisl in Lenas Arm zitterte so stark, dass ihre Zähne aufeinanderschlugen. »Gott hat uns verlassen«, murmelte sie.
    »Still!«, flüsterte Lena und drückte ihren Oberarm.
    »Wer ist das, Marquard?« Der Krieger rappelte sich mühsam auf und zog seine Beinlinge und sein wattiertes Obergewand zurecht.
    »Ein mieser kleiner Spion. Roteneck gab die Weisung, ihn hier … verschwinden zu lassen«, sagte der andere und fügte leise hinzu: »Der Ritter verlässt die Stadt.«
    Lenas Erleichterung war so groß, dass die Wände ihres Gefängnisses

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