Die Himmelsmalerin
gut für ihn ist, würde er bei uns unterkommen«, brummte Balduin.
Der Dominikanerorden stand sehr viel treuer zum Papst als die aufmüpfigen Franziskaner. »König Ludwig hat die Wahl«, sagte Johannes. »Er könnte sich genauso gut in den Pfleghof seines Klosters Fürstenfeld begeben. Sicher würden ihn auch die Zisterzienser im Salemer Hof gern beherbergen. Aber da sein Wohlwollen den Franziskanern gilt, wird er wahrscheinlich unser Gast sein. Also darf unser Gotteshaus die Ehre Gottes ruhig in all ihrer Herrlichkeit spiegeln, zumal diese Fenster belehrend für alle Christen sein werden, die es besuchen.«
»Die Herrlichkeit Gottes äußert sich in der Schöpfung am allerbesten.« Sein Mitbruder Thomas blickte streitlustig in die Runde. »Wie der heilige Franziskus ganz richtig bemerkt hat.«
»Manchmal sind Gelübde ganz praktisch.« Johannes rieb sich zufrieden die Hände. Die Katze hatte er eindeutig im Sack. »Und da du nicht anders kannst, als deinem Prior gegenüber Gehorsam zu üben, mein lieber Thomas, hast du sicher schon ein passendes Bildprogramm entwickelt.«
Bruder Thomas nickte unwillig. »Nun. Gezwungenermaßen gebe ich ein Passionsfenster nach der Biblia Pauperum vor, der Bibel der Armen. Das besondere Format bringt es mit sich, dass sich rechts und links des Mittelstreifens Szenen aus dem Alten Testament befinden werden.«
»Ich würde gerne Propheten in die Zwickel einsetzen«, sagte Lionel Jourdain.
»Sehr schön, mein junger Freund«, freute sich Johannes.
»Natürlich«, Thomas nickte. »Bei der Anzahl der Bilder – 45 an der Zahl – lässt sich über alles reden.«
Marx Anstetter runzelte die Stirn und zählte mit Hilfe seiner Finger. Sicher überschlug er, wie viel Einkommen der Werkstatt Luginsland bei dieser gewaltigen Anzahl entging.
»Und in der Mitte wird die Geschichte des Gottessohns dargestellt«, überlegte der Prior. »Sein heiliges Leben zur Erbauung unserer Mitbrüder und des Königs.«
»Meister Heinrich Luginsland hier wird mir sicher dabei helfen, den Auftrag zu Eurer Zufriedenheit zu erledigen.« Lionel Jourdain legte seine Rechte auf die Hand von Lenas Vater.
Jetzt konnte der Tübinger sich nicht mehr beherrschen. »Wenn der Burgunder so sehr auf unsere Unterstützung angewiesen ist, dann frage ich mich doch, warum Ihr, Hochwürden, nicht gleich ohne seine Hilfe auskommt.«
»Ein dicker Fisch von Auftrag ist Euch da wohl durch die Lappen gegangen.« Meister Heinrich Parler lachte, und Anstetter wurde knallrot.
Lena sah, wie Kilian Valentin heimlich zuzwinkerte. Wenigstens die Jungen schienen sich noch zu kennen.
»Mein junger Freund«, nahm der Oberste der Franziskaner das Wort an sich. »Meister Lionel Jourdain hier ist nicht irgendein Glasmaler. Trotz seiner Jugend besitzt er beste Referenzen. Er ist auf der Isle de France ausgebildet worden und hat im Elsass, in Frankreich und in Spanien an mehr Kirchen gearbeitet, als ich Finger an beiden Händen habe.«
Beeindruckt schaute Lena nach rechts und sah den Burgunder im Profil, seine gerade, klar geschnittene Nase und die hohe Stirn. Seine Augen waren voll freundlicher Selbstsicherheit auf den Tübinger gerichtet, der feindlich zurückstarrte.
Kurz darauf löste Meister Heinrich Luginsland die Tischrunde auf.
8
Sie war so wunderschön. Die leuchtenden Augen, die rotblonden Haare, die in langen glänzenden Wellen über ihre Schultern fielen. Den ganzen Abend hatte Valentin versucht, irgendwo anders hinzuschauen, aber es war ihm nicht gelungen. Das Stück Fleisch vom Kapaun, das ihm der Burgunder auf Weißbrot serviert hatte, lag unberührt auf seinem Teller, denn immer, wenn sein Blick sie wie zufällig streifte, verknotete sich sein Magen. Valentin liebte Lena, seit er denken konnte. Lena hatte immer gern gelacht, aber jetzt schien sie bekümmert, der Blick ihrer Augen nicht so frei und fröhlich wie sonst, vor allem, wenn sie sich ihrem Bräutigam zuwandte. Kein Wunder, dachte er voller Genugtuung. Dieser Geck in seinem teuren Gewand und mit dem Hut, den er über den Stuhl geworfen hatte – wenn er sich vorstellte, dass Lena ihm bald gehören würde, legte sich ein eiserner Ring um sein Herz. Sie kann ihn nicht lieben, dachte er. Der Burgunder, der etwa gleich alt war wie der Tübinger, schien da ganz anders beschaffen zu sein. Ein Handwerker von Format, einer, der seine Arbeit verstand. Als Lenas Vater die Tafel endlich aufhob, erhob sich Valentin zögernd. Der burgundische Glasmaler verließ den
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