Die Himmelsmalerin
er so treibt. Das ist mein guter Rat an alle Ehefrauen, die keinen Ärger wollen.«
»Wen kennt ihr in Esslingen eigentlich nicht?«, flüsterte Lena heiser.
Die beiden warfen sich einen amüsierten Blick zu und zuckten die Schultern. »Man hört so allerlei«, sagte Hanna ausweichend.
In diesem Moment trat eine Gruppe lärmender Flößer in die Schenke und setzte sich unweit von ihnen an einen Tisch. Es waren raubeinige, ungewaschene Schwarzwälder mit struppigen Bärten und zerrissenen Hemden. Sicher hatten sie vor, ihren frisch verdienten Lohn zu verjubeln.
»Wein für alle«, rief der Anführer und winkte dem Wirt. »Und was Anständiges zu essen!«
Die Huren nahmen Witterung auf und setzten sich in Positur. Ich muss mich beeilen, dachte Lena. »Ich frage mich, ob ihr auch wisst, mit wem die Dominikaner ….«
»Unzucht treiben?«, fragte Berthe sanft. »Mit uns, aber auch mit jeder und jedem, den sie in die Finger bekommen. Schließlich haben sie unter der Kutte das Gleiche wie alle Männer.« Geschockt trank Lena noch einen großen Schluck Wein. So genau hatte sie das auch wieder nicht wissen wollen.
»Und sie gehen ins Haus an der Froschweide?«
Berthe schaute sie schlau an. »Dass sie es treiben, soll ein Geheimnis bleiben. Da werden sie sich wohl nicht ins städtische Frauenhaus begeben.«
Lena nickte unwillig und nippte noch einmal am Wein. An den konnte man sich gewöhnen. Seltsamerweise begannen die Wände sich auf und ab zu bewegen, und der Fußboden schwankte verdächtig. Der Wirt setzte einen weiteren Becher vor ihr auf den Tisch und stellte dann Holznäpfe mit Eintopf vor die Flößer.
»Natürlich greifen auch wir ihnen hin und wieder unter die Kutte«, sagte Berthe bescheiden. »Vorausgesetzt, sie können zahlen.«
»Nur bei Pater Ulrich nicht«, schränkte Hanna ein.
»Also kann es sein, dass er einem von ihnen auf der Spur war, in der Nacht, als er …« Irgendwie konnte sie ihre Gedanken nicht mehr sortieren. Weshalb war sie eigentlich gekommen?
»Natürlich, aber dafür musste er gar nicht so weit raus aus dem Kloster. Prior Balduin kann seine Finger nicht von seinen hübschen Novizen lassen.«
Ein Teil von Lena fand die Wortwahl so witzig, dass sie loskicherte. Ein anderer Teil fragte sich entsetzt, was daran zum Lachen war. In diesem Moment setzten sich die fünf Flößer an ihren Tisch, polterten mit ihren Bechern auf die Tischplatte und prosteten den Huren zu, die ebenfalls ihre Becher hoben und mit den Männern zu schäkern begannen. Lena saß schweigend dabei. Eine weitere Runde wurde ausgegeben, bei der auch sie aus purer Höflichkeit noch einen dritten Becher Wein annahm.
»So, nun muss ich aber«, sagte sie, als sie ihn geleert hatte, und erhob sich, wobei sie entsetzt feststellte, dass der Raum sich um sie zu drehen begann.
»Aber nein.« Berthe drückte sie wieder auf ihren Schemel.
»Trinkt mit uns, Jungfer Lena!«
Neben ihr hockte ein vierschrötiger Mann mit struppigem schwarzem Bart, der immer wieder versuchte, ihr die Hand auf den Oberschenkel zu legen. Er sagte etwas, aber sein Schwarzwälder Dialekt war Lena so fremd, dass sie kein Wort verstand.
»Nicht«, sagte sie schwach und schob die Hand weg.
»Lena, jetzt haben wir dir deinen Wunsch erfüllt«, meinte Berthe. »Nun bist du mit einer kleinen Gegenleistung dran.«
Die Hand des Anführers der Flößer lag in Berthes Ausschnitt und entblößte eine voluminöse Brust. Lena konnte kaum die Augen von der großen, braunen Brustwarze wenden, über die die schwieligen Finger strichen.
»Ich …was?«
»Du sollst für uns auf dem Tisch tanzen.«
Die Flößer grölten, lachten, und ehe sie sich’s versah, fühlte sich Lena um die Hüfte gepackt und auf den Tisch gehoben. Flößer und Huren klatschten in die Hände, und aus irgendeiner Ecke erklang eine Flöte. Die Hände des Schwarzhaarigen aber strichen ihr langsam aber sicher unter ihrem Rock die Schenkel hinauf, während die Wände des Raums sich immer schneller zu drehen begannen. »Mir wird schlecht«, sagte Lena.
»Merde!« Ein Mann schob sich durch den Kreis von Schaulustigen und stieß die Leute unwirsch zur Seite. Nach und nach drang in Lenas getrübtes Bewusstsein, dass es Meister Lionel war, der die Umstehenden um eine gute Haupteslänge überragte. Er sah so zornig aus, dass Lena zu lachen begann und nicht wieder aufhören konnte. Als der Schwarzhaarige die Fäuste hob, traf ihn ein Schlag vor die Brust, der ihn zu Boden
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