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Die Himmelsmalerin

Die Himmelsmalerin

Titel: Die Himmelsmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Rosenberger
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war die Zeit für ein offenes Wort gekommen.
    »Mein junger Freund.« Der Prior schaute ihn aufmunternd an, und er blickte finster zurück. Zu viel Freundlichkeit machte ihn misstrauisch. »Eure Leidenszeit hat jetzt ein Ende. Ihr steht unter meinem persönlichen Schutz.«
    »Und unter dem des Königs«, warf Lena vorwitzig ein.
    »Nun, wenn Ihr es so nennen wollt.« Johannes lehnte sich zurück und faltete zufrieden die Hände über seinem Bauch.
    »Aber was werden die Dominikaner und der Ritter von Hardenberg dazu sagen?« Valentin wusste, wie mächtig seine Feinde waren. Er stand in Verdacht, einen hochgestellten Mönch ermordet zu haben, und der König war weit weg.
    »Das lasst ruhig meine Sorge sein«, sagte Johannes selbstbewusst. »Meine Position ist stark genug, um mich den Widerständen entgegenzustellen.«
    »Prior Balduin tut es sicher gut, auf seinen Platz verwiesen zu werden«, stimmte ihm Bruder Thomas tief befriedigt zu.
    »Meint Ihr?«
    Sie fuhren herum. Lena schrie auf. Der Burgunder zog sein Kurzschwert mit einem sirrenden Geräusch aus der Scheide. Im Gegenlicht des frühen Abends stand ein Mann im Eingang, eine vierschrötige, dunkle Gestalt, der ein Schwert von der Hüfte baumelte. Ohne Eile trat der Hardenberger in den Raum, gut gerüstet mit Kettenhemd und mit einem leichten Panzerhelm. Jetzt, dachte Valentin, ist alles aus.
    »Steckt Eure Waffe weg, Meister Jourdain«, sagte der Gefolgsmann des Herzogs. »Das Haus ist umstellt.«
    Er setzte sich an den Tisch, goss etwas Traubenmost in einen Becher und trank. Lionel legte sein Schwert mit einem saftigen Fluch auf den Tisch. Dann schwiegen sie. Die Stille hätte man in Scheiben schneiden können. Franz kroch zu seiner Mutter auf den Schoß, die so weiß wie ein Leintuch geworden war. Lena suchte Valentins Blick, doch er schüttelte den Kopf.
    »Ihr seid also Valentin Murner«, sagte der Hardenberger nachdenklich. »Gestattet mir, dass ich Euch genau betrachte, denn schließlich habe ich lange nach Euch gesucht.«
    Unter seinem scharfen Blick wurde Valentin knallrot und ballte seine Fäuste.
    »Es war mir gar nicht klar, dass Ihr so jung seid …« Er wandte sich an die Franziskaner. »Euch zu folgen war ein Kinderspiel. Wusstet Ihr nicht, dass sowohl das Haus des Glasmalers Luginsland als auch diese hübsch gelegene Kate schon seit geraumer Zeit unter Beobachtung stehen? Um die Mitwisser zu überführen.«
    Der burgundische Meister fluchte in seiner Muttersprache wie ein Kesselflicker.
    »Ich musste nicht einmal dem einzigen Schwertträger unter euch folgen. Meister Lionel hätte sicher die Hand gegen meine Leute erhoben und sich damit in größte Schwierigkeiten gebracht. Die Geistlichkeit war bequemer und ungefährlicher.«
    Prior Johannes kochte vor Zorn. »Der Junge genießt meinen Schutz und das Asyl des Franziskanerklosters.«
    »Ich sehe hier kein Kloster«, sagte der Hardenberger gelassen und nahm sich eine Scheibe Brot.
    »Ritter von Hardenberg«, mischte sich der Burgunder ein. »Ihr seid ein besonnener Mann und wisst, dass es berechtigte Zweifel an der Schuld des Jungen gibt. Also lasst uns auch vernünftig miteinander sprechen. Das Klosterasyl bedeutet, dass der Junge in der Stadt bleibt und für einen Prozess zur Verfügung steht.«
    »Klar wird er in einem Kloster auf seinen Prozess warten.« Der Hardenberger biss krachend in seine frische Brotscheibe und sprach mit vollem Mund. »Erstklassig, Euer Brot, Frau Renata. Aber nicht bei den Franziskanern, sondern im Dominikanerkloster, wo er hingehört.«
    Jetzt reichte es Valentin. Er sprang auf, war mit drei langen Sätzen an der Tür, rannte hindurch und stand in der blauen Dämmerung des Gartens. Doch bevor er sich umdrehen konnte, stürzte sich ein Riese auf ihn, warf ihn auf den Bauch, drückte sein Gesicht in den Staub und drehte ihm schmerzhaft die Hände auf den Rücken. Als er Valentin sein Knie ins Kreuz drückte, dachte dieser, ein Schrank sei auf ihn gefallen. Schmerzhaft zog der Riese ihn an seinen verdrehten Armen auf die Füße und kugelte ihm dabei beinahe die Schulter aus. Ein paar Sekunden lang sah Valentin nur Sterne.
    Im nächsten Moment war der Hardenberger bei ihm und band seine Handgelenke auf dem Rücken mit einem Lederriemen zusammen. Der Gefolgsmann, der ihn immer noch gepackt hielt, war zwei Köpfe größer als Valentin und mindestens dreimal so breit. Er hatte schwarze, stoppelige Haare und ein rundes, harmloses Gesicht, das jetzt zufrieden lächelte und

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