Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Himmelsmalerin

Die Himmelsmalerin

Titel: Die Himmelsmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Rosenberger
Vom Netzwerk:
dem einen Mal war es nicht geblieben. Es war eine Mischung aus Angst und Lust, die Kilian bewegte, wenn er Balduin im Kreuzgang oder in der Bibliothek begegnete. In der Zelle des Priors und zwischen den Regalen der Bibliothek, immer wieder nahm er das harte Glied des Priors zwischen die Finger. Und mehr und mehr erregte es ihn selbst, was sie da trieben. Das sah auch der Prior, der sich eines Tages vor ihn kniete, seine Kutte hob und Kilians steifes Glied in den Mund nahm. Das war so furchtbar und so köstlich zugleich gewesen, dass Kilian in einem Ausbruch von Lust fast sofort gekommen war. Und endlich hatte ihn Balduin da gehabt, wo er ihn haben wollte. Immer wieder führte er ihn mit dem Mund zum Gipfel und verlangte das Gleiche auch von seinem Liebhaber. Kilian hatte den Geschmack seines heißen Samens, der wie gekochte Hirse roch, noch auf den Lippen. Und Nacht für Nacht hatte er sich dafür gegeißelt und nach Gott gerufen, der beharrlich schwieg.
    Doch eines hatte er Balduin bisher versagt. Seinen ganzen Körper zu besitzen. Der Prior wollte mit ihm schlafen, wie ein Mann einer Frau beiliegt. Kilian hatte sich geweigert, weil er dachte, dass sich, wenn sie etwas so Widernatürliches tun würden, die Pforten der Hölle augenblicklich für sie öffnen würden.
    Und so hatte er ein Druckmittel gehabt, als die Schergen des Herzogs Valentin ins Kloster brachten. Mein Körper gegen Valentins Würde. Mein Arsch für Valentins Leben. Er hatte geklappt, der kleine Handel. Balduin fraß ihm aus der Hand, und Kilian hasste sich dafür. Er hatte Valentin gerettet, indem er ihn für die Wasserprobe vorgeschlagen hatte. Das war ein Risiko gewesen, und theologisch eigentlich nicht vertretbar, aber der Prior war trotzdem darauf eingegangen. Jetzt fehlte nur noch die Gegenleistung, zu der er sich bisher nicht hatte durchringen können.
    Kilian schloss sich der Reihe der Mönche an, die zur Non in die Kirche zogen. Die hohe schlanke Gestalt Balduins führte sie an, und einen Moment lang ruhten seine hungrigen Augen auf ihm. Doch Kilian wandte sich ab, als hätte er nichts bemerkt. Die Gesänge und die rituellen Worte des Stundengebets beruhigten ihn, aber auch im Chorgestühl war es, als ob sich zwischen seinen Mitbrüdern und ihm ein Abgrund auftat. Sie hatten alle gewusst, dass der Prior eine Vorliebe für Jungen hatte, die sich an der Schwelle zum Mannsein befanden. Alle hatten Bescheid gewusst, doch nur Pater Ulrich mit seinem bedingungslosen Mut und seiner Unbestechlichkeit hatte sich getraut, Prior Balduin darauf anzusprechen.
    »Bleibe fest im Glauben. Es geht vorüber«, raunte der Cellerar ihm zu. Ja, wenn er endgültig erwachsen war, würde ihn ein Jüngerer ablösen, aber noch hatte er seine Schuld nicht eingelöst. Schweigend zogen sie aus der Kirche. Irgendwann gehe ich nach Köln, dachte er.
    »Da ist ein Mädchen für Euch, Bruder Kilian«, sagte der Konverse, der heute Dienst in der Pforte tat. »Sie sagt, sie muss Euch unbedingt sprechen.«

    Unwillig folgte er ihm. Es konnte nur eine sein, die seine bittere Kontemplation störte. Diese Unruhestifterin! Er schluckte. Die Frage nach der Keuschheit der Mönche war schlimm für ihn gewesen, denn sie hatte ihm bewusst gemacht, dass sein Leben eine Lüge war. Da stand sie. Immer wieder vergaß er, wie schön sie geworden war – ein schlankes Mädchen mit langen rotgoldenen Haaren, dunkelblauen Augen und einem Mund, der gern lachte. Aber Valentin und Kilian hatten sie nicht wegen ihrer Schönheit geliebt. Jedenfalls nicht nur. Es war um Freundschaft gegangen, die, kostbar und empfindlich, unter dem Druck der Zeit zerbrochen war wie ein rohes Ei.
    »Hallo!«, sagte sie und biss sich auf die Lippen, was ihn beinahe zum Lachen brachte. Er erinnerte sich, wie begierig sie die Buchstaben in sich aufgesogen hatte, die er ihr im Weinberg ihres Vaters beigebracht hatte. Nur zwei Wochen hatte es gedauert, und Lena konnte die Sätze aus der Bibel fehlerfrei buchstabieren. Wenig später konnte sie schreiben. Sie war sein kleines Experiment gewesen und hatte alle Mutmaßungen widerlegt, dass Frauen keine Bildung erwerben konnten.
    Jetzt aber blitzte sie ihn mit dunklen Gewitteraugen an, und er wappnete sich. Peinlicher und schlimmer als die Frage, die sie beim letzten Mal gestellt hatte, konnte es ja wohl nicht kommen. »Was willst du?«
    »Es ist noch nicht vorbei«, sagte sie.
    »Was?«
    »Der Hardenberger setzt dem Valentin noch immer zu.«
    »Er will ihn also wieder

Weitere Kostenlose Bücher