Die Himmelsmalerin
und schwarze Köpfe, die sich im Gespräch einander zuneigten. Es herrschte ein Geschnatter wie auf dem Gänsehof. Obwohl niemand Notiz von ihr nahm, klopfte ihr das Herz bis in den Hals. Sie folgte einer Schar schwatzender junger Frauen ins Vorbad, zog sich neben den anderen komplett aus und übergoss sich mit frischem, klarem Wasser, das lauwarm in Krügen bereitstand. Als die Gerberin Höfler, die Mutter des Verlobten ihrer Freundin Griet, sich abrupt umdrehte, traf sie deren Ellbogen in die Seite. »Au!«, rief Lena unwillkürlich.
»Verzeihung«, brummte die Alte, die überwältigend nach der Lauge stank, in der die Gerber das Leder einweichten. Lena hoffte inständig, dass sie sie nicht erkannt hatte. Auf ihre Kleider passte während der Zeit des Bades die Gewandhüterin auf, eine grantige Alte, die jeden anfuhr, der sich dem Kleiderhaufen grundlos näherte. Lena streifte sich das leichte Leinenhemd über und bedeckte damit ihre Blöße.
»Hier bin ich«, flüsterte es plötzlich neben ihr. Da stand Rosi, wie Gott sie geschaffen hatte. Mit ihren vollen Brüsten, der schmalen Taille und den ausladenden Hüften war sie eine Zierde ihres Geschlechts, und Lena kam sich neben ihr viel zu mager vor.
»Wie dünn du bist!«, flüsterte die Freundin neidisch und ging ihr voran ins Schwitzbad. Jetzt verstand Lena, warum Rosi diesen Treffpunkt vorgeschlagen hatte. Der große Raum lag in schummrigem Halbdunkel. Dampf quoll aus den Ritzen in der Nähe des Ofens und erfüllte die Luft mit glühend heißer Feuchtigkeit. Wer auf den Sitzbänken Platz genommen hatte, mit Leinenhemd oder nackt wie Eva, konnten die Mädchen kaum erkennen. Die Luft war so glühend heiß, dass Lena fast nicht atmen konnte. Schweiß sammelte sich auf ihrer Oberlippe und im Nacken und lief ihr in langen Rinnsalen den Rücken herunter. Rosi führte Lena durch den überfüllten vorderen Bereich des Schwitzbads nach hinten, wo sich nur wenige Frauen aufhielten.
Berthe und Hanna saßen im dichten Hitzenebel vor der hölzernen Trennwand, hinter der man die tiefen Stimmen der Männer hörte. Berthe, üppig und schwarzhaarig, lagerte halb liegend eine Stufe höher als ihre Freundin. Sie war nackt und hatte ihr langes Haar über ihre Brüste und ihre Taille gebreitet. Hanna trug ein dünnes, leinenes Hemd, dessen Träger ihr über die Schulter gerutscht waren. Lena spürte, wie ihr unter den spöttischen Blicken der beiden noch heißer wurde. Wie praktisch, dass der Dampf die Auswirkungen ihrer Verlegenheit überdeckte.
»Seid gegrüßt, Jungfer Lena!« Berthe deutete eine spöttische Verbeugung an. »Ihr müsst verzeihen, dass wir unser Bad abseits von den ›anständigen‹ Frauen nehmen.«
Die Mädchen setzten sich etwas unterhalb auf die steinerne Bank. Lena zog die Beine hoch und legte die Arme darum. Ihr Badekleid war so nass, dass man es auswringen konnte.
»Ich brauche euren Rat!«
»Ach, tatsächlich?« Hanna, deren Locken schwer vor Feuchtigkeit auf ihren Schultern lagen, schüttete sich aus vor Lachen. »Fachlich oder nicht? Wenn’s ums Blasen, Küssen und Vögeln geht, sind wir Expertinnen.«
Lena musste schlucken. Verflixt! Immer wieder gelang es den beiden, sie in Verlegenheit zu bringen.
»Nun, gewissermaßen …«
»Schon gut«, mischte sich Berthe ein. »Wir haben dir beim letzten Mal übel mitgespielt, Kleine. Stell deine Frage, und wir werden sie, so gut wir können, beantworten.«
»Ich suche noch immer den Mörder des Dominikaners«, flüsterte sie. Salziger Schweiß lief ihr den Hals herunter und sammelte sich zwischen ihren Brüsten.
»Nun, da sind wir nicht die richtigen Ansprechpartner«, sagte Hanna bitter. »Die Dinge, auf die wir uns verstehen, hat er nicht praktiziert. Im Gegenteil, er drohte uns mit der Hölle.«
Lena nickte. »Ich weiß. Aber was ist mit meinem Verdacht, dass er jemandem auf die Schliche gekommen sein könnte?«
Berthe schaute sie nachdenklich an. »Dein Freund Valentin sitzt im Franziskanerkloster und wartet auf seinen Prozess. Als ob Gott sich bei der Wasserprobe nicht für ihn entschieden hätte. Und du willst ihn immer noch raushauen.«
Sie setzte sich auf und legte die Hände auf ihre ausladenden Schenkel. »Jetzt pass auf und hör gut zu. Die Dinge, die wir tun, liegen im Wesen von Männern und Weibern. Auch du wirst das früh genug merken. Na ja, vielleicht nicht unbedingt mit deinem Anstetter.« Als sie auf Lena herunterschaute, wickelte diese ihre feuchten Haare um sich wie einen
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