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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zumindest einen Dämpfer, denn in den Augen ihrer Mutter flackerten noch einmal Misstrauen und Zweifel auf, während sie die Blutflecken und unübersehbaren Kampfspuren im Gras musterte. Dann aber schüttelte sie betrübt den Kopf. »Du musst dir keine Vorwürfe machen, Arianrhod. Wenn es jemanden gibt, der Schuld an all dem hier ist, dann bin ich es.«
    »Aber warum?«, fragte Arri. »Du hast doch nur.«
    »Weil es mir offensichtlich nicht gelungen ist, dein Vertrauen zu erringen«, unterbrach sie ihre Mutter. »Es tut mir Leid. Vielleicht war ich in meinem Bestreben, dich Vorsicht und Misstrauen zu lehren, ein bisschen zu erfolgreich.« Sie lächelte bitter. »Aber man kann nicht alles haben, nicht wahr?«
    »Das ist nicht wahr!«, begehrte Arri auf. »Ich vertraue dir, aber.«
    »Aber nicht so weit, dass du zu mir kommst, um einen Fehler zuzugeben, der uns allen zum Verhängnis hätte werden können«, unterbrach Lea sie, und es waren diese Worte, die irgendetwas zwischen ihnen endgültig zu zerstören schienen. Die zur Versöhnung ausgestreckte Hand, die Lea ihr dargeboten hatte, war plötzlich nicht mehr da.
    Auch wenn der Vorwurf, den Arri in ihren Worten hörte, sicherlich nicht beabsichtigt war, er war da, und er machte es ihr nun vollends unmöglich, vielleicht doch noch die Wahrheit zu sagen.
    Nachdem Lea eine Weile vergebens auf eine Antwort gewartet hatte, wiederholte sie dieses flüchtige, bittere Lächeln, dann drehte sie sich mit einer abrupten Bewegung um und deutete in die Richtung, in der der Wagen stand. »Komm«, sagte sie. »Ich weiß nicht, was hier geschehen ist, aber wir sollten trotzdem so schnell wie möglich verschwinden - und aufpassen, dass uns keiner der Raufbolde folgt, die hier aufeinander eingedroschen haben. Vielleicht ist es sogar ganz gut so. Wenn wir uns beeilen, erreichen wir unser Ziel vielleicht noch bei Tageslicht.«
    Sie erreichten ihr Ziel nicht mehr vor Sonnenuntergang, was wohl daran lag, dass Lea für eine Weile den Wagen mit aller Vorsicht durch einen Bach lenkte, um so gut es ging ihre Spur zu verwischen, und später noch einmal aus dem gleichen Grund einen Umweg über ein holpriges Gesteinsfeld wählte, was den Wagen in allen Fugen ächzen und krachen ließ, sodass Arri schon Angst hatte, er würde auseinander fallen. Den übrigen Tag waren sie ununterbrochen nach Osten gefahren, und Lea hatte den Wagen nur ein einziges Mal für längere Zeit angehalten, damit die Pferde ihren Durst an dem kleinen Tümpel löschen konnten, an dem sie vorüberkamen. Auch Arri hatte absteigen und trinken wollen, doch ihre Mutter hatte sie mit einer raschen Handbewegung und einem kaum angedeuteten, aber warnenden Kopfschütteln zurückgehalten und stattdessen wortlos auf den ledernen Wasserschlauch gedeutet, der hinter ihnen auf der Ladefläche lag. Arri hatte sich zwar darüber gewundert - wenn das Wasser für die Pferde gut war, wieso dann nicht für sie? -, sich aber dennoch wortlos gefügt, so, wie sie auch fast den gesamten Tag über schweigend neben ihrer Mutter gesessen hatte. Die gesamte holprige Fahrt war in gedrückter Stimmung verlaufen, der jedoch sonderbarerweise nichts wirklich Feindseliges angehaftet hatte. Vielmehr hatte sie gespürt, dass ihre Mutter überhaupt nicht zornig auf sie war, wohl aber von großer Sorge erfüllt, und da sie - viel besser als ihre Mutter selbst - den Grund für diese Sorge kannte, war auch sie selbst immer schweigsamer und verschlossener geworden.
    Darüber hinaus gab es noch einen weiteren, handfesten Grund für Leas Anspannung: Ganz gleich, ob sie Arris Lügengeschichte nun geglaubt hatte oder nicht; das Blut und die Kampfspuren, die sie gefunden hatten, bewiesen ganz eindeutig, dass sie nicht so allein in diesem Teil der Welt waren, wie Lea es bisher angenommen zu haben schien; oder sie zumindest glauben machen wollte. Abgesehen von der einen Rast, die sie den Pferden gönnte, rollte der Wagen den ganzen Tag über ununterbrochen dahin, wenn auch manchmal so langsam, dass selbst ein Kind zu Fuß schneller gewesen wäre, denn das Gelände wurde im gleichen Maße schwieriger, in dem sie sich den Bergen näherten. Sie waren noch immer nicht sichtbar näher gekommen, doch ihre Umgebung hatte nun rein gar nichts mehr mit der Landschaft gemein, in der Arri aufgewachsen war.
    Es gab keinen Weg oder Pfad, und was Arri schon am Tag zuvor vermutet hatte, wurde nun zur Gewissheit, nämlich dass ihre Mutter diesen Weg noch nicht sehr oft genommen hatte;

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