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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Das Pferd versuchte sich loszureißen, aber Arri hielt den Strick mit aller Kraft fest, stolperte rückwärts gehend aus dem Stall und zog das widerstrebende Tier mühsam hinter sich her.
    Kaum waren sie draußen, stieß das Tier ein schrilles Kreischen aus, stieg auf die Hinterbeine und schlug mit den Vorderläufen aus. Arri zog hastig den Kopf ein, um nicht von den wirbelnden Hufen getroffen zu werden, hielt den Zügel aber weiterhin fest und zerrte das Tier mit sich. Aus dem Haus drang mittlerweile ein ganzer Chor gellender Stimmen, die ganz eindeutig nicht allein der Furcht und dem Schrecken entsprangen, sondern vor Schmerz schrien, und das flackernde rotorange Licht, das aus den Fenstern fiel, war noch kräftiger geworden.
    Lea eilte ihr entgegen und nahm ihr den Zügel ab, gerade als Arri sicher war, das scheuende Tier nicht mehr halten zu können. »Das andere!«, befahl sie. »Hol das andere Pferd auch! Schnell!«
    Arri stolperte blindlings los, um ihrem Befehl nachzukommen, aber sie verstand immer weniger, was ihre Mutter eigentlich vorhatte. Natürlich wollte sie nicht, dass die Tiere in ihrem Stall verbrannten, sollte das Feuer auf das ganze Haus übergreifen, aber warum ließ sie das Pferd dann nicht einfach laufen und half ihr, auch die anderen Tiere zu befreien? Egal. Torkelnd vor Schwäche und Angst, erreichte sie zum zweiten Mal die Stalltür und fuhr entsetzt zusammen, als sie plötzlich auch dahinter flackerndes rotes Licht erblickte. Das Schreien der Tiere war mittlerweile so schrill und angsterfüllt, dass es in ihren Ohren schmerzte, und ein warmer, scharf riechender Rauch schlug ihr entgegen. Arri brauchte all ihre Willenskraft, um ihre Furcht niederzukämpfen und weiter zu stolpern.
    Das Feuer hatte noch nicht auf den Stall selbst übergegriffen, aber es war nur noch eine Frage der Zeit. Der Schein der Flammen drang durch die schmalen Ritzen der Wände, wo der Stall an das eigentliche Haus grenzte, und derselbe, luftabschnürende Geruch, der das Haus erfüllt hatte, lag plötzlich auch hier in der Luft und machte ihr nicht nur das Atmen fast unmöglich, sondern trieb ihr auch beinahe sofort die Tränen in die Augen. Irgendwo links von ihr war ein riesiger, verschwommener Schemen, der sich aufbäumte und kreischend vor Angst an dem Strick riss, mit dem er festgebunden war, aber es war nicht nur dieses eine Pferd; Arri erblickte noch mindestens drei oder vier weitere Tiere, die in schmalen hölzernen Verschlagen angebunden waren und mit aller Kraft an ihren Fesseln rissen und zerrten.
    Sie konnte diese Tiere nicht einfach ihrem Schicksal überlassen! Noch wenige Augenblicke, und die Flammen, deren Hitze sie jetzt auch hier drinnen deutlich spürte, würden auch auf den Stall übergreifen, sodass die Tiere qualvoll verbrennen mussten!
    Arri zögerte nur den Bruchteil eines Atemzuges (den zu nehmen sie sich wohlweislich hütete), dann stürmte sie an dem scheuenden Pferd vorbei und näherte sich dem nächsten Verschlag. Mit fliegenden Fingern zerrte sie den Riegel zurück, nestelte nach dem Strick, mit dem das Pferd darin angebunden war, und bekam den Knoten irgendwie auf. Zum Dank hätte das Pferd sie beinahe über den Haufen gerannt, hätte Arri sich nicht im letzten Moment zur Seite geworfen; so aber prallte sie derartig hart mit dem Hinterkopf gegen einen Balken, dass Funken und Lichtblitze vor ihren Augen aufloderten und sie benommen zu Boden sank. Als sie sich wieder aufrappelte, war das Pferd verschwunden, aber das Durcheinander rings um sie herum hatte eher noch zugenommen. Das Gitter aus rot glühenden Linien auf der Rückwand des Stalls war grober geworden, der Feuerschein drang jetzt nicht mehr in haarfeinen Linien durch die Ritzen zwischen den Brettern, sondern schien wie ein wütendes Tier dagegen anzurennen, das an seinen Ketten zerrte. Das Toben der Pferde war noch schlimmer geworden. Der gesamte Stall schien unter den Hufschlägen der panischen Tiere zu erbeben, und das, was gerade geschehen war, machte Arri deutlich, wie gefährlich ihr Versuch war, sie zu retten.
    Dennoch stemmte sie sich taumelnd in die Höhe und griff mit zitternden Fingern nach dem Riegel des nächsten Verschlages. Das darin eingesperrte Tier hämmerte mit solcher Gewalt mit den Hufen gegen das Holz, dass es Arri im ersten Moment nicht einmal gelang, den Riegel zurückzuschieben. Als er endlich beiseite glitt, sprengte das Pferd so ungestüm an ihr vorbei, dass es gegen einen Balken prallte und mit einem

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