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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Schmerzensschrei zu Boden fiel. Seine wirbelnden Hufe fuhren wie tödliche Geschosse durch die Luft, sodass sich Arri wiederum mit einem fast verzweifelten Sprung in Sicherheit bringen musste, um nicht getroffen zu werden.
    Irgendwie gelang es dem Tier, sich wieder in die Höhe zu stemmen und aus dem Stall zu humpeln - offensichtlich hatte es sich weder etwas gebrochen noch sich sonst wie schwer verletzt -, aber es waren immer noch drei Pferde hier drinnen, die elendiglich verbrennen würden, wenn sie sie nicht aus ihren Gefängnissen befreite. Mittlerweile leckten die ersten, noch dünnen Flämmchen durch die Ritzen in der Wand, und es roch durchdringend nach brennendem Holz; und ganz leicht auch nach verschmortem Fell und brennendem Fleisch.
    Arri torkelte hustend und mit tränenden Augen auf den nächsten Verschlag zu und fühlte sich plötzlich von einer starken Hand an der Schulter gepackt und zurückgezerrt. Eine Stimme schrie etwas, das sie im ersten Moment nicht verstand, dann wurde sie herumgerissen.
    »Arianrhod!«, schrie ihre Mutter. »Was, zum Teufel, tust du? Wir müssen weg!«.
    Arri wollte antworten, aber plötzlich ergriff sie ein so heftiger Hustenreiz, dass sie nur ein qualvolles Würgen zustande brachte. Dennoch riss sie sich los und versuchte, ihrer Mutter mit heftigem Winken klarzumachen, was sie wollte, aber Lea war bereits bei ihrem zweiten Pferd angelangt. Sie machte sich nicht die Arbeit, das Seil zu entknoten, sondern zerschnitt es mit ihrem Schwert und zog das Tier beinahe gleichzeitig aus seinem Verschlag, und sonderbarerweise wehrte es sich nicht einmal, sondern ließ nur ein erleichtertes Schnauben hören, während Lea es rasch in Richtung Ausgang führte. »Arianrhod!«, schrie sie. »Komm!«
    »Aber da sind doch noch.«, begann Arri.
    »Komm!«, schrie Lea erneut.
    Arri starrte sie fassungslos an. Die verbliebenen Pferde schrieen jetzt vor Angst, aber auch vor Schmerz, und das Dröhnen, mit dem sie ihre Hufe gegen die Bretterwände schlugen oder sich mit den Leibern dagegenwarfen, klang wie Hammerschläge. Sie konnten die Tiere doch nicht einfach verbrennen lassen!
    Doch offensichtlich hatte ihre Mutter genau das vor. Sie war unter der Tür stehen geblieben und winkte ihr mit der freien Hand zu, aber es war jetzt keine Aufforderung mehr, sondern ein eindeutiger Befehl, dem sie sich nicht mehr zu widersetzen wagte.
    »Aber wir. wir können die Pferde doch nicht einfach. verbrennen lassen«, murmelte sie entsetzt. Hinter ihr schrieen die Tiere vor Qual und Todesangst, wie um ihre Worte zu unterstreichen, aber ihre Mutter war schon weiter, und Arri machte sich mit einem Gefühl unendlicher Schuld daran, ihr zu folgen.
    Erst, als sie wieder ins Freie stolperte, wurde ihr bewusst, wie heiß es drinnen im Stall bereits geworden war und wie schlecht und stickig die Luft. Während sie ihrer Mutter mit hastigen kleinen Stolperschritten folgte, atmete sie gierig ein, und die Kälte und die frische Luft klärten auch ihre Gedanken - obwohl sie nicht einmal sicher war, ob sie das wirklich wollte. Hatte sie der Anblick des Hauses vorhin erschreckt, so erschien er ihr nun durch und durch entsetzlich. Loderndes rotes und gelbes Licht drang aus den Fenstern hervor, ein Chor gellender Schreie und schwarzer Qualm, deren bloßer Anblick schon fast ausreichte, um ihr die Kehle zuzuschnüren. Ihre Mutter hatte das zweite Pferd mittlerweile zum Wagen geführt und begann das Tier mit hektischen Bewegungen anzuschirren. Das Pferd wehrte sich und versuchte nach ihr zu beißen, aber Lea brach seinen Widerstand mit einem harten, blitzschnellen Schlag auf die empfindlichen Nüstern und bedeutete Arri gleich darauf mit einem Wink, sich schneller zu bewegen.
    »Schnell!«, schrie sie. »Hilf mir!«
    Arri gehorchte einfach nur noch, ohne zu denken. Sie kam sich vor wie in einem Albtraum gefangen, der kein Ende nehmen wollte, sondern nur immer noch schlimmer und schlimmer wurde, je verzweifelter sie versuchte, daraus zu erwachen. Taumelnd kam sie neben ihrer Mutter zum Stehen und griff nach den groben Stricken, mit denen Lea das sich immer noch heftig sträubende Tier anzuschirren versuchte. In ihrer Hast und mit ihren blutigen, halb tauben Fingern stellte sie sich so ungeschickt an, dass sie sie vermutlich mehr behinderte, als dass sie ihr half, aber Lea sagte nichts, sondern überzeugte sich mit einer fahrigen Bewegung davon, dass das Geschirr fest saß, dann schwang sie sich mit einer einzigen, kraftvollen

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