Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Seltsamerweise hatte Arri nicht einmal Angst. Sie glaubte nicht, was sie sah. Es war vollkommen unmöglich. Der Mann war tot, und sie hatte endgültig das Bewusstsein verloren und durchlebte eine Fieberphantasie, in der sie die grässlichsten Bilder quälten, die nichts anderes als Ausdruck ihres schlechten Gewissens waren, einem Menschen diese unvorstellbare Qual angetan zu haben.
    Sie wollte die Augen schließen und sich in die schützende Umarmung ihrer Mutter sinken lassen, den einzigen Platz auf der Welt, an dem sie wirklich Sicherheit finden konnte, aber die grässliche Vision gab keine Ruhe. Statt durch die Erkenntnis und ihre wirkliche Natur ihrer Daseinsberechtigung beraubt zu sein und zu verschwinden, machte die Erscheinung einen weiteren, lodernden Schritt in den Raum hinein, und plötzlich klang rings um sie herum ein Chor gellender Schreie auf. Die unsägliche Gestalt torkelte weiter, streckte zwei lodernde Arme in ihre Richtung aus, um sie endgültig zu umarmen und mit sich ins Verderben zu reißen, und ihre Mutter sprang auf, schwang das Schwert und rammte es dem Trugbild mit solcher Wucht in die Brust, dass es zurück und mit hoch geworfenen Armen gegen die Wand taumelte.
    Die Wand fing Feuer, schlagartig und so gewaltig, als wäre sie mit Lampenöl getränkt. Lea riss ihr Schwert zurück, und der brennende Mann streckte nun die Arme nach ihr aus und machte einen weiteren Schritt, bei dem er brennenden Stoff und Fleischfetzen rings um sich herum verteilte. Beinahe augenblicklich brach in dem großen Raum Panik aus. Schreie gellten auf, überall waren plötzlich hastige, trampelnde Schritte, heftige Geräusche, und Lea schwang ihre Zauberklinge und führte einen weiteren, gewaltigen Hieb gegen den lodernden Dämon, der seinen rechten Arm dicht unterhalb der Schulter traf und kurzerhand abtrennte. Trotzdem torkelte die Gestalt weiter, setzte mit ihren Schritten den Boden und Felle und Decken der Schlafstätten in Brand und versuchte mit dem verbliebenen Arm nach Lea zu schlagen, bevor diese den Angreifer mit einem weiteren, noch gewaltigeren Schwerthieb endgültig zu Fall brachte.
    Wieder drohten Arri die Sinne zu schwinden, und vielleicht hatte sie für einen Moment tatsächlich das Bewusstsein verloren, denn das Nächste, was sie wahrnahm, war die Hand ihrer Mutter, die sie grob am Arm packte und in die Höhe zerrte. Sie stolperte, fiel, und fand wieder in ihren Schritt zurück, als ihre Mutter sie mit sich zerrte. Schreie und Lärm und abscheulich zuckendes, rotes Licht vermischten sich um sie herum zu einem grauenhaften Bild, wie es grässlicher nicht den schlimmsten Albträumen entspringen konnte. Schwarzer, in der Kehle brennender Rauch erfüllte mit einem Mal die Luft, und die ganze Welt schien sich zu drehen und ins Wanken zu geraten. Jemand prallte gegen sie, riss sie um ein Haar von den Füßen und wurde wieder von dem tobenden Feuer ringsum verschlungen, als Lea ihn wegstieß und Arri gleichzeitig weiter zerrte.
    Stolpernd und von ihrer Mutter abwechselnd gezogen und gestoßen, erreichten sie endlich die Tür und prallten so hart gegen den Rahmen, dass Arri tatsächlich stürzte. Ihre Mutter versuchte, sie wieder in die Höhe zu zerren, verlor durch die hastige Bewegung selbst das Gleichgewicht und sank ungeschickt auf ein Knie herab; allerdings nur, um sich sofort wieder hochzustemmen und gleichzeitig nach Arris Arm zu greifen.
    Sie hatte gedacht, dass es nicht mehr schlimmer kommen könnte, aber als sie sich im Aufstehen umwandte und zurücksah, erwies sich diese Erwartung als falsch: Es konnte immer schlimmer kommen.
    Der große Raum hatte sich endgültig in einen Ort der Verdammnis verwandelt, wie ihn selbst Sarn nicht in seinen schlimmsten, vom übermäßigen Genuss berauschender Pilze hervorgestöhnten Hassreden hätte ausmalen können. Obwohl seit dem Moment, in dem der brennende Mann hier hereingekommen war, kaum Zeit vergangen sein konnte, hatte mittlerweile die gesamte rückwärtige Wand Feuer gefangen. Arri hatte das entsetzliche Gefühl, dass sich die brennende Gestalt des Kriegers noch immer inmitten der roten und gelben Hölle bewegte, als versuche er, aufzustehen und ihnen zu folgen, obwohl das vollkommen unmöglich war. Ihre Mutter hatte ihn mit dem Schwert durchbohrt, und er musste tot sein; es war nur eine Täuschung, die durch das zuckende Licht und ihre eigene Furcht zustande kam.
    Und die Flammen beschränkten sich nicht nur auf die hölzerne Wand, gegen die der sterbende

Weitere Kostenlose Bücher