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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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erzählt hatte: Sie waren gewaltig, aber man bekam selten etwas geschenkt.
    Müde schloss sie die Augen. Nachdem die Sonne untergegangen war, waren die Temperaturen rasch gefallen, und mittlerweile war es empfindlich kalt, und doch war sie plötzlich sogar zu träge, um die Hand auszustrecken und eines der warmen Felle über sich zu ziehen. Sie wusste, dass sie am nächsten Morgen bis auf die Knochen durchgefroren erwachen und sich noch elender fühlen würde, und doch erschien ihr das plötzlich ein geringer Preis, verglichen mit der Anstrengung, den Arm zu heben und mit einer Hand, die vor Schmerz pochte, irgendetwas zu ergreifen, das so schwer war wie dieses Fell. Arri spürte, wie der Schlaf sie einlullte.
    ... und dann drang das Brechen eines Zweiges so scharf und alarmierend in ihre Gedanken, dass sie sich mit einem Ruck aufsetzte.
    Aus weit aufgerissenen, starren Augen blickte sie sich um. Ihr Herz begann zu hämmern, und plötzlich waren Schmerzen, Übelkeit und Fieber und selbst die Kälte vergessen, und sie lauschte mit allen Sinnen in die Nacht hinaus. Das Geräusch wiederholte sich nicht, aber dieser Umstand beruhigte sie keineswegs, sondern bewirkte eher das Gegenteil. Es war eindeutig der Laut gewesen, mit dem ein trockener Ast unter einem Fuß oder einer schweren Pfote zerbrach. Aber wäre es ein Tier gewesen, das diesen Laut verursacht hatte, dann wäre es jetzt nicht so still; sie hätte andere Geräusche gehört, Schritte, die entweder näher kamen oder sich entfernten, zumindest das Rascheln von Unterholz und trockenem Laub, das den Boden ringsum bedeckte wie ein dichter Teppich, auf dem es nur dann möglich war, sich lautlos zu bewegen, wenn man es wollte. Aber welches Tier würde eine solche Überlegung wohl anstellen? Und auch ihre Mutter hatte keinen Grund, sich an sie anzuschleichen.
    Arris Hand tastete verstohlen über die Decke und das Gepäck, das rechts und links von ihrem Lager aufgeschichtet war, aber sie fand nichts, das sie im Notfall als Waffe hätte hernehmen können, um sich zu verteidigen. Doch sie brauchte etwas. Jemand war hier, ganz in ihrer Nähe, und es war ganz zweifellos ein Mensch.
    »Erschrick nicht«, sagte eine leise Stimme hinter ihr.
    Selbstverständlich bewirkten die beiden Worte genau das Gegenteil dessen, was sie sollten. Arri fuhr mit einem nur noch mühsam unterdrückten Schrei herum und starrte mit klopfendem Herzen in die Dunkelheit, und die Stimme fuhr fort: »Ich bin es nur.«
    Die Stimme gehörte ganz zweifelsfrei Dragosz, auch wenn Arri den dazugehörigen Körper immer noch nicht sehen konnte, doch obwohl er flüsterte und sich ganz offensichtlich auch bemühte, in möglichst ruhigem Ton zu sprechen, hörte sie auch zugleich, dass etwas nicht mit ihm stimmte. Da war ein leises Zittern in seinen Worten, das bisher noch nie dagewesen war.
    »Dragosz?«, murmelte sie.
    Das Knacken eines brechenden Astes wiederholte sich, diesmal begleitet vom Knistern trockenen Laubes, das unter seinen Schritten zerkrümelte, dann löste sich ein massiger Schatten vom Waldrand und kam langsam auf sie zu. Eines der Pferde hob den Kopf und wieherte unruhig, und Dragosz strich ihm beiläufig mit der Hand über die Nüstern, während er daran vorbeiging. »Ja, ich bin es. Wo ist deine Mutter?«
    »Ganz in der Nähe. Sie wollte sich nur umschauen, um sicherzugehen, dass auch niemand da ist.« Arri deutete ein Schulterzucken an. »Aber anscheinend war sie nicht gründlich genug.«
    »Warum?« Dragosz kam nun näher und blieb in einem Abstand stehen, der gerade nicht ausreichte, um ihn in aller Deutlichkeit erkennen zu können, und Arri fragte sich, ob das Zufall war.
    »Weil sie dich sonst bemerkt hätte«, antwortete sie.
    Dragosz schüttelte den Kopf. Sie glaubte etwas wie ein leises Lachen zu hören. »Niemand bemerkt mich, wenn ich es nicht will. Wie geht es dir?«
    »Gut«, behauptete Arri. »Wo kommst du jetzt her?«
    »Wir waren verabredet«, antwortete Dragosz. »Deine Mutter und ich.« Irgendetwas stimmte nicht mit ihm, das spürte Arri. Es war nicht nur seine Stimme. Auch an seiner Gestalt war irgendetwas nicht so, wie es sein sollte, obwohl sie sie nach wie vor nur als einen halb verschwommenen Schemen vor dem Hintergrund des Waldrandes erkennen konnte.
    »Hier?«, fragte sie zweifelnd.
    »Hat sie dir nicht gesagt, dass wir verabredet waren?«
    »Doch. Aber nicht jetzt. Sie hat gesagt, dass du in ein paar Tagen ins Dorf kommst, um uns abzuholen.«
    »Ich musste meine

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