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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gefunden, ausreichend zu trinken und sich an der Schale mit geschmacklosem Brei gütlich zu tun, die bei ihrer Rückkehr auf sie gewartet hatte, da war der Riegel auch schon wieder scharrend zurückgeschoben worden, und dieselben Männer, die sie gerade in so großer Hast hierher gebracht hatten, hatten sie schon wieder herausbefohlen, um sie zu Nor zu bringen. Arri hatte keine entsprechende Frage gestellt, schon weil sie wusste, dass sie keine Antwort erhalten würde, aber die Verwirrung und auch der leise Unmut der Männer waren nicht zu übersehen gewesen. Nor hatte seinen Entschluss offensichtlich sehr kurzfristig wieder geändert; das, oder es war etwas passiert.
    Arri hatte sich auf dem ganzen Weg hierher und mit nicht geringer Sorge den Kopf darüber zerbrochen, war aber natürlich zu keinem Ergebnis gelangt, und auch das, was sie jetzt hier im Langhaus erwartete, gab ihr eher noch weitere Rätsel auf, statt eine der tausend Fragen zu beantworten, die ihr durch den Kopf schossen.
    Sie hatte geglaubt, das Haus wieder voller Menschen zu sehen, vielleicht nicht ganz so vielen wie am Morgen, aber doch erfüllt von dem beständigen Treiben und Kommen und Gehen, das für ein so großes Gebäude wie dieses typisch war, doch das genaue Gegenteil war der Fall. Nor und die jüngere seiner Frauen, zwei ebenso wortlos wie grimmig dreinblickende Krieger, die wie die lebendig gewordenen Gegenstücke der geschnitzten Statuen vor dem Eingang rechts und links hinter seinem Thronsessel standen, und die beiden Männer, die Arri hergebracht hatten, waren die einzigen. Darüber hinaus war das große, plötzlich von einer sonderbaren Kälte erfüllte Langhaus leer, und selbst ihre beiden Bewacher blieben nur lange genug, damit Nor sie mit einer Handbewegung und einem müden Blick entlassen konnte, bevor auch sie wieder gingen.
    Seither war eine geraume Weile verstrichen. Arri hätte nicht sagen können, wie lange; aufgeregt, durcheinander und - natürlich - verängstigt, wie sie war, hatte sie ihr persönliches Zeitgefühl längst verloren. Vermutlich stand sie tatsächlich erst seit wenigen Augenblicken vor Nors gestohlenem Thron und wartete darauf, dass der Hohepriester das Wort ergriff oder überhaupt irgendetwas tat, was darüber hinaus ging, sie aus seinen trübe gewordenen und plötzlich von dunklen Ringen umgebenen Augen anzustarren, aber ihr kam es vor wie eine Ewigkeit. Niemand war hier außer Nor, seiner Frau, den beiden Kriegern und ihr selbst. Niemand sagte etwas. Niemand regte sich. Dennoch spürte sie, dass etwas geschehen war. Oder geschehen würde.
    »Du hast dich also entschieden«, brach Nor das immer unangenehmer werdende Schweigen schließlich. So etwas wie der Versuch eines Lächelns erschien auf seinen schmalen Lippen und verschwand sogleich wieder. »Gut. Ich bin froh, dass du doch noch vernünftig geworden bist.«
    Arri sah verwirrt hoch und konnte gerade noch im letzten Moment die patzige Antwort herunterschlucken, die ihr auf der Zunge lag. Nor hatte ihr nicht einmal die Gelegenheit gegeben zu antworten -wie also hätte sie sich entscheiden können?
    »Ist. Jamu nicht gekommen?«, fragte sie stattdessen und sah sich suchend um. Während sie herein und hierher gekommen war, hatte sie niemanden außer Nor und seinen Kriegern gesehen, aber das Haus war so groß und unübersichtlich genug, dass der Genannte durchaus irgendwo verborgen in den Schatten stehen und sie belauschen konnte.
    Nors Lächeln wurde eine Spur wärmer, und in seinen Augen, so müde sie auch blicken mochten, erschien nun ein fast belustigtes Funkeln. »Du scheinst es ja gar nicht mehr abwarten zu können, deinen zukünftigen Ehemann zu treffen«, sagte er spöttisch.
    Arri schwieg auch dazu, aber Nor schien auch keine Antwort erwartet zu haben, denn er stützte sich nun mit beiden Händen auf den Lehnen des Sessels ab und stemmte sich hoch. Einer der beiden Krieger hinter ihm löste sich rasch von seinem Platz, um ihm zu helfen, doch der Hohepriester verscheuchte ihn mit einer zornigen Geste und arbeitete sich, mühsam und vor Anstrengung ächzend, dennoch aber aus eigener Kraft in eine aufrecht sitzende Position hoch, die trotz seiner schwer hängenden Schultern, des Zitterns seiner Hände und des Ausdrucks völliger Erschöpfung auf dem Gesicht sogar einigermaßen würdevoll aussah.
    »Mir scheint, ich habe mich tatsächlich nicht in dir getäuscht«, fuhr er nach einer erschöpften Pause fort. »Du magst die Sturheit deiner Mutter geerbt

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